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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band
Autoren: Haymon
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schon einmal da sind, ich meine, im Schlafzimmer?“ Sie schob ihren Rocksaum ein wenig hinauf. „Alles, was du willst, mein süßer, dicker Hurenbock. Hol dir endlich, was du brauchst, von mir kannst du’s haben. Bist du immer so umständlich oder was?“
    Polts verlegenes Kopfschütteln erstarb auf halbem Wege. „Da war was, ein Geräusch.“
    „Nein!“ Grete Hahn war sichtlich erschrocken. „Was? Wo?“
    „Weiß nicht, ganz in der Nähe. Gibt es eine Tür zum Garten?“
    „Ja. Nur mit einem Riegel verschlossen. Den öffnet bald jemand.“ Sie hielt den Atem an. „Schritte. Hören Sie’s auch?“
    „Zwei Personen, wenn ich mich nicht täusche!“
    „Zwei? Aber es geht doch nur um einen.“
    „Diesmal nicht.“ Polt flüsterte. „Still jetzt. Wir warten ab. Vielleicht hat’s Ihr seltsamer Freund ja wieder auf das Schlafzimmer abgesehen. Dann haben wir ihn.“
    Die beiden brauchten nicht lange zu warten. Stimmen wurden laut und auf einen wütenden Schrei folgte ein dumpfer Krach.
    Wenig später ging die Schlafzimmertür auf und Karin Walter trat ein. Sie grinste böse und machte schmale Augen. „Guten Abend ihr zwei.“
    Polt starrte sie entgeistert an. Ihr helles Kleid war verschmutzt, verrutscht und zerrissen. Sie schaute an sich hinunter. „Ich hatte einen Kampf mit einem Rauchfangkehrer. Kommt schnell einmal mit in die Küche, bevor er das Weite sucht.“
    Sie fanden den schwarzen Mann noch halb benommen zwischen den Trümmern zerbrochener Küchenmöbel vor. Frau Hahn wirkte merkwürdig ruhig, zog es aber vor zu schweigen. Also erzählte die Lehrerin. „Ich war auf dem Heimweg vom Elternabend. Da seh ich den Wabl Siegfried, den da!“ Sie zeigte auf den leise stöhnenden Mann. „Denk ich mir, was hat dieser Depp so spät an Abend noch sein rußiges Arbeitsgewand an? Dass er nicht gerade nüchtern war, hat mich weniger gewundert, kennt man ja von diesem alten Hallodri und Maul­helden. Dann seh ich, wie er zielstrebig auf Ihr Haus zugeht, Frau Hahn, und über den Zaun in den Garten steigt. Bin ich ihm eben nach. In der Küche hab ich ihn dann gestellt und gefragt, was er eigentlich hier zu suchen hat. Er hat mich gepackt, groß und stark wie er ist, und ich hab mich nach hinten fallen gelassen, damit er mit seinem eigenen Schwung über mich hinwegfliegt. Ich bin ja auch Turnlehrerin. Tut mit leid, dass dabei auch zwei Sessel in die Brüche gegangen sind.“ Sie warf Simon Polt einen kurzen Blick zu. „Und jetzt möchte ich wissen, wie es zu unsrer – hm, ja – merkwürdigen Begegnung im Schlafzimmer gekommen ist.“
    Frau Hahn erzählte und ließ zu Polts erschrockenem Staunen kein Detail aus. „Und das ist noch nicht alles: Die ganz und gar nicht geheimen Lüste und Attacken des Herrn Siegfried kenn ich schon lange. Recht unterhaltsam und kein Grund, sich darüber aufzuregen. Außer perversen Späßchen bringt der nichts mehr zuwege. Aber heute Abend ist mir seine Existenz gerade recht gekommen, weil ich mir den Simon Polt unter den Nagel reißen wollte.“
    Als Karin Walter zornig auffuhr, machte Grete Hahn eine schwache Handbewegung. „Ganz ruhig, Frau Walter. Da war nichts. Keine Sehnsucht, kein Begehren, nicht einmal Sportsgeist. Ich will jetzt nicht, dass meine Biographie für alles als Erklärung und Entschuldigung herhalten soll. Aber eine, die als Frau so viele Jahre verhöhnt, erniedrigt und durch den Dreck gezogen wurde, ist süchtig nach Bestätigung und Anerkennung, so billig sie auch sein mag. Hab ich’s eben auch mit dem Simon Polt probiert. Und dem Siegfried, diesem geilen Deppen, hab ich eingeschärft, mich wenigstens heute in Ruhe zu lassen. Und das mit dem Anruf gestern war gelogen. Eine hinterhältige Inszenierung. Ich war zu lange hungrig. Jetzt bin ich gierig. Schwer zu verstehen, nicht wahr?“
    „Nicht sehr schwer.“ Karin Walters leises Gelächter hatte einen Unterton, der Polt nachdenklich stimmte.
    Frau Hahns Gesicht war weich geworden. „Danke, das hilft einer rabenschwarzen Seele. Also, Karin ... ich darf doch ‘Du‘ sagen?“
    „Aber ja.“
    „Du hast gewonnen. Du weißt gar nicht, wie sehr. Was jetzt?“
    „Schaffst du es, diesen Siegfried zu entsorgen, Grete?“
    „Mit Vergnügen.“
    „Gut. Kommst mit mir nach Hause Simon? Nur damit ich keine Angst haben muss, weißt du?“
    „Weiber“, murmelte Polt und war unverschämt zufrieden.

Spurensuche
    Spurensuche

Die Welt des Simon Polt
    Wer Kriminalromane liest, hat es gelernt, mit Rätseln zu
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