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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare
Autoren: David Safier
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würzen.
    « Will, wir hatten doch gerade die Pest in der Stadt. ..»,fuhr Kempefort, der in seinen strahlend gelben Strumpfhosen und seiner farbenfrohen Papageienweste aus der Menge herausstach. Gegen ihn wirkte ich in meinem buchstäblich letzten Wollhemd - mein vorletztes hatte ich ja in Drakes Schlafgemach zurücklassen müssen - wahrlich blass.
    «... schreib also bitte das Ende von um und lass alle am Ende heiraten.»
    «Dann wird das Stück zu einer Tragödie», erwiderte ich.
    Kempe runzelte die Stirn, und ich erläuterte: «In der Komödie findet das Liebespaar stets im fünften Akt zusammen. Aber gäbe es noch einen sechsten Akt, würde dieser den weiteren Verlauf der Liebe zeigen, und die Komödie würde dadurch zur Tragödie.»
    «William», meinte Kempe mitfühlend, «du hast einen sehr traurigen Blick auf die Liebe.»
    «Einen realistischen», erwiderte ich und ergänzte: «Der realistische Blick auf die Liebe ist immer der traurige.»
    «Will, ich hoffe aus tiefstem Herzen, dass du irgendwann an deiner Seele heilen kannst. Sonst wirst du, fürchte ich, nie ein herausragender Dramatiker.»
    Bevor ich Kempe darauf eine Replik geben konnte, sah ich vor dem eine kleine junge Frau mit schwarzen Haaren. Es war Phoebe, die Tochter des Theaterbesitzers Henslowe. Phoebe schielte etwas und war nicht unbedingt eine Schönheit, aber sie war auch nicht gar so hässlich, dass man lieber in die wilden Kolonien auswanderte, als sie anzusehen.
    «Deine Verehrerin ist da», grinste Kempe und warnte mich, bevor er in das Theater verschwand: «Behandele sie gut, sonst lässt Henslowe eine andere Truppe in seinem Theater spielen.»
    Phoebe ging auf mich zu und fragte schüchtern: «Lieber William, hast du meinen Brief gelesen, den ich dir gestern unter der Tür durchschob ?»
    «Ja», log ich ohne Umschweife. Ich hatte ihn selbstverständlich nicht gelesen, weil ich mich nach meinem nächtlichen Schwimmausflug in der Themse schnell in mein Bett gelegt hatte zum Aufwärmen.
    «Bist du mit meinem Begehr einverstanden?», fragte Phoebe mich hoffnungsvoll.
    «Ja, sicherlich», bluffte ich weiter. Was auch immer in dem Brief geschrieben stand, ich wollte und durfte die Tochter des Theaterbesitzers nicht vor den Kopf stoßen.
    «Wirklich?», fragte sie.
    «Selbstverständlich», erwiderte ich.
    «Dann wirst du mich also heute Nacht entjungfern!», strahlte Phoebe mich an.
    Ich bekam einen Hustenanfall.
     «Hast du etwas?»
    «Nein... nein...», hustete ich weiter.
    «Du wirst es doch tun?», fragte sie sichtlich verunsichert.
    Ich betrachtete ihr nicht allzu attraktives Äußeres, schluckte deswegen, dachte dann bei mir: Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss!
    «Aber wir müssen aufpassen, dass mein Vater nichts davon erfährt», erklärte Phoebe, «denn wenn er es erfährt, musst du mich heiraten. Und wenn du dich weigerst, wirst du von seinen Spießgesellen gefoltert.»
    Das wurde ja immer fröhlicher.
    Ich fragte mich, ob ich ihr verraten sollte, dass ich schon verheiratet war, entschied mich aber dagegen. Niemand in London brauchte zu wissen, was für ein Los ich in meiner Heimat zurückgelassen hatte.
    Daher erklärte ich bemüht charmierend: «Sei heute um Mitternacht in meinem bescheidenen Gemach.»
    Phoebe gab mir einen Kuss auf die Wange und ging fröhlich tänzelnd weg, während ich mir schwor, den Rest meines Lebens jeden Brief gleich bei Erhalt zu lesen. Kaum hatte ich diesen Schwur geleistet, hörte ich mit einem Male Pferdegetrappel und laute Schreie. Ich blickte mich um, sah, wie Händler, Penner und Huren panisch zur Seite sprangen, um nicht niedergetrampelt zu werden. Auf den Rössern saßen Männer in edlen Gewändern, Männer, wie man sie in Southwark eigentlich nie sah, sondern nur am Hofe der Königin. Den Edelmännern voran ritt Sir Francis Drake! Über dem Lärm schrie er:«William Shakespeare, ich fordere dich zum Duell.»
    Wahrlich, dachte ich bei mir, der Mut, die Tatkraft und die Waghalsigkeit dieses Mannes werden nur von einer Eigenschaft übertroffen: seiner Penetranz.
     

9
    «Keine Sorge, der Hypnotiseur kann uns hier oben nicht sehen.» Axel hatte bemerkt, dass ich vor Angst zitterte. Er nahm meine Hand, um mich zu beruhigen. Sanft und zärtlich. Das überraschte mich, war er doch sonst eher von der zupackenden Sorte. Ich sah zu ihm, und er lächelte mich versonnen an. Lag da so etwas wie Verliebtheit in seinem Blick? Das konnte ja wohl kaum sein. Axel war
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