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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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waren. Die Töchter Ihres Bruders?«
    »Laylas Mutter ist meine Schwester.«
    »Auch merkwürdig, dass Sarkovy das nicht aufgefallen ist.«
    »Reden Sie nicht.«
    Draußen waren wieder Schritte zu hören, das Rollen eines Wägelchens, das Zimmermädchen, das für die Beseitigung der Spuren eines stürmischen Beischlafs im Nebenzimmer zu sorgen hatte.
    »Wenn Sie um Hilfe rufen, bringe ich Sie um.«
    Daran zweifelte Bentner keinen Augenblick. Sie würde sich auf ihn stürzen, das Messer vom Bauch weg reißen, sich einfach auf ihn fallen lassen, das Gewicht ihres Körpers eine zusätzliche Waffe. Drüben ging ein Staubsauger heulend an, sie mussten lauter reden.
    »Ihr seid alle schuld.«
    Sie flüsterte es.
    »Nicht einer tötet den anderen, alle töten alle. Ich hätte euch alle umbringen sollen, als ihr wehrlos wart. Vielleicht das Mädchen nicht, die Frau Steinwach.«
    »Warum überhaupt Lisa?«
    »Sie hat mit Anna gesprochen. Im Chat. Konnte man doch ganz leicht an den Pixity-Adressen erkennen. Überrascht, dass ich weiß, was eine Pixity-Adresse ist? Sie werden lachen, aber ich habe mich in Ihre Materie eingearbeitet. Mir auch die Datenbanken angeschaut. Gar nicht so schwer zu verstehen. Und sind ja auch nicht besonders geschützt.«
    Das stimmte leider.
    »Ich wusste das alles nicht.«
    Was für ein mieser Satz, Bentner. Es lag daran, dass er sich auf einmal vorstellte, wie er in das Messer griff und ihm die Klinge ins Fleisch schneiden würde. Was für eine Art Schmerz das ist. Wenn einem der Stahl bis auf die Knochen fährt. Er hatte Angst vor Schmerzen, daran dachte er gerade.
    »Ja, Sie wussten das alles nicht. Ihr habt doch nicht einmal gemerkt, dass ich getrauert habe. Dass ich schwarz trug. Mir eine Woche Urlaub genommen habe für die Beerdigung und das alles. War mir auch recht. Was ging’s euch auch an. Mein Privatleben.«
    »Und dann hat Laylas Freundin zu reden begonnen? Aber sie hat nicht alles gesagt.«
    »Layla hat ihr alles gesagt. Von Anfang an. Ich brauche Ihnen keine Details zu erzählen, die wissen Sie ja schon. Clever. Sich als Mädchen ausgeben, goldenesBlut, gerade mal 15 und liebt andere Mädchen, und meine Kleine … sie vielleicht auch, sie wusste es halt nicht, sie war gerade in die Pubertät gekommen. Und ich habe ihr geraten, doch mal in Pixity vorbeizuschauen. Ich!«
    Das schrie sie jetzt fast, obwohl der Staubsauger nebenan sein Geheul eingestellt hatte.
    »Geh doch mal hin. Das machen die Leute, für die ich arbeite. Die wollen kleinen Kindern helfen. Sie hatte doch Probleme mit Mathe, wissen Sie. Und warum sollte sie nicht mit Gleichaltrigen schreiben? Auch über das, was gerade in ihr vorging, die machten doch das ebenfalls durch. Mein Gott, was war ich naiv!«
    Sie hatte einen Monolog begonnen. Sprach an dem Mann auf dem Bett vorbei, diesem Mann der jetzt merkte, wie der Schweiß auf seinen Handflächen, zwischen seinen Fingern eiskalt wurde. Almuth Neu hielt das Messer nur noch mit einer Hand vor ihrem Bauch, während die andere Bewegungen durch die Luft machte.
    »Ich kenne das Kind, seit es auf der Welt ist. Es hat mich auch nicht verlassen, aber wer versteht das schon. Wir haben doch alle an einen Unfall geglaubt. Aber was wollte sie in dem Hotel? In dieser Kleidung? An diesem Fenster? Warum öffnete sie es? Warum lehnte sie sich hinaus? Dann hat ihre Freundin geredet. Sehr vage. Von einem Jungen namens goldenesBlut, von diesem Nacktfoto. Ich weiß, wann Kinder die Wahrheit sagen oder einen Teil von der Wahrheit auslassen. War ja selber mal Kind. Hab sie richtig belästigt. Angerufen, ihr vor der Schule aufgelauert. Nein, nicht die Schule, vor der Sie gestanden haben. Ich bin Ihnen nachgefahren, weil … weiß nicht. Doch, weil diese Lisa … Sie lag noch immer gefesselt in ihrem Bett und ich habe wohl gedacht, jetzt fährt Bentner zu ihr, weil sie sich nicht meldet, steht doch auf die, steht doch auf junge Mädchen. Irgendwann hat mir die Freundin alles erzählt. Sie konnte nicht mehr. Steckte doch selbst schon so tief drin. Ich krieg das raus, Frau Neu, hat sie gesagt, ich hab mich dort auch angemeldet, aber goldenesBlut hat längst neue Namen, der ist überall, der ist ein Mädchen und ein Junge, aber ich krieg ihn, da ist einer, der redet wie der, der will mich in einen anderen Chat locken, mit Cam und so, dem erzähle ich jetzt was, den locke ich an. Sie soll das lassen, hab ich gesagt. Wenn der rauskriegt, wer du bist. Aber sie wollte nicht. Sie wollte auch nicht
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