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Polterabend

Polterabend

Titel: Polterabend
Autoren: Alfred Komarek
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hinunter?«
    »Klar, bevor wir festfrieren, da heroben!« Der Weinbauer ging voran, öffnete die Kellertür, und schon spürte Polt einen Hauch feuchter, vergleichsweise warmer Luft im Gesicht. Kurzbacher ging neben Polt die Stufen hinunter. »Weißt du schon, was los war mit dem Lutzer?«
    Polt stieß ihn an und legte den Zeigefinger an die Lippen.
    Unten angekommen, blieb Fürnkranz stehen und wandte sich den Männern zu. Er stand nicht irgendwo, sondern dort, wo ihn vielleicht ein alter Meister hingestellt hätte, um ein möglichst eindrucksvolles Bild zu komponieren.
    »Es gibt nur Holzfässer hier unten. Achthundert Liter, sechzehnhundert Liter und dann noch zwei Zweitausend-Liter-Akazienfässer, da sind der Grüne Veltliner und der Welschriesling drin. Stahl ist einfacher zu pflegen, aber im Holz entwickelt der Wein mehr Raffinesse, da redet mir keiner was ein. Und noch was hab ich mir überlegt: In so einer Stahllegierung stecken ja auch seltene Elemente, wie Chrom, Vanadium, Mangan. Die fehlen dann unseren Kindern und Enkeln. Aber Holz wächst nach. Doch was soll die Theorie. Der Wein muß überzeugen.«
    Fürnkranz ging zu einem der großen Fässer. »Probieren wir ihn halt, den Riesler.« Er füllte die Gläser. Die Männer prüften die Farbe, genossen den Duft, tranken. Fürnkranz lächelte breit. »Feine Zitrustöne in der Säure, so gehört sich das!« Räuschl ergänzte: »Und ein zartes Süßerl im Abgang. Wird wahrscheinlich das Akazienholz auch mitspielen.« Fürnkranz nickte bestätigend. »Kennt sich aus, der Sepp!«
    »Grüner Veltliner!« Der Gastgeber hob sein Glas. »Also mit den Trauben war’s eine Freude beim Lesen: Richtig grün, nicht gelb, aber reif und süß. Daher kommt ja der Name - und einen besonders kernigen Geschmack bringen diese alten Typen auch. Steckt jede Menge Chlorophyll in den dicken Schalen. Sollt man nicht verkommen lassen, so etwas.« Fürnkranz ging tiefer in den Keller hinein.
    »Und jetzt was Besonderes: Ein Sauvignon blanc. Liegt noch immer auf der Hefe, und dabei bleibt es bis Februar oder gar bis März. Die Hefe wird immer wieder mit dem Wein in Berührung gebracht, das gibt ihm eine cremige, weiche Note. Sur Lie sagen sie in Frankreich zu dieser Technik.«
    Polt kostete und war fasziniert. Er fühlte sich auch zusehends wohl in dieser dunklen Schatzkammer. Er beobachtete seine Begleiter. Beide waren sie Weinbauern der alten Schule, die erst vor wenigen Jahren und ohne allzu großen Eifer damit begonnen hatten, ihren Wein auch in Flaschen zu vermarkten. Aber sie anerkannten neidlos, daß der Karl Fürnkranz mehr über Wein wußte als sie und auch mehr Arbeit investierte.
    »Ja und hier der erste Rote für heute, ein Portugieser.« Der Weinbauer hielt sein Glas gegen das Licht. »Staubig ist er noch, schade. Da ist das schöne Ziegelrot noch nicht richtig da. Aber süffig ist er schon jetzt.«
    Friedrich Kurzbacher nickte. »Stimmt schon, Karl, aber ein bißchen schwach im Körper, hm?«
    »Leider ja. Ich habe etwas zu spät gelesen, weißt du? War gut gemeint, aber bei den dünnen Schalen ist die Fäulnis schnell da.«
    Fürnkranz ging zum nächsten Faß. »Und der da ist gerade in der Pubertät. Ein Zweigelt, kantig und rauh.«
    Sepp Räuschl ließ sich nicht beirren. »Der braucht halt seine ein, zwei Jahre im Faß. Substanz und Frucht hat er ja schon. Der wird was Schönes, Karl.«
    »Sollst recht haben, Sepp. Wir werden ja sehen, wer ihn dann trinkt.« Fürnkranz hatte einen Glaskrug nach unten mitgebracht, und Polt, der einen halbwegs klaren Kopf behalten wollte, trank nur einen kleinen Schluck. Den Rest schüttete er aus.
    »Ein Cabernet Sauvignon, meine Herrschaften! Den hab ich am spätesten in diesem Jahr gelesen. Vom Eiswein natürlich abgesehen. Also die letzten paar Nächte hab ich nicht mehr gut geschlafen. Aber das riskante Zuwarten hat sich ausgezahlt. Schwarz wie die Nacht, herb, und Säure wird er noch abbauen.«
    Kurzbacher und Räuschl schauten einander an, nachdem sie gekostet hatten. Dann sagte der Kurzbacher: »Auf den darfst stolz sein.«
    »Bin ich!« Fürnkranz leerte sein Glas, auch Polt konnte diesmal nicht widerstehen. Dann folgte er dem Weinbauern in einen kleineren Seitengang. Diesmal blieb Fürnkranz still und wartete ab, bis alle gekostet hatten.
    Räuschl neigte den Kopf. »Ein Merlot, nicht wahr?«
    Kurzbacher kostete ein zweites Mal. »Wie bringst du denn so was zusammen, Karl?«
    »Kann ich nicht so genau sagen, Friedrich. Ein
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