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Planet der Affen

Planet der Affen

Titel: Planet der Affen
Autoren: Pierre Boulle
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vergeblichem Bemühen die Finger in der Luft.
    »Der dort«, sagte der Schimpanse mit einer entsprechenden Kopfbewegung, »war früher ein bemerkenswerter Bursche. Es war uns gelungen, ihm etliche Kunststücke beizubringen. Er kannte seinen Namen und befolgte bis zu einem gewissen Grad Anweisungen. Außerdem konnte er ziemlich verwickelte Aufgaben lösen und hatte gelernt, sich einiger einfacher Werkzeuge zu bedienen. Nun hat er das alles vergessen, auch seinen Namen. Nun ist er der dümmste von allen unseren Menschen – als Folge einer besonders komplizierten Operation, nämlich der Entfernung der Schläfenlappen.«
    Innerlich zog sich mir alles zusammen bei den Grausamkeiten, die mir der Schimpanse da erläuterte. Ich sah partiell oder komplett gelähmte Menschen und solche, die man künstlich ihres Augenlichts beraubt hatte. Ich sah eine junge Mutter, deren Mutterinstinkt nach einem Eingriff völlig verkümmert war – jedes Mal, wenn sich eines ihrer kleinen Kinder näherte, stieß sie es voll Abscheu zurück. Das war zu viel für mich. Ich dachte an Nova und an die bevorstehende Geburt und ballte zornig die Fäuste. Zum Glück zog mich Helius in einen weiteren Saal, und so hatte ich Zeit, mich zu beruhigen.
    »Hier«, erklärte er geheimnistuerisch, »haben wir die wirklich interessanten Fälle. Hier tritt nicht mehr das Skalpell in Aktion, sondern ein subtileres Instrument. Es handelt sich um die Anregung gewisser Gehirnpartien durch Elektrizität. Dabei sind uns wirklich erfolgreiche Experimente gelungen. Wird bei Ihnen auf der Erde auch auf diesem Gebiet geforscht?«
    »Ja, mit Affen!«, rief ich aufgebracht.
    Der Schimpanse konnte sich eines Lächelns nicht enthalten. »Natürlich. Dennoch glaube ich nicht, dass Sie jemals so perfekte Resultate erzielt haben wie wir. Aber das wird Ihnen Doktor Cornelius selbst vorführen. Einstweilen wenden wir uns den banaleren Fällen zu.«
    Wir kamen zu Käfigen, in denen sich Wärter an Versuchspersonen zu schaffen machten, die auf einer Art von Tischen lagen. Ein Schnitt legte jeweils eine bestimmte Gehirnpartie frei, woraufhin ein Affe die Elektroden anbrachte und während ein anderer die Narkose überwachte.
    »Wie Sie sehen, betäuben wir die Versuchsobjekte auch hier – eine leichte Anästhesie, die die Ergebnisse nicht beeinträchtigt, den Patienten jedoch unempfindlich für Schmerz macht.«
    Sobald die Elektroden angeschlossen waren, verfiel die Versuchsperson in monotone Zuckungen, und zwar fast immer nur mit einer Hälfte des Körpers. Ein Mann zog bei jedem Stromstoß das linke Bein an und streckte es nach Unterbrechung des Kontaktes wieder von sich. Ein anderer vollführte die gleiche Bewegung mit dem Arm. Beim nächsten war es die Schulter, die unter den elektrischen Impulsen zu zucken begann. Daneben, bei einem sehr jungen Patienten, war die Kiefermuskulatur betroffen: Der Unglückliche kaute unablässig vor sich hin, während sein Körper unbeweglich blieb.
    »Beachten Sie, was passiert, wenn man die Dauer der Stromzufuhr verlängert«, sagte Helius. »Wir haben hier einen Fall…«
    »Genug!«, rief ich.
    In diesem Moment kam Cornelius herein und klopfte mir freundlich auf die Schulter. »Ich gebe zu, dass diese Experimente kein schöner Anblick sind, wenn man nicht daran gewöhnt ist«, sagte er. »Aber bedenken Sie, dass unsere Medizin und unsere Chirurgie seit einem Vierteljahrhundert enorme Fortschritte gemacht haben.«
    Dieses Argument überzeugte mich ebenso wenig wie damals, als ich in einem irdischen Laboratorium ähnliche Experimente mit Schimpansen beobachtet hatte. Cornelius hob die Schultern und schob mich durch einen engen Gang in einen kleineren Saal.
    »Hier«, verkündete er feierlich, »werden Sie einer einzigartigen und völlig neuen Demonstration beiwohnen. Bisher haben diesen Raum außer mir nur Helius, der diese Forschungen auf eigene Initiative betreibt, und eine Hilfskraft, die wir sorgfältig ausgesucht haben, betreten. Es handelt sich um einen Gorilla. Er ist stumm und äußerst primitiv. Außerdem ist er ist mir mit Leib und Seele ergeben. Daran erkennen Sie, wie wichtig es mir ist, diese Arbeiten geheim zu halten. Ich habe nichts dagegen, Sie einzuweihen, denn ich weiß, dass Sie schweigen werden – und zwar in Ihrem eigenen Interesse.«

8
    Ich betrat den Raum und sah erst einmal nichts, was diese Geheimnistuerei gerechtfertigt hätte. Auch hier standen die gleichen Apparaturen herum: Generatoren, Transformatoren, Elektroden.
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