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Plan D

Plan D

Titel: Plan D
Autoren: Simon Urban
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und ließ sie im Mund verschwinden.
    »Dafür bist du ja offenbar befördert worden.«
    Karolina kaute und schluckte. »Dafür und weil wir neue Fachbereiche aufgemacht haben. Der Westen wird immer gieriger. Und wir müssen immer mehr liefern.«
    »Und verdient immer mehr.«
    »So ist das, wenn der eine Staat was hat und die anderen nicht.«
    »Nur, dass wir eigentlich auch nichts haben.« Wegener trank einen Schluck Bier. »Das Gas gehört den Russen.«
    »Die Russen haben das Gas, wir haben das Land, über das es transportiert werden muss. Und der Westen verlangt konservative Energie. Sonne und Wind sind dann auf Dauer doch ein bisschen wenig.«
    »Wie lange noch?«
    Karolina zuckte mit den Schultern und spießte die nächste Wurstladung auf. »Zwanzig, dreißig Jahre. Vielleicht fünfzig. Niemand hat behauptet, dass uns die Transitgebühren bis ins kommunistische Nirwana finanzieren. Aber du weißt, wie es ohne aussähe. Zappenduster.«
    Wegener biss von seiner Bratwurst ab und spülte mit Bier nach. »Und der Herr Bundeskanzler ist euer Supermann von nebenan.«
    Karolina lächelte. »Lafontaine sorgt für Umsatz.«
    »Weil er euch neue Lieferverträge zuschustert.«
    »Weil unsere westlichen Brüder und Schwestern im vergangenen Jahr einen Kanzler gewählt haben, der den sozialistischen Gedanken nicht per se für ein Verbrechen an der Menschlichkeit hält. Achtung ist entzückt. Große Annäherung der deutschen Bruderstaaten. Die ganze Idee mit den Konsultationen ist auf Lafontaines Mist gewachsen. Mit doppeltem Nutzen: Sinkende Gaspreise drüben, steigende Transitgebühren für uns.«
    »Ich bin schon fast so entzückt wie Krenz.«
    »Martin, bist du gekommen, um mit mir die deutsch-deutsche Politik zu diskutieren?«
    »Vielleicht. Wie ist die denn so?«
    »Schwierig. Noch.«
    Wegener stützte sich auf den Stehtisch und sah Karolina in die Augen. »Ich habe eine Mordsache auf dem Tisch. Seit gestern Abend. Aber vermutlich nicht mehr lange.«
    Karolina kaute, guckte fragend, kaute.
    »Vermutlich übernimmt heute Abend das K5. Oder noch wer anders.«
    »Warum?«
    »Das lassen wir mal weg.«
    »Und was ist das für ein Mord?«
    »Mein Toter hieß Emil Fischer. Oder nannte sich zumindest so.«
    Karolina trank einen Schluck von Wegeners Bier. »Was hat das mit dem Ministerium zu tun?«
    »Der Mann wurde an einer von euern Pipelines aufgehängt.«
    Karolina stellte die Flasche auf den Tisch und ließ ihre Holzgabel sinken.
    »Es ging schnell«, sagte Wegener. »Er hat nicht gelitten.«
    »Wie beruhigend. An welcher Pipeline?«
    »Nordmagistrale.«
    Karolina atmete hörbar aus und trank noch einen großen Schluck Bier. »Weiß das Ministerium es schon?«
    »Klar, wir können ja nicht im Sperrbereich ermitteln, ohne euch zu informieren. Es war irgendwer von der Bereitschaft da, mit seinen Leuten. Konnte uns aber auch nicht weiterhelfen.«
    »Und du fragst dich jetz t …?«
    »Ich muss mich fragen, ob die Sache irgendwas mit euch zu tun hat. Mit den Konsultationen.«
    »Scheiße.« Karolina holte eine Packung Duett aus ihrer Manteltasche. »Gibt es auch Currywurstbuden, die abgehört werden?«
    Wegener biss in seine Wurst, kaute. »Keine Angst, die hören nur die Buden ab, bei denen es schmeckt.«
    »Weshalb erzählst du mir die Geschichte?«
    »Weil ich in naher Zukunft einen Wisch unterschreibe, auf dem steht, dass ich in dieser Angelegenheit lebenslang nichts mehr sagen oder fragen darf, ohne meinen schlecht bezahlten Job zu verlieren.«
    »Seit wann bist du denn traurig, wenn dir das K5 einen Fall abnimmt?«
    »Ich bin nicht traurig, ich bin glücklich. An der Scheiße kann man sich nur die Finger verbrennen.«
    »Und deshalb krempelst du die Ärmel hoch und greifst richtig tief rein, indem du einen privaten Kontakt aktivierst?«
    »Reine Neugier.«
    »Vielleicht wolltest du mich einfach wiedersehen?«
    Wegener schwieg einen Moment.
    »Ich traue dem K5 nicht«, sagte er.
    »Du traust niemandem«, sagte Karolina.
    »Doch. Dir.« Wegener zog das Foto aus der Innentasche seines Mantels und legte es auf den Stehtisch. Karolina ignorierte das Bild und schaute ihm direkt in die Augen.
    »Martin«, sagte sie. »Mach keinen Mist.«
    Er schob das Bild ein Stück in ihre Richtung. »Unser Toter ist um die achtzig. Feiner Anzug, teure Uhr. Fuhr möglicherweise sogar einen Prius. Angenommen, sein Tod hat was mit dem Gasgeschäft zu tun. Dann könnte es doch gut sein, dass er bei euch gearbeitet hat. Und bestimmt nicht als
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