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Plan D

Plan D

Titel: Plan D
Autoren: Simon Urban
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umgebracht und seine Leiche nach dem Anschlag im Kino deponiert. Und Gruber?«
    »Mit Grubers Tod haben wir nichts zu tun. Da musst du Bürger fragen.«
    »Vier Tote.« Oder fünf, dachte Wegener, mit mir.
    Brendels Daumen streichelte immer noch den Revolver. »Ich erspar dir den Vortrag über das, was mit unseren beiden Ländern passiert, wenn die Konsultationen scheitern, weil der Staatssicherheit ein Mord in die Schuhe geschoben wird, den sie nicht begangen hat, und die Bundesrepublik unter dem politischen Druck der EU kein Transitabkommen unterschreiben kann.«
    »Das Thälmann-Denkmal. Nachdem wir rausgefunden haben, wo Opitz auftauchen wird, musst du die Stasi angerufen haben. Wann war das? Als du den Wagen geholt hast?«
    Brendels Blick schwenkte jetzt auch zu den Granitfahnen, blieb für ein paar Sekunden, kehrte traurig zurück. »Du weißt es doch. Warum fragst du dann.«
    »Und Kayser?«
    Brendel atmete hörbar aus.
    »Erzähl es mir.«
    »Du bist wahrheitssüchtig.«
    »Offenbar.«
    »Christian und ich hatten diesen Termin bei Steinkühler. Am Montag, als du dich mit Borgs getroffen hast.«
    »Ich weiß. Und?«
    »Christian war ein paar Minuten vor mir bei Steinkühler im Büro, ich hatte eine Verspätung vorgetäuscht, wegen meines Rückflugs aus Bonn.«
    »Aber tatsächlich warst du schon viel eher zurück.«
    »Ja, um 1 3 Uhr. Ich hatte eine zweistündige Besprechung mit Steinkühler, unter vier Augen. Direkt vor dem offiziellen Termin mit Christian.«
    »Und?«
    »Mein Parfum.«
    »Was?«
    »Fahrenheit.« Brendel zuckte etwas unbeholfen mit den Schultern. »Christian kam in Steinkühlers Büro und hat gerochen, dass ich schon eine Weile vor ihm da gewesen sein musste. Mittwochvormittag, beim Frühstück im EastSide, war ihm plötzlich klar, was das bedeutet.« Brendel stand auf. Seine Stimme war beinahe fröhlich. »Wie gesagt, alles kommt irgendwann raus.«
    Wegener merkte, dass sein Hintern auf dem Metallpoller eiskalt geworden war. »Er wollte dich hochgehen lassen.«
    »Nein.« Brendel schüttelte den Kopf. »So läuft das nicht, Martin. Er wollte, dass ich Granz für ihn erledige. Und danach hätte er auch keine Ruhe gegeben und immer wieder irgendwas anderes gefordert.«
    »Granz von Greentec?«
    »Granz von Greentec. Die spielen im Moment keine zentrale Rolle, machen sich aber für den großen Störfall bereit. Irgendwann explodiert irgendwo eine Pipeline, ein Atomkraftwerk in Hamburg spielt verrückt oder eine Bohrinsel versinkt im Golf von Mexiko. Damit die Welt sieht, wie gefährlich die konventionellen Energien sind. Der BND weiß Bescheid, hat aber nichts in der Hand, wie immer.«
    »Also musstest du Kayser davon abhalten, dich zu erpressen.«
    »Wenn du erpressbar bist, bist du tot.« Brendels blaue Augen sahen durch Wegener hindurch. »Es war nie vorgesehen, dass ich jemanden erschieße, erst recht keinen Mann vom Nachrichtendienst. Aber dann passiert etwas Ungeplantes, und du musst dich entscheiden. Beim nächsten Problem denkst du, ich hab mich damals so entschieden, wenn ich das nicht wieder mache, war alles umsonst. Und so weiter. Du rutschst ab.«
    Wegener sah zu den Granitfahnen rüber. Die beiden Aufpasser standen immer noch unbeweglich nebeneinander. Zwei salzsäulensteife Ehrenmal-Touristen.
    Brendel wachte plötzlich auf. »Wie hast du’s eigentlich rausgekriegt?«
    »Du hast meine Akte gelesen, da dachte ich, es wäre fair, wenn ich dafür dein Telefon abhöre. Mit dem Siemens ging es nicht, wegen des Westnetzschlüssels. Also musste ich dir ein Minsk besorgen.«
    Brendel zog die Augenbrauen hoch. »Ich hab das Minsk überhaupt nicht benutzt, kein einziges Mal.«
    »So ist es. Als wir nach Boltenhagen gefahren sind, hast du mir vorgespielt, dass du Kayser anrufst, in seinem Hotelzimmer, und zwar von deinem Minsk aus. Angeblich hatte sich jemand von Greentec bei ihm gemeldet. Aber dieses Telefonat fand nie statt. Die Überwachungsprotokolle verzeichnen kein einziges abgehörtes Gespräch, das von diesem Gerät aus geführt wurde. Kayser konnte auch gar nicht mehr telefonieren, er lag zu diesem Zeitpunkt schon zehn Minuten tot auf seinem Bett.«
    Richard der Aufrechte sah amüsiert aus.
    »Du bist ja ein richtiger Ein-Mann-Geheimdienst, Martin. Schade, dass du keinen Staat hast, zu dem du gehörst.«
    »Wer weiß eigentlich von deiner Doppelrolle? Nur Steinkühler und Krenz?«
    »Krenz nicht. Steinkühler und zwei seiner Berater.« Brendels Stimme klang plötzlich vertraulich.
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