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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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noch.« Gorland hatte abgewunken, geseufzt. Ein begnadeter Grafiker, der hundsgewöhnliche Comicfiguren zeichnen musste und eine Sprechblase.
    Jetzt lächelten sie ihn an. Eva und Adam, gestern erst geboren und, so wie sie waren, zu ewiger Erstarrung und ebensolchem Lächeln verdammt. Beide in Seitenansicht, sich zugewandt. Das Mädchen hatte einen kleinen Busen bekommen, was zu Diskussionen geführt hatte. »Aber unser Zielpublikum sind Zwölf- bis Fünfzehnjährige, auch Mädchen! Hast du die schon mal im wirklichen Leben gesehen?« Mit diesem Argument hatte sich Alina schließlich durchgesetzt und Eva ihren Busen behalten.
    Bentner setzte je ein Textfeld unter die beiden Figuren, neben das Feld einen OK-Button, öffnete für diesen ein Skriptfeld und begann einzutippen.
    Global Adressat
    On mouseUp me
    Adressant = member(1).text
    Adressat = member(2).text
    Anzahl = Adressant.chars.count()
    If member(Adressant). text <> „“then
    Adressat = 0
    Repeat with a = 1 to Anzahl
    Adressat = Adressat & Adressant.char(Anzahl)
    End repeat
    End
    Er schrieb zwei Wörter in das Textfeld unter der Jungenfigur, zögerte auf den OK-Button zu drücken, zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch durch das offene Fenster vor ihm, wedelte mit der Hand nach. Natürlich würde es Alina dennoch merken und »grrrrrrrrrrrrr« machen.
    Ein Zug. Der Finger auf der Maustaste, der Mauszeiger auf den OK-Button. Und dann.
    hallo du.
    In eine Sprechblase gesagt, die wie aus dem Nichts erschienen war, aus wenigen Lippenbewegungen Evas heraus, einem leichten Hin und Her ihres Kopfes. Bentner tippte in das Textfeld unter Adam. OK-Button.
    hi. Wie gehts dir?
    Adam, der Coole, beim Sprechen wackelt seine Sonnenbrille. Bentner rauchte seine Zigarette fertig, lehnte sich zurück, atmete durch, schloss die Augen und öffnete sie gleich wieder. Er war Schöpfer und Geschöpf zugleich, aber das würde sich ändern. Viele würden kommen und ihr Leben in die Textfelder tippen, es könnte das Paradies sein – na ja, übertreib jetzt nicht –, ein Ort jedenfalls, an dem die Kinder unter den Apfelbäumen im Gras lagen und mit den Schlangen spielten.

    Alles begann damit, dass dieses merkwürdige Mädchen durch die Tür des   Taco’s   trat und Rigo hinter der Theke »Augenkrebs« murmelte. Sie mochte in Bentners Alter sein, nein, ein paar Jahre jünger, eine Mittzwanzigerin mit leiser Angst vor dem 30. Geburtstag, zierlich mit langen schwarzen Haaren, in einem lindgrünen Minirock, unter dem sich eine grell-lila Strumpfhose, von so viel Geschmacklosigkeit peinlich berührt, in ein paar ausgelatschte Bergschuhe flüchtete. Die möglicherweise, aber nicht erkennbar vorhandenen Brüste unter einem schwarzgelben Ringelschlabbershirt, ein blaues Barett keck schräg auf den Haarwellen schaukelnd. Oh mein Gott, dachte Bentner und nickte Rigo zu. Augenkrebs, wenn man noch länger hinguckt.
    Die Frau schaute sich kurz um, streifte auch Bentner mit einem Blick, tänzelte dann zu einem der hinteren Tische und bedachte den dort sitzenden Mann mit einem flüchtigen Kuss. Er war
aufgestanden, hatte seinen blauen Businessanzug mit einigen Streicheleinheiten in Form gebracht, seinen Schlips gekonnt vor dem Ertrinken in einem Bierglas bewahrt.
    Rigo mixte etwas, dessen Farbe wie die Verflüssigung der jungen Frau wirkte, viele bunte Getränke, danach zu einem einzigen Giftgrün verrührt, warf eine halbe Zitronenscheibe darauf und trug es an den Tisch, wobei er sich bemühte, die Frau nicht direkt anzuschauen. Das hatte ihm wohl der Arzt geraten.
    So lernte Nils Alina Marschall kennen, deren Namen er aber erst drei Tage später erfuhr, als sie sich – ohne den Mann – neben Bentner an die Theke hockte, noch grausiger gekleidet als beim ersten Mal: weiter weißer Glockenrock über blutroter Leggins, schwarz glänzende Highheels und das schon bekannte Shirt. »Hallo, Miss Augenkrebs«, sagte Rigo, und Miss Augenkrebs zückte lachend den Stinkefinger. »Wir alten Studentinnenmädis sind zwar geschmacksverirrt, aber wir schleppen immer die geilsten Männer ab.« Etwas, das Bentner in Erinnerung an den Anzugträger sehr bezweifelte.
    »Und wieso lachst du?« Sie fixierte Bentner aus dem Augenwinkel, drehte sich dann zu ihm hin.
    »Weil du die perfekte Strategie hast«, antwortete er. »Jeder Mann, der dich sieht, möchte dich sofort ohne deine Klamotten sehen.«
    Sie hatte ihm einen ihrer grünen Drinks aufgenötigt, etwas sehr Süßes mit erstaunlicher
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