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Polterabend

Polterabend

Titel: Polterabend
Autoren: Alfred Komarek
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nachts. Wann waren Sie denn das letzte Mal im Kühlhaus?«
    »Heute, wasch dir die Ohren, Simon.«
    »Ich meine vorher.«
    »Ach so. Da muß ich nachdenken. Donnerstag war’s.«
    »Also seit damals bis heute. Jede Kleinigkeit kann wichtig sein.«
    »Ja ja. Viel bringen s’ zwar nicht mehr zusammen, meine Alten, aber neugierig sind sie. Und wenn sie erst noch erfahren, was passiert ist...«
    »Ich bring Sie nach Hause, Frau Stirbl!«
    »Gehen kann ich selber. Wollen sich nur vor der Arbeit drücken, die jungen Leute.«
    Polt brachte Frau Stirbl zur Tür. Im Besprechungsraum fand er seinen Dienststellenleiter und berichtete. Mank legte eine aufdringlich rosafarbene Punschschnitte, der er sich eben hatte widmen wollen, achtlos beiseite. »Es ist zum Verrücktwerden, Simon. Achtzehn Jahre hab ich auf diesem Posten eigentlich immer mit Gaunereien zu tun gehabt, die irgendwie Hand und Fuß hatten. Und jetzt, ein paar Wochen bevor ich geh... Was meinst du, Simon, vielleicht hängt das alles zusammen?«
    »Dazu fällt mir etwas ein, das der Fürnkranz gesagt hat. Wie war das genau? Ja, jetzt hab ich’s: Groteskes Unglück. Gilt eigentlich für das Preßhaus wie für das Kühlhaus.«
    »Sollte ich mir merken, wird den Kratky beeindrucken. Aber er wird auch Neuigkeiten hören wollen. Hast du eine Ahnung, mit wem sich der Lutzer Ferdl so herumgetrieben hat?«
    »Nein. Aber Leute kenn ich, für die er gearbeitet hat oder arbeiten hätte sollen. Den Fürnkranz, zum Beispiel. Was dagegen, wenn ich mit ihm rede?«
    »Woher denn? Ans Werk, Simon!« Mank war schwer zu verstehen, weil er nun doch wieder Gefallen an seiner Punschschnitte gefunden hatte.
    Polt verließ die Dienststelle und schaute zum Himmel hinauf. Eine schmutzigweiße Wolkendecke hing dicht über den Dächern. Es war nicht sehr kalt, aber die feuchte Luft ließ ihn frösteln.
    Obwohl Karl Fürnkranz einer der größten Weinbauern in Burgheim war, fügte sich sein Hof nicht weiter auffällig in die Reihe der anderen Bauernhäuser. Die langgestreckten Straßendörfer des Wiesbachtales waren in unsicheren Zeiten entstanden. Damals konnte es nur von Vorteil sein, wenn die aneinandergebauten Häuser Barrieren bildeten, an deren Außenseiten auch noch dorniges Buschwerk gepflanzt war. Die beiden Zugänge in den schmalen Anger konnten am Abend durch Tore verschlossen werden.
    Das hatte sich bewährt, aber es waren nicht die Bauern, sondern es war die Gutsherrschaft gewesen, die über Jahrhunderte hinweg das Aussehen der Dörfer und Häuser bestimmt hatte. So kam es, daß ihre Bewohner die ihnen aufgezwungene Form nie besonders schätzten, obwohl sie auch in der Gegenwart ihre Vorteile hatte. Wer über Geld verfügte, baute am Ortsrand neu oder trachtete wenigstens danach, die Häuserzeile im Dorf um ein Stockwerk zu überragen. Burgheim war überdies zu einem vorübergehend recht lebendigen Städtchen angewachsen, in dem sich ein paar urbane Versatzstücke zwischen die alten Strukturen schoben.
    Karl Fürnkranz war in einem der dörflich gebliebenen Bereiche zu Hause. Er hatte die einfache, naiv geschmückte Fassade erhalten und sogar der Versuchung widerstanden, das Hoftor zu vergrößern und zu modernisieren. Die Tür war unverschlossen. Polt betrat die Hofeinfahrt, klopfte an die Küchentür. Dann hörte er eine Stimme hinter seinem Rücken. »Geil! Der Herr Inspektor, mitten in der Nacht.«
    Er drehte sich um und stand einem jungen, dicklichen Mann mit kurzen blonden Haaren gegenüber. »Es ist halb zehn.«
    »So? Was wollen Sie denn von mir?«
    »Mit Ihrem Vater hätte ich gern ein paar Worte geredet.«
    »Der Alte wird nicht da sein. Nach dem Frühstück verzieht er sich gewöhnlich in den Weinkeller. Und ich hab Besuch. Also dann!«
    »Einen Augenblick noch. Ich muß Sie was fragen. Es geht um den Toten im Preßhaus Ihres Vaters.«
    »Um den Lutzer Ferdl? Grottenschlecht, der Typ. Aber clever.«
    »Sie haben ihn näher gekannt?«
    »Mehr oder weniger. Man sieht sich halt in der Disco oder so. Aber die Zeiten, wo er bei den Tussis stark drauf war, sind vorbei.«
    »Und was hat er mit dem Preßhaus von Ihrem Vater zu tun?«
    »Null komma Josef. Das heißt, vor ein paar Wochen hätt er was richten sollen, hat er aber nicht.«
    »Keine Idee, wie er in der Nacht von Freitag auf Samstag ins Preßhaus gekommen ist?«
    »Keine. In der Nacht ist da draußen tote Hose. Aber fragen Sie den Alten.«
    »Sie haben ja geschlafen, hat mir Ihr Vater erzählt.«
    »Geschlafen ist
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