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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
Autoren: Eric T. Hansen
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jedoch profitierten die oberen wie die unteren Schichten gleichermaßen. In Frankreich und der Sowjetunion, aber auch in Kuba, im Iran und in den arabischen Diktaturen, stellten die Revoluzzer die neue Oberschicht, die dann bald genauso viel Angst vor der Unterschicht hatte wie ihre Vorgänger. Nicht bei uns: Die Oberschicht in England blieb Oberschicht in England, und die Oberschicht in Amerika blieb Oberschicht in Amerika. Dagegen hatte ja auch niemand was.
    In der Sowjetunion wiederum gab es nur Platz für eine Idee – jeder konkurrierende Ansatz stellte eine Gefahr dar. Die Neue Welt jedoch bot Raum für alle möglichen Einfälle. Wer eine andere Vorstellung hatte, musste nicht zum Konterrevolutionär werden und die Regierung stürzen, er zog einfach in die Wildnis und gründete seinen eigenen Staat. Der spielerische Austausch von Ideen ist in einer noch nicht in Konventionen erstarrten »gesellschaftlichen Wildnis« eben leichter möglich …
    Als George Washington, Thomas Jefferson, Benjamin Franklin, John Adams, Thomas Paine und die anderen Gründerväter sich 1776 dazu durchrangen, sich von England loszusagen, standen sie plötzlich vor der Aufgabe, aus dem Nichts einen neuen Staat nach eigenem Gutdünken aufzubauen. Dieses Privileg hatten die anderen großen Revolutionsführer der Welt nicht. Amerika war damals tatsächlich das unbeschriebene Blatt, die unbebaute Fläche, die Wildnis, die Goethe noch 1827 beschrieb:
    Amerika, du hast es besser,
    Als unser Kontinent, das Alte,
    Hast keine verfallenen Schlösser
    Und keine Basalte.
    Dich stört nicht im Innern,
    Zu lebendiger Zeit,
    Unnützes Erinnern
    Und vergeblicher Streit.
    Benutzt die Gegenwart mit Glück!
    (Die Indianer mögen das vielleicht etwas anders gesehen haben, aber die saßen nicht im Parlament.)
    In seinem Buch Myths America Lives by nennt Richard T. Hughes diese Freiheit nicht »Wildnis«, sondern »den Mythos der natürlich entstandenen Nation«:
    »Im Kern«, schreibt Hughes, »inspirierte dieser Mythos die Amerikaner, Geschichte und Tradition als Kräfte, die eine Nation formen, einfach zu ignorieren. Hier war eine Nation, die quasi direkt aus der Hand Gottes ins Leben gerufen wurde.«
    Oder, wie es der alte Revoluzzer Thomas Paine ausdrückte: »Auf einmal sind wir an dem Punkt angelangt, wo wir den Beginn eines Staates sehen können, als ob wir am Anfang der Zeit leben würden.«
    Das ist die innere Wildnis, die wir Amerikaner so lieben und wonach wir uns auch heute noch sehnen: Eine Welt ohne Geschichte und Tradition, ohne das erdrückende Gewicht einer Staatsmacht und ohne die nervigen Erwartungen unserer Nachbarn oder gar der internationalen Gemeinschaft. In unserer Vorstellung hört der Amerikaner in dem Moment auf, ein Amerikaner zu sein, wenn er erfolgreich zivilisiert ist.
    Wer nun denkt, dies sei doch längst geschehen, braucht nur den Fernseher anzuschalten. Was man da bei uns zu sehen kriegt, beweist glasklar: Wir wollen gar nicht rational sein, wir wollen lieber auf die Pauke hauen, lieber eine gute Show geboten kriegen, lieber an einer völlig unmöglichen Hoffnung festhalten, selbst wenn wir tief im Innern wissen, dass wir gerade auf den größten Humbug hereinfallen.
    Der heute in den USA sehr bekannte TV -Presenter Vince Offer wollte einst als Komiker groß rauskommen. Zu diesem Zweck drehte er mit eigenem Geld und sich selbst in der Hauptrolle seinen ersten Film: The Underground Comedy Movie . Manch ein Kritiker meint noch heute, dies sei die schlechteste Komödie aller Zeiten, allerdings sind das nur wenige, denn nur wenige haben den Film überhaupt gesehen.
    Konfrontiert mit der harten Realität, dass sein Werk niemals die Bekanntschaft einer Leinwand machen würde, entdeckte Vince Offer das Infomercial. Er kaufte Zeit bei einem TV -Werbekanal, pries dort den eigenen Film an und verkaufte prompt 50.000 DVD s.
    Komödie ist schwer, aber Infomercials – das konnte er. Allein, ihm fehlte das richtige Produkt. Da schaute er sich um, und sein Blick fiel auf eine der aufregendsten Erfindungen, die es je gegeben hat – das »ShamWow!«. Schon der Name versprach alles – war sexy, mysteriös; und wie viele Waren gibt es schon, zu deren Bezeichnung ein eigenes Ausrufezeichen gehört?
    Er drehte ein Infomercial darüber, kaufte sich Sendezeit und vertickte Millionen von den Teilen. Sein Erfolg machte ihn über Nacht zum Superstar. Talkshows rissen sich um ihn, Zeitungsartikel und Scharen von Wissenschaftlern diskutierten die
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