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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues
Autoren: Gary Disher
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stochern. Kurz darauf hatte er die Tür geöffnet.
    Die Lippen dicht am Mikro, sagte Niekirk: »Wir sind drin.«
    Jetzt ging alles sehr schnell. Riggs packte seine Tasche, während Niekirk den Tresorraum betrat und sich ans Ausräumen machte. Bei ihrem ersten Job, im Februar, war es darum gegangen, die Schließfächer einer Bank in einem Vorort von Brighton zu knacken und Wertpapiere, Bargeld und Schmuck einzusacken; diesmal lautete die knappe Anweisung: Nehmt nur das Geld. Das befand sich in kleinen Plastikbehältern, die aussahen wie Margarinebecher und ordentlich nebeneinander auf einem Regal standen. Während Niekirk sie außerhalb des Tresorraums stapelte, brachte Riggs sie zur Hintertür der Bank und stellte sie neben seine Tasche mit dem Werkzeug.
    Dann nahmen die Dinge einen anderen Lauf.
    Mansell meldete sich über Funk: »Soeben ist ein Wagen des Sicherheitsdienstes an der Rückseite der Bank aufgetaucht.«
    »Er ist früh dran«, sagte Niekirk.
    »Ich geb Bescheid.«
    Niekirk ging zu Riggs an die Stahltür. Sie hörten, wie draußen eine Handbremse angezogen wurde, hörten eine Wagentür zuschlagen und anschließend Schritte, die sich der Bank näherten. Einen Moment später wurde probeweise an der Tür gerüttelt, danach nahmen sie ein leises Schurren wahr, als der Mann vom Sicherheitsdienst eine Visitenkarte unter der Tür durchschob. Sie gingen davon aus, dass der Mann jetzt wegfahren würde, doch der schien sich damit zu begnügen, noch ein wenig zu warten. Sie hörten, wie er gegen die Wand urinierte, einmal laut furzte, dann kam ein zweites Fahrzeug. Niekirk und Riggs vernahmen Geflüster, ein oder zwei Mal wurde gekichert, und ihnen dämmerte, dass sie fürs Erste in der Bank festsaßen.
    Niekirk ging den Flur entlang, bis zu einer Stelle, wo er sprechen konnte, ohne dass man ihn draußen hörte. »Hört sich an, als wenn seine Freundin aufgetaucht ist. Wir verfahren jetzt nach dem anderen Plan.«
    »Genau«, sagte Mansell.
    Das hier war ihr dritter Coup. Die Zeitungen nannten sie inzwischen ›Die Magnetbohrerbande‹ und betonten, dass ihre Raubzüge durch Effizienz und Professionalität charakterisiert seien. Dazu gehörte auch, vorbereitet zu sein, wenn eine Situation sich gegenteilig entwickelte. Aus diesem Grunde hatten sie immer einen Alternativplan in petto. Im Laufe der Woche hatte jeder von ihnen die Bank genau in Augenschein genommen, um möglichen Problemen auf die Spur zu kommen. Wie kam man heraus, wenn der geplante Fluchtweg blockiert war? Die Vordertür verbot sich von selbst — sie führte auf die Hauptstraße. Da sie weder einen Tunnel graben noch ein Loch in die Wand sprengen konnten, blieb nur das Dach.
    Schnell und ohne Worte zu wechseln, schoben Riggs und Niekirk Schreibtische und Stühle in die Mitte des Großraumbüros und bauten einen Turm. Vier zusammengestellte Schreibtische bildeten die Basis; zwei Tische, die darauf gestellt wurden, bildeten die zweite, ein einzelner Schreibtisch die dritte Ebene. Niekirk kletterte hoch und griff nach oben. Seine Finger fuhren über die Decke, weiße Dämmplatten. Er rief Riggs zu, er solle ihm zwei Stühle bringen. Jetzt konnte er die Platten beiseite schieben und hatte Zugriff auf den Raum unterhalb des Daches.
    Riggs reichte die Geldbehälter nach oben und Niekirk stapelte sie im Dachboden. Dann kletterte er hinunter und beide Männer erkundeten flugs die Bank, wobei sie mit der Stabtaschenlampe sämtliche Türen anleuchteten. Sie entschieden sich für die Tür des Abstellraums: Sie war lang, stabil und derart schnell aus ihren Angeln gehoben, als seien sie extra für diese Aktion geölt worden. Niekirk kraxelte nach oben, nahm Riggs die Tür ab und schob sie unter die Decke.
    Unter dem Dach stand die Luft. Im Lichtschein der Campinglaterne, die Dachbalken als Stütze, schleppten die Männer Tür und Geld zu einer Wand gegenüber der Seitenmauer des Radiosenders. An dieser Stelle war die Dachschräge dermaßen flach, dass sie die nächsten Handgriffe in gekrümmter Haltung vornehmen mussten. Ein Dachziegel nach dem anderen wurde entfernt und behutsam zur Seite gelegt, bis sich eine Lücke zum Himmel auftat. Kühle Luft strömte herein und man sah, wie am Gesicht des Mondes die Wolken vorbeizogen.
    Das Dach von Radio 3UY lag etwas niedriger und kaum zwei Meter entfernt vom Dach der Bank. Es war ebenfalls flach. Niekirk konnte eine Oberfläche mit Dachpappe, den Aufsatz einer Klimaanlage und eine Einstiegsluke erkennen. Die Tür des
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