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Planeten-Flieger

Planeten-Flieger

Titel: Planeten-Flieger
Autoren: Nikolaus Reitter
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Entdeckergeist auf den Gesichtern geschrieben standen. Alle trugen sie weiße Wolljacken, blaue Beinkleider und Stoffschuhe und blaue Wollmützen mit Klappen, die über die Ohren herunterzuziehen waren. Lässig standen sie da wie Freunde, die sich zu einem Vergnügungsflug zusammengefunden haben, nicht zu einer tollkühnen Expedition, zu einer Fahrt vielleicht ohne Wiederkehr.
    Ihnen gegenüber war eine Rednertribüne aufgeschlagen. Ein Abgesandter des Präsidenten rief der Besamung die legten Grüße des Landes zu. Und er warnte die Menge: Niemand, dürfe den abgesperrten Platz betreten. Tod und Verderben würde das Flugschiff darauf herniederspeien, wenn aus seinen Rohrkränzen die Explosionen herausknatterten, mit denen das Flugschiff sich in die Höhe treiben sollte. In einer Viertelstunde, zu einem auf die Sekunde genau berechneten Zeitpunkt, würde das Schiff aufsteigen. Rücksicht könnte nicht genommen werden; denn ein Augenblick Verspätung müßte alle Flugberechnungen über den Haufen werfen. Mit einem dreifachen Hochruf endete der Redner. Als die Rufe verhallt waren, wandte der Leiter der Expedition sich zu seinen Kameraden und schmetterte die Worte: „Unsere liebe alte Erde und unser Vaterland - Hurra! - Hurra! - Hurra!" Hei, wie die Hurras aus den elf Kehlen antworteten! Dann bestiegen die tapferen Zwölf das Schiff. Der Laufsteg wurde eingezogen. Der jüngste Teilnehmer der Expedition stellte sich in der Toröffnung auf und rief der Volksmenge die Minuten zu, die es noch bis zum Aufstieg dauerte.
    „Noch sieben und eine halbe Minute." Die große Menschenmasse raunte und summte. Rudi stieß seinem Freund in die Rippen. Ein wundervoller Gedanke hatte von ihm Besitz ergriffen. „Noch sieben Minuten." Die Freunde blickten sich begeistert in die Augen. Otto war von demselben Gedanken besessen. Hinter ihnen fiel jemand vor Aufregung in Ohnmacht. "Noch sechs und eine halbe Minute." Rudi streckte Otto die Hand hin. Der schlug ein. „Noch sechs Minuten." Die Jungen schälten die Entfernung bis zum Schiffe ab. „Hundert Meter", flüsterte Otto. „Schaffen wir in dreizehn Sekunden." „Nee, raunte Rudi zurück, „ auf dem Rasen nur in fünfzehn." „ Zum Klettern brauchen wir noch mal fünfzehn Sekunden." „Rudi, ich kann schneller laufen. Ich mache dir Treppe. Du an mir hoch und rauf. Ziehst midi nach!" „Emm weh.'
    Unterdessen waren die Minuten weiter ausgerufen worden. Die Menge war verstummt und verharrte in größter Spannug. „Noch zwei und eine halbe Minute."
    „Dreißig Sekunden vor dem Aufstieg los, nicht früher", flüsterte Otto, „sonst holen sie uns noch zurück." „Mm."
    „Noch zwei Minuten." Die Backenmuskeln der beiden Jungen strafften sich über den Kieferknochen. Ihre Augen« faßten entschlossen das Ziel ins Auge.
    „Noch eine und eine halbe Minute." Ein verstohlener Blick rückwärts und nach den Seiten.
    Wo waren die Hände, die nach ihnen greifen würden?
    „Noch sechzig Sekunden." Langsam sanken die beiden Freunde zum Start in sich zusammen. „Noch fünfzig Sekunden." An die Gefahr dachten sie nicht. Konnten sie nicht stolpern, fallen und daliegen mitten im tödlichen Hexenkessel der Explosionen, die sie zu Staub zer-blasen mußten?
    „Vierzig Sekunden." Alle Sehnen der beiden Jungen waren in geschmeidiger katzenhafter Sprungbereitschaft. Ihre Fußsohlen spannten sich zum Abschnellen an den Rasen. „Dreißig Sekunden." Jetzt! Weg sausten sie. Eine Hand streifte Ottos Rücken, ohne ihn halten zu können. Ein tausendfältiger Schrei entrang sich der Menge. Der am nächsten stehende Polizist wollte ihnen nachlaufen, um sie einzuholen; er wurde von geistesgegenwärtigen Nachbarn festgehalten. „Zurück", schallte es. ihnen vom Flugschiff entgegen. Nun konnten sie nicht mehr umkehren; sie mußten ihren Wettlauf mit dem Tode zu Ende durchkämpfen. Zu spät war es zum Einhalten und Zurückeilen. Jetzt konnten sie sich nur noch im Flugschiff selbst in Sicherheit bringen. Die beiden dachten gar nicht an Umkehren, sondern liefen in oft geübten Hundertmetertempo zum Tore des Raumschiffes hin. Otto erreichte die Wand als erster, stemmte sich mit dem Rücken dagegen und hielt seinem Freunde die offen gefalteten Hände als Stufe hin. Rudi benützte die Wucht seines Laufes und schwang sich mit Ottos Hilfe im Nu zur Türschwelle hinauf. Der junge Expeditionsmann an der Türe, der wußte, daß den beiden Jungen draußen der Tod sicher war, griff zu, zog Rudi herein und half ihm,
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