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Plötzlich Royal

Plötzlich Royal

Titel: Plötzlich Royal
Autoren: Roland Brodbeck
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weiter beim Vornamen nennen, auch wenn wir nun zwanzig Jahre alt sind?“ Selbstverständlich hätte dieses Angebot nach Sir Geoffreys Etikette dem Prinzen zugestanden. Das wusste ich, aber ich wollte nun Klarheit darüber, ob Harry spießig war.
    „Anderthalb, ach so? Du meinst, weil Ihre Majestät sowohl meine Großmutter als auch deine Urgroßmutter ist?“, lachte Harry und fuhr fort: „Selbstverständlich nennen wir uns weiterhin beim Vornamen.“
    Ich schüttelte gerne noch einmal die prinzliche Hand. „Wer ist der nebelgraue Sir in deinem Gefolge?“
    „Sir Geoffrey ist die royale Prinzenaufsicht, jedenfalls nennen William und ich ihn so. Er wurde von Ihrer Majestät auf uns angesetzt, nachdem wir im Hinterzimmer einer Kneipe gezockt hatten. Wir waren dabei auch nicht optimal abstinent und es roch hie und da nach Gras“, erklärte Harry schmunzelnd.
    „Nach dem letzten Kompanieabend bin ich auch nicht mehr optimal geradeaus gelaufen“, gab ich zu.
    Damit war das universelle Thema Militär eröffnet. Harry hatte soeben Eton abgeschlossen und musste nun in der britischen Armee dienen. Ich hatte ebenfalls eine Menge zu erzählen über Idioten und Leuteschinder. Nicht nur in der Schweiz konnte man mit Plaudern über das Militär Brücken bauen.
    In den vergangenen beiden Jahren hatte ich die Stationen Rekrutenschule, Unteroffiziersschule, Offiziersschule und Abverdienen des Offiziers hintereinander durchgezogen und war deshalb bereits so jung zum Leutnant aufgestiegen. Die kurzen Dienstzeiten der Schweiz und mein übersprungenes Jahr in der Primarschule machten es möglich.
    Der Herzog von Schwanstein und seine Frau Dagmar nahmen auf den benachbarten Stühlen neben mir und Harry Platz. Der konservative Adlige und CSU-Politiker schwatzte viel über die Neutralität der Schweiz und dass ja Schweizer und Briten wie er selbst EU-Skeptiker seien. Er kam ziemlich in Fahrt und erklärte, dass Linksideologie und Atheismus spätestens seit dem Zusammenbruch der DDR ausgedient hätten und mit dem neuen bayerischen Papst wieder Werte gestärkt würden, die ja der Adel schon immer vertreten habe. Blauäugige linke Ideen der Grünen wie ökologische Landwirtschaft und Homo-Ehe würden nie mehrheitsfähig werden. Ich musste als Linker mit blauen Augen dagegenhalten und betonte, hier in der Schweiz habe das Partnerschaftsgesetz eine Mehrheit von 58 Prozent erreicht. Ich musste ihm zweimal versichern, das sei keine Umfrage gewesen, sondern eine echte, rechtlich bindende Volksabstimmung. Ich war mir jedoch nicht sicher, ob er mir wirklich glaubte.
    Der schwatzhafte Herzog wechselte daraufhin das Thema und erzählte stolz von einem Shootingstar der CSU, den er höchstpersönlich entdeckt habe. Es handle sich um einen jungen Freiherrn mit Doktortitel und Familie, der es noch weit bringen werde in der Bayernpolitik, und in Berlin werde der Freiherr eines Tages vielleicht Minister oder gar Kanzler. Sein Schützling habe Familie, das musste der Herzog extra betonen, und er blickte dabei zuerst mich und dann Harry an. Damit wollte er wohl ausdrücken, dies sei auch für uns höchste Zeit. Ich bin ja vom Stammbaum abgesägt, soll er Harry damit nerven, dachte ich mir und wollte mit einer Ausrede aufstehen. Doch eine Reporterin der Schweizer Boulevardzeitung Blick bestand darauf, ein Foto zu schießen, also rückten wir die Stühle zu einem Halbkreis zusammen. Die Fotoapparate klickten. Es wurde von den Journalisten dabei ein wenig gestichelt, ob da nun etwas sei zwischen Harry und der blonden Chelsy, doch der Prinz ignorierte alle Zurufe zu diesem Thema.
    „Der dünne Blonde, sind Sie der Sohn des Hauses?“, fragte mich ein kleiner, unrasierter Wicht mit dem Logo des britischen Revolverblattes Daily World an der Fototasche, da Harry kein Statement abgeben wollte. Der Wicht war vermutlich einer der berüchtigten Paparazzi, die mit ihren langen Teleobjektiven der königlichen Familie nachstellten. Trotzdem gab ich zu, hier der Nachwuchs zu sein.
    „Was haben Sie für den Aufenthalt in der Schweiz geplant, Hoheit?“, fragte die Frau vom Blick zu Harry gewandt.
    „Ich bin doch dran, Tussi!“, fuhr ihr der Wicht über den Mund. „Ich bin Jack Kern von der Daily World . Der Blonde und seine Schwester sind Urenkel der Queen, also eine britische Angelegenheit. Wieso hat die Queen zwei fast erwachsene Urenkel?“
    „Du bist nicht zu einer Antwort verpflichtet“, flüsterte mir Harry zu.
    Ich grinste. „Unsere Linie hat sich
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