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Polarfieber (German Edition)

Polarfieber (German Edition)

Titel: Polarfieber (German Edition)
Autoren: Kim Henry
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auch blond, wild zerzaust und oben ein wenig länger geschnitten als im Nacken, erinnerte an Pilotenfilme, die in den Fünfzigern oder Sechzigern spielen. Überhaupt wirkte er ein bis s chen wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Die Art, wie er sich b e wegte, die Schultern nach oben gezogen und doch geschmeidig, hatte etwas von James Dean, wie sie sich ihn in den besten Jahren vorgestellt hätte, wäre er nicht so jung g e storben. Nur die Zigarette im Mundwinkel fehlte.
    Er war schon fast bei ihr. Sie sah kantige , eindeutig europäische Gesichtszüge, eine breite Stirn, eine gerade Nase und tiefliegende Augen. Diese Augen … Welche Farbe sie wohl hatten? Es war nicht zu deuten, in dem dämmr i gen Licht. Es war eigentlich egal, und doch wollte sie es wissen. Unwillkürlich begann bei dieser Frage ihr Herz ein wenig schne l ler zu schlagen. Oh, was zum Himmel ? Sie war eindeutig schon zu lange in dieser Wildnis, wenn der bloße Anblick eines attraktiven Fremden ihren Biorhythmus durcheinande r brachte. Ihr Magen zog sich einen Wimpernschlag lang schmerzhaft zusa m men. Fünf Jahre, flüsterte eine Stimme in ihrem Hi n terkopf. Fünf Jahre, und es fühlt sich immer noch an wie Ve r rat. Sie schüttelte ein wenig den Kopf, um die Stimme loszuwerden, streckte die Hand mit dem Päckchen nach ihm aus und riss sich zusammen. „ Hi. Toll, dass du doch noch gekommen bist. Ich hatte schon befürchtet, dass der Schnee schneller ist als du. “

2
     
    Irritiert sah er auf sie hinab. Der braune Pullover mit weißen Mu s tern ersäufte fast den zierlichen Körper, der darin steckte. Schwarzes Haar, zum dicken Zopf geflochten, und das wahrscheinlich am Vo r tag, denn einzelne Strähnen befreiten sich zu einem wuscheligen Durcheinander aus dem Gefängnis. Das G e sicht hatte die dunkel-olivfarbene Tönung der Einheimischen und die mandelförmigen , schwarzen Augen nahmen letzte Zweifel. Verdammt, war diese Frau schön. Er hätte gern die Hand ausgestreckt, die ausgeprägten Wa n genknochen berühr t , über denen die Haut schimmerte, als läge Pe r lenstaub darauf. Aber er trug die fellbesetzten Fäustlinge und daru n ter schwitzten seine Handfl ä chen. Das konnte er ihr kaum antun, abgesehen von der Kleini g keit, dass sie wohl nicht begeistert wäre, von einem Fremden angefasst zu werden. Er starrte sie an und brachte kein Wort heraus. Wann war ihm das zuletzt passiert?
    „ Du bist neu, oder? “ , fragte er reichlich dümmlich.
    „ Neu? Neu wo? “
    „ Air Greenland Bodenpersonal. “ Er grinste und wusste, dass es schief war. Diese Frau und er auf derselben Lohnliste? Wow !
    „ Oh, nein. Nicht Air Greenland. “
    Als sie lächelte, stand er kurz davor, den Boden unter den F ü ßen zu verlieren. Die Grübchen in ihren Wangen machten dieses Gesicht perfekt. Ihre Lippen waren spröde und rissig von der Kälte. Das musste wehtun.
    „ Hast du keine Mütze? “ , fragte er.
    „ Wie bitte? “ Das Lächeln verschwand.
    „ Es ist schweinekalt. “
    Sie ließ die Hand mit dem Päckchen sinken und trat zwei Schri t te zurück. „ Das liegt wohl daran, dass wir uns in Grönland befi n den. Bist du meine Mutter? “
    Mist. Das lief verkehrt. Ganz verkehrt. Zurückrudern. Neu A n lauf nehmen. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und merkte, dass er selbst keine Kopfbedeckung trug. Klasse Leistung. Er wies auf das Päckchen in ihrer Hand. „ Was ist das? “
    „ Postgeheimnis “ , zischte sie. „ Nimmst du es jetzt endlich und legst es in deinen Helikopter? Ich will nicht, dass es i r gendwo vergessen wird, wenn du wieder abfliegst. Es eilt. “
    „ Äh, das tut mir jetzt wirklich leid, aber ich bin nicht der Postfli e ger. Ich hatte von Thule aus Funkkontakt mit Upernavik und da wurde mir gesagt, dass der Postflieger den Schneesturm abwa r tet, ehe er von dort aus weiter nach Norden fliegt. “
    Sie verdrehte die Augen und wandte sich ab. „ Na , großartig. “
    Ihm fiel auf, dass sie perfekt dänisch sprach. Nicht den starken Akzent der Grönländer. Perfektes Kopenhagener D änisch , fit fürs Königshaus. Sie musste Jahre in Dänemark verbracht haben .
    „ Warum ist es so wichtig? “ , fragte er.
    Sie zog die Nase kraus. Niedliche, kleine Fältchen betonten die Sommersprossen auf ihrem Nasenrücken. Perfekt. Einfach pe r fekt.
    „ Du solltest reingehen. “ Sie wies auf das blau gestrichene Verwa l tungsgebäude. „ Hier draußen friert sich eine Europäerseele wie du alles ab. “
    Sie ging voraus und er
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