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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
Autoren: Eric T. Hansen
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und zwar das Drittel, das in den Händen der Franzosen lag. Diese nahmen indes kaum Notiz davon, dass es ihnen gehörte. Ihr einzig wichtiger Besitz in Übersee war für sie das Zuckerparadies Haiti, eine nie versiegende Geldquelle.
    Kaum war Napoleon an die Macht gekommen, brach in Haiti ein Sklavenaufstand aus. Er schickte Truppen hin, die aber alle sofort Gelbfieber bekamen und starben oder sonst wie außer Gefecht gesetzt wurden. Damit war Haiti unabhängig, und Napoleon hatte nur das zurückbehalten, was ihn nicht sonderlich interessierte – Louisiana: wertloses Hinterland weitab von Paris, voller unzivilisierter Landeier und Eingeborener.
    Thomas Jefferson machte sich Sorgen um New Orleans. Die Stadt gehörte den Franzosen, aber praktisch war sie bereits amerikanisch. Die ganzen Waren aus dem Westen wurden den Mississippi hinab bis New Orleans und von dort über den Atlantik verschifft. Nun weilten französische Truppen dort und keiner wusste, ob Napoleon vielleicht mit seinen amerikanischen Besitztümern doch ernst machen würde.
    Amerikanische Diplomaten segelten also nach Paris und unterbreiteten dort einen Vorschlag: Sie würden New Orleans für 10 Millionen Dollar kaufen. Napoleon, der kurz vor einem Krieg mit England stand und jeden Franc gebrauchen konnte, machte ihnen einen Gegenvorschlag: Ganz Louisiana für 15 Millionen Dollar.
    Als Jefferson das erfuhr, wurde er von Gewissensbissen geplagt. Er hatte seine Präsidentschaft und seinen Ruf sorgfältig auf seiner bedingungslosen Treue zur Verfassung aufgebaut, aber laut jener war er als Präsident gar nicht dazu berechtigt, in solchem Ausmaß einzukaufen. Seine Gegner waren ebenfalls gegen den Erwerb, der zudem auch noch vom Kongress bestätigt werden musste. Überflüssig zu erwähnen, dass auch der Verkauf selbst illegal war – die Franzosen hatten mit den Spaniern nämlich einst abgemacht, dass sie Louisiana nicht weiterveräußern würden. Spanien protestierte folglich auch dagegen. Man fürchtete sogar Krieg.
    Jefferson aber wollte dieses Stück Land. Unbedingt.
    Er beschloss: Augen zu und durch. Er verhandelte, beschwichtigte und drohte. Als der Kauf endlich vom Kongress genehmigt wurde, war es vermutlich der erste in einer langen Reihe von völkerrechtlich problematischen Unternehmungen seitens unserer Präsidenten.
    Interessanterweise wusste Napoleon, der gegen den Ratschlag seines Außenministers Talleyrand gehandelt hatte, genau, was er tat. Nachdem er den Kaufvertrag unterzeichnet hatte, sagte er: »Diese Landnahme besiegelt für immer die Macht der Vereinigten Staaten, und ich habe England damit einen Rivalen gegeben, der es früher oder später demütigen wird.« Ob er dabei kicherte, ist nicht überliefert …
    Allerdings sollte es noch lange dauern, bis dieses schier unendlich weite Land zwischen den beiden Ozeanen mit amerikanischen Städten übersät sein würde. Jefferson selbst schätzte, so an die 1.000 Jahre.
    Andere fragten sich natürlich, ob es nicht schneller gehen könnte.
    Zwar waren schon lange Ströme von Siedlern zu Fuß und per Planwagen in den Westen unterwegs, unter anderem auch rund 14.000 Mormonen, doch die Besiedlung ging nur äußerst langsam voran. Im Grunde musste eine sehr lange Eisenbahnstrecke her. Im Osten gab es bereits ein kleines Eisenbahnnetz, aber niemand hatte das Geld, geschweige denn den Mumm, auf eigene Kosten fast 3.000 Kilometer Gleise quer durch den Kontinent zu verlegen.
    Da wandten sich Lobbyisten an die Regierung, und 1862, mitten im Bürgerkrieg zwischen Norden und Süden, unterschrieb Präsident Lincoln ein Gesetz, das Unternehmen ermuntern sollte, besagte Eisenbahnstrecke zu bauen. Zwei Firmen griffen zu: Die Central Pacific Railroad fing in Oakland, Kalifornien, an; die Union Pacific Railroad begann in Council Bluffs, Iowa, von wo aus die Mormonen aufgebrochen waren und sich noch immer regelmäßig Planwagen auf den Weg machten. Sie bauten aufeinander zu.
    Niemandem ging es natürlich um die Eisenbahn. So dumm waren sie nicht. Kein vernünftiger Mensch glaubte, dass sich so eine Sache wirtschaftlich rentieren könnte. Es ging allen Beteiligten ausschließlich um das Land. Lincoln hatte den Firmen nicht nur versprochen, den Bau zu finanzieren, sondern sie durften auch noch das Land, auf dem die Strecke lag – eine Gesamtfläche, mehr als zweimal so groß wie New Jersey –, behalten.
    Bereits sechs Jahre später wurde die erste, 3.000 Kilometer lange transkontinentale Eisenbahnstrecke
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