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Polarfieber (German Edition)

Polarfieber (German Edition)

Titel: Polarfieber (German Edition)
Autoren: Kim Henry
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vermute, das hat was mit mir zu tun, Claus. Sie will schon gern, aber nicht im selben Hubschrauber mit dem respek t losen Loser aus Mitteleuropa. Vielleicht wartet sie ja lieber auf die Sänfte Ihrer Majestät oder so. “ Er griff in die innere Brusttasche seines gefütte r ten Anoraks, erfühlte den Umschlag und zog ihn hervor . Mit großer Geste überreichte er ihr das Schreiben. „ Lies selbst. Mein Auftrag. In meinem Chopper fliegst du so sicher wie das Baby im Schnabel von Adebar dem Storch. “
     
    *
     
    Respektloser Loser aus Mitteleuropa.
    Der deutete doch tatsächlich an, dass sie Vorurteile hatte, nur weil Silas kein Inuit war. Das war lächerlich. Absolut lächerlich. Ausg e rechnet sie. Kaya hatte in Kopenhagen studiert und in London pr o moviert. Sie arbeitete für eine internationale Organisation. Zu ihren besten Freunden gehörten Männer und Frauen mit ge l ber, weißer und schwarzer Haut. Und wenn demnächst ein Marsmännchen hier auftauchen würde, mit grüner Haut und ge l ben Augen, dann würde sie es mit offenen Armen empfangen. Sie hatte nichts gegen Europ ä er. Wogegen sie etwas hatte, war dieser spezielle Europäer. Diese großkotzige Art früh e rer Missionare, die so viele an sich trugen, die hierher kamen, mit der einzigen Rechtfertigung, dass ihre Haut heller und ihre Augen größer und ihre Einstellung , ach , so überlegen war. Aber Vorurteile? Nein, Vorurteile hatte sie nicht. Aus den Auge n winkeln sah sie, wie Silas einen Streifen Kaugummi auspackte und darauf herumkaute wie ein Kamel. Wahrscheinlich hatte er das hier gekauft, um zu zeigen, wie bereitwillig er mit seinem Geld heru m schmeißen konnte, um zu helfen. Pah, sie und fremdenfeindlich. Lächerlich.
    Sie griff nach dem Umschlag, den das Kamel mit den whiske y braunen Augen und dem zimtfarbenen Haar auf den Tresen gewo r fen hatte, und öffnete ihn. Was sollte da schon groß drin st e hen ? Mit Sicherheit nichts, was sie von ihrem Vorhaben abbri n gen würde, sich keinesfalls so einfach verschleppen zu lassen. Der Absender war … das Umweltministerium.
    Sie starrte auf den Briefkopf und blinzelte. Doch das verschlung e ne Wappen der Regierung blieb, wo es war. Oben rechts auf dem Briefbogen. Es war also keine Illusion. Anthon Frederiksen, der Umweltminister persönlich, bat sie um einen Einblick in ihre Mes s ergebnisse bezüglich der Impulse, die von den Probebo h rungen ausgingen , sowie ihre Meinung dazu. Ein Gespräch. Ein echtes G e spräch. Gegen das Hämmern, mit dem ihr Herz plöt z lich gegen den Brustkorb trommelte, war ihre Stimme machtlos. Ihr Verstand ebe n so, wie es den Anschein hatte.
    Claus wandte den Kopf. „ Gute Nachrichten? “
    „ Ich … muss packen “ , war alles, was sie herausbrachte. Himmel nochmal. Wenn sie bei Anthon Frederiksen einen guten Eindruck hinterlassen wollte, musste sie dringend an ihrer Kommunikation s fähigkeit arbeiten.
    Das süffisante Lächeln, mit dem Silas sie bedachte, ignorierte sie.
    „ Also fliegen wir nach Nuuk? “ Die Selbstgefälligkeit, mit der er diese Frage stellte, war zum Kotzen.
    „ Nicht wir. Du fliegst. Ich bin Passagier. “ Sie konnte es nicht la s sen, auf seine Provokation einzugehen. Sie verdrehte die Augen über ihre eigene Kratzbürstigkeit und stapfte an ihm vorbei zur Tür hi n aus. Es gab wichtigere Dinge, über die sie sich den Kopf in diesem Moment zerbrechen musste, als den unwiderstehlichen Drang, die weltgrößte Zicke zu spielen, sobald sie in seiner Nähe war.
     
    Eine Stunde später musste Kaya zugeben, dass sich der respektl o se Loser aus Mitteleuropa durchaus als hilfreich erwiesen hatte. Er war ihr zur Hand gegangen, während sie sich in Windeseile hatte en t scheiden müssen, welche Datenblätter sie einpacken sollte, hatte unablässig den alten Tintenstrahldrucker mit Papier gefü t tert, hatte kein Wort zu ihrer leicht chaotischen Packweise gesagt, als sie ein paar Klamotten zusammengesucht hatte, und am Schluss war es sogar er, der sie an ihren Laptop erinne r te. Auch ein blindes Huhn fand einmal ein Korn.
    Auf dem Weg zurück zum Flughafen war ihre offene Feindseli g keit einer erwartungsvollen Spannung gewichen. Bei ihr war dies den Gesprächen in Nuuk geschuldet, die ihr bevorstanden. Silas wied e rum sah immer wieder mit gerunzelter Stirn aus dem Fenster des Jeep s . Der Himmel hatte sich zugezogen. Dichter Nebel lag über den Hügeln rechts und links der Piste. Selbst in der Sicherheit der Fa h rerkabine fühlte man die
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