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Plan D

Plan D

Titel: Plan D
Autoren: Simon Urban
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ermorden lassen.«
    Vom Befreierkopf krächzte ein heiserer Schrei, der irgendwo an der Spree, hinter den Bäumen, erwidert wurde.
    Brendel betrachtete den Revolver. Er streichelte mit seinem rechten Daumen über den Holm. »Die Stasi steht unter ständiger Beobachtung durch den BND. Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit gibt es in der Normannenstraße BND-Leute, die jeden Verstoß gegen Rechtsstaatlichkeitsvereinbarungen sofort nach Pullach berichten würden. Das Risiko, einen Mord zu begehen, war einfach zu groß. Der geringste Hinweis auf eine illegale Operation hätte gereicht, um die Konsultationen zu gefährden. Hoffmann musste aber trotzdem weg.«
    »Ihr hättet ihn in euer Geheimgefängnis stecken können, statt ihn erhängen zu lassen.«
    »Das kriegt der BND doch genauso mit. Wenn da auf einmal ein Wessi sitzt, ehemaliger Professor aus Heidelberg und politischer Berater von Krenz zu Zeiten der Wiederbelebung, da merken die doch sofort, dass was nicht stimmt. Und selbst im geheimsten Knast der Welt hätte Hoffmann immer noch auspacken können.«
    »Das heißt, der Westen weiß von diesem Geheimgefängnis und unternimmt nichts?«
    »Martin, der einzige Unterschied zwischen BRD und DDR ist, dass die Bürger der BRD nicht über die Sauereien ihres Staats sprechen, weil sie den Mund voller Bio-Rinderfilet haben. Erst wenn der Magen knurrt, knurrt auch der Mensch, schreibt Christian Kreis.«
    »Hoffmann musste weg. Erzähl weiter.«
    Brendel setzte sich auf den Nachbarpoller und starrte in den Nebel. »Er war nun mal der Kopf, ohne ihn ging nichts. Und die Sache von Bürgers Leuten erledigen zu lassen hatte zwei Vorteile. Erstens war Hoffmanns Tod ein eindeutiges Signal an die Mitglieder seiner Verschwörung. Zweitens konnte man die Brigade öffentlich als mordende Söldnertruppe hinstellen. Wenn sich das Volk erst mal mit Terroristen solidarisiert, war’s das.«
    »Und jetzt stecke ich fest«, sagte Wegener.
    »Warum?«
    »Bürger hat mich im Plänterwald gefragt, ob wir irgendwelche Staatsgeheimnisse bei Hoffmann gefunden hätten. Woher wussten die, dass es tatsächlich Papiere gibt, mit denen man Krenz stürzen kann?«
    »Von Ronny. Er hat ihnen die Wahrheit erzählt. Alles andere wäre nicht glaubhaft gewesen.«
    »Und wo sind diese Unterlagen jetzt?«
    »Das weiß niemand. Wir haben sie nicht gefunden, Bürger hat sie offenbar auch nicht gefunden. Anscheinend weiß nicht einmal Marie Schütz, wo sie sind.«
    »Ok, und dann?«
    »Und dann ist die Panne passiert.« Brendel sah für einen Moment aus, als würde er gleich lachen. »Gabriel Opitz sollte Hoffmann in Bürgers Auftrag töten. Er kam auf die ziemlich schlaue Idee, Hoffmanns Tod wie einen antiken Stasi-Rachemord aussehen zu lassen und die ganze Geschichte in der Westpresse zu lancieren. Um die Sicherheit richtig reinzureiten.«
    »Und das ging nach hinten los.«
    Brendel nickte. »Sie haben an alles gedacht, die Herren Steinkühler und Co., aber nicht daran, dass der Feind denken könnte wie sie. Diese SPIEGEL-Story, das wurde der größte anzunehmende Unfall.«
    Wegener sah zum Granittor rüber. Zwei weitere Männer waren im Nebel aufgetaucht und standen bewegungslos zwischen den Bronzesoldaten. Insgesamt also vier Wachposten.
    »Deshalb habt ihr Krenz dazu gebracht, Lafontaine eine bilaterale Untersuchung vorzuschlagen«, sagte Wegener nicht ganz so entspannt, wie er gern geklungen hätte. »Eine gemeinschaftliche Ermittlung mit dem unbestechlichen westdeutschen Beamten, der ihnen niemals gefährlich werden kann, weil die DDR ihn seit dreißig Jahren bezahlt.«
    »Ich bin ein gut gehütetes Geheimnis.« Brendel lächelte. Für einen Moment war er wieder der alte sympathische, korrekte West-Supermann. Man kann ihm nichts übel nehmen, wenn er lächelt, dachte Wegener. Solange man ihn ansieht, ist der Chef-Ermittler der Westberliner Kripo kein sozialistischer Agent, sondern Richard, der Aufrechte. Aber wenn man wegsieht, hat man vielleicht ganz schnell eine Kugel im Rücken.
    »Als die Ermittlungen nicht wirklich vorangingen, wurde beschlossen, dass Gruber sich stellt«, sagte Richard der Aufrechte. »Um uns ganz offiziell auf die richtige Spur zu lenken. Aber wie das Leben so läuft, der Hauptgewinn ist uns dann in den Schoß gefallen. Als dieser Quatsch mit den vertauschten Schuhen rauskam, wussten wir, wenn wir Opitz haben, können die Konsultationen stattfinden. Dann ist die Unschuld der Staatssicherheit einwandfrei beweisbar.«
    »Opitz habt ihr
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