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Plattenbaugefühle: Jugendroman

Plattenbaugefühle: Jugendroman

Titel: Plattenbaugefühle: Jugendroman
Autoren: Jannis Plastargias
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Nerd-Lacoste-Schuhen rempelt mich an.
    »In den Klassenraum gehen?«
    »Scheiß auf das Klugscheißern, du Spast! Was machste hier an der EKS?« sagt er, leicht aggro.
    »Hör mal, ich gehe jetzt in die 10 b.«
    »Woher biste, Spast?« Er spuckt das fast aus.
    Was heißt denn eigentlich ›Spast‹? Was soll das Verhör? Dabei sieht er ganz nett aus. Er ist groß, 1,85 vielleicht, arabische Herkunft, braun gebrannt, Sportler-Typ, wahrscheinlich Fußballer.
    »Ich komme aus Berlin!«
    »Oh, einer aus der Großstadt! Bist du Hertha BSC-Fan?« fragt er in einem Ton, den ich nicht so recht einordnen kann – Interesse? Neugier? Respekt?
    »Hm, nee, Fußball ist nicht so mein Ding!«
    »Waas?«
    Dieser ›Mohammed‹ – ›Mohammed‹ haben Fabian und ich alle Nordafrikaner genannt, gar nicht böse gemeint, nur als Typbezeichnung – schubst mich einfach weg. Schon das erste Fettnäpfchen. Merken: Immer sagen, dass Fußball das Größte ist! Aber ist es nun etwas Gutes, ein Hertha-Fan zu sein? Wie heißt der Verein in Kranichstein oder in Darmstadt? – »Kranichstein ist ein großer Stadtteil Darm-stadts an dessen Peripherie«, wie mein Vater das ausdrückt – ich hasse Fußball. Ich gehe lieber ins Klassenzimmer und suche mir einen Platz.
    »Ey, da ist besetzt!« ruft ein anderer ›Mohammed‹, ein zu klein geratener Bursche mit Kurzhaarfrisur und Brille.
    »Von wem?«
    «Geht dich nichts an! Der Platz ist besetzt!« sagt er entschieden. Ich finde ihn ätzend.
    Ich suche einen anderen Platz. Aber auch hier ein Widerspruch.
    »Hör mal, Kleiner, da sitzt niemand! Da liegt keine Tasche, keine Klamotten. Also gehört der Platz mir!« entgegne ich ihm diesmal entschlossen.
    So schnell kann ich gar nicht kucken, da liegt der Kurze auf mir, während der erste ›Mohammed‹ lacht! Der Spinner drischt auf mich ein, ich wehre mich so gut ich kann, er liegt bald am Boden, unter mir, spürt meine Faust auf seiner Nase. Sie blutet! ›Mohammed‹ und andere Jungen reißen mich von ihm weg – tut mir leid, kleiner Arab, ich habe früher immer gerne Jean-Claude van Damme-Filme geschaut und trainiere seit Jahren Judo – während er von einem Mädchen hochgezogen wird.
    »Alda, ich schwör, das wirst du bereuen!« schreit er. Als wäre ich Jimmy Blue im Film ›Sommer‹, der an seinem ersten Tag an einer neuen Schule von der Gang mit den angesehensten Jungs an der Schule verprügelt wird. Er kämpft an seiner Schule darum, respektiert zu werden, um das schönste Mädchen der Schule für sich zu gewinnen, das mit dem Anführer der Gang zusammen ist. Wird es mir ähnlich ergehen? Ich gewinne den Kampf – und damit an Respekt? Ich richte meine Klamotten zurecht, soweit das geht und setze mich auf den erkämpften Platz. Ein Junge kommt lachend auf mich zu, 1,80 groß, mit großer Nase, dunklen Haaren und einer Frisur, wie man sie in Berlin vor zwei Jahren trug, hinten ein Muster einrasiert, ein Playboy-hase.
    »Hi, du Tier!«
    Meint er das jetzt ernst? Wie soll ich das verstehen?
    »Hallo!«
    »Wie heißt du?«
    »Jonas. Und du?«
    »Baddääung!«
    Ist das sein Name? Ich bin verwirrt. Was sind das für Leute an dieser Schule? Ich drehe hier durch! Was war das für ein Geräusch, dieses Baddäung?! Der Typ lächelt mich an, aber ganz schleimig.
    »Ich heiße Shad M. Bin Sänger! Mich kennt jeder in Darmstadt!« Er klingt dabei, wie diese Gangstas aus Talkshows, Berlin36 oder Frankfurt-Sossenheim-65936 – sie rappen und sind angeblich der King des Stadtteils.
    Oh je! Ich verkneife mir das Lachen, da ich nicht schon wieder Ärger haben möchte, während ich hinter dieser Witzfigur eine aufgeregte Lehrerin auf mich zurennen sehe, die mich entschieden fragt, ob ich Anas verprügelt habe. Ich versuche mich zu verteidigen und ihr zu erklären, dass es Notwehr gewesen sei.
    Die Lehrerin schaut mich verwirrt an, sagt mir, dass sie den Vorfall meiner Klassenlehrerin berichten werde und läuft in großen Schritten davon. Ganz schön drahtig, die kleine Frau. Die restlichen Schüler kommen herein, doch keiner von den Leuten hier hat meinen Style. Ich setze mich auf meinen Platz. Der Stuhl neben mir bleibt frei. Nur Shad M. erweckt den Anschein, sich für mich näher zu interessieren. »Guter Kampf«, sagt er und blinzelt mir zu.
    »Ich habe da von einem Vorfall gehört …« – die Lehrerin ist eingetreten, sieht etwas wirrköpfig aus, »gleich am ersten Schultag! Ich werte das als letzte Aktion der Sommerferien. Ab jetzt seid ihr in der
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