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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut
Autoren: Bernst Guben
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Ernesto noch mit. Er spricht nicht nur Pidgin-Englisch, sondern die
Sprache von London.«
»Fernando auch«, sagte Don Hidalgo.
Ibn Kuteiba und Abu Hanufa erhoben sich.
»Vier Pferde also und Proviant. Wenn Ihr Euch gut verkleidet, Señorita, dann müßten wir
eigentlich ohne Zwischenfall nach Kalkutta kommen.«
»Inschallah !« sagte Abu Hanufa.

    8

    Wie allmorgendlich trommelten schon um sechs Uhr die Fäuste des Wärters gegen die Zellentür. Michel schob die dünne Wolldecke zur Seite. Er war noch schlaftrunken.Die anhaltend schlechte Luft in dem kleinen Raum hatte ihn seine ursprüngliche Frische einbüßen lassen. Ein wenig schwerfällig erhob er sich, streckte die bleiernen Glieder und gähnte. Noch benommen vom Schlaf ging er zur Tür und nahm das Essen entgegen, das der Kalfaktor hineinreichte.
    »Aufstehen, Decken falten und abgeben«, kam die unangenehme Stimme des Aufsehers durch das Guckfenster.
    Michel machte sich daran, Ojo zu wecken. Der kleine Jardín war schon auf den Beinen. Es bedurfte stets ihrer gemeinsamen Anstrengung, den Kameraden aus dem Traumland in die Wirklichkeit zurückzuholen.
    Nach einer Weile ließ Ojo das erste grunzende Geräusch hören. Dann kam ein »Demonio, qué
hay?« von seinen Lippen, dem ein langgezogenes »Aaah« folgte. Und dann war er endlich wach.
»Decken abgeben«, keifte der Kalfaktor schon wieder.
»Halt 's Maul«, brummte Ojo.
    Er nahm seine Decke, knüllte sie zusammen und stopfte sie durch die Türklappe.
    »Du sollst die Decke falten, du langes Untier«, zeterte der Wächter. »Was meinst du, wieviel ich zu tun hätte, wenn jeder seine Decke so abgeben wollte!«
    Ojo, der jeden Morgen vor Wut kochte, wenn man ihn so zeitig aus dem Schlaf riß, ballte die Faust, holte aus und schlug gegen den Deckenknäuel.
    »Au verwünscht«, brüllte der Mann draußen auf; denn die Decke war so hart zusammengeknüllt, daß ihn der Schlag, der ihn an der Nase traf, empfindlich schmerzte.
    Michel und Jardín saßen längst auf ihren Pritschen, tranken den dampfenden Tee und ließen sich das Weißbrot schmecken. Die Verpflegung war gut.
    »Möchte wissen, warum diese Ochsen uns schon um sechs Uhr wecken. Das ist doch ein ordentliches Gefängnis und keine Kaserne.«
    Der Pfeifer und Jardín lächelten und schwiegen. Was sollten sie dazu auch sagen? Ojo schimpfte jeden Morgen mindestens eine Stunde lang im gleichen Ton.
    Als Michel mit dem Essen fertig war, nahm er seinen Gürtel und kratzte mit der Schnalle einen Strich in den Verputz der Wand. Es waren schon viele Striche da.
    »Ja«, sagte er, und in seiner Stimme lag eine Niedergeschlagenheit, wie man sie bei ihm sonst nicht gewohnt war. »Heute ist der Tag, an dem wir spätestens hätten in Akjab sein müssen.« »Aus«, sagte Jardín und hörte auf zu kauen.
    »Quatsch«, brummte Ojo, »nichts ist aus. Oder was meint Ihr, Señor Doktor?«
    ,»Aus wäre zuviel gesagt. Das Leben geht immer weiter. Aber ich fürchte, die Verbindung zu unseren Freunden ist nun ein für allemal zerrissen.«
    Er lehnte sich mit dem Kopf an die kahle Wand und blickte zur Decke. Nach einer Weile sagte er:
    »Einer von uns muß krank werden. Man könnte vielleicht den Kalfaktor niederschlagen, wenn er den Eimer abholt. Aber was ist, selbst wenn wir aus dem Gefängnis kommen? Wir wissen nicht, wo unsere Pferde sind. Wir haben keine Ahnung, wie schnell die Polizei in der Stadt reagieren wird.«
    Ojo zog sich seinen linken Stiefel an und stapfte mit dem bewehrten Bein auf den Boden.
    »Wenn man die Mauer durchbrechen könnte, um heimlich zu entkommen!«
    Er zog sich auch den anderen Stiefel an und stampfte in der Zelle auf und ab.»Es wird uns nichts
weiter übrigbleiben, als auf unsere Deportation zu warten«, seufzte Jardín. »Was meint Ihr,
wohin werden sie uns abschieben?«
»Wahrscheinlich nach England«, sagte Michel.
»Da waren wir überhaupt noch nicht«, ergänzte Ojo mit Galgenhumor. »Möchte wissen, wie die
Kerle aussehen, die da auf dieser nebligen Insel leben.«
Das Gespräch schlief wieder ein.

    9

    Acht Tage später.
    Vier unauffällige, der Landessitte entsprechend gekleidete Gestalten ritten in Kalkutta ein. Die
Reiter waren von Kopf bis Fuß mit einer Staubschicht bedeckt. Man sah den Tieren an, daß sie
einen anstrengenden Weg hinter sich hatten.
»So«, sagte Marina, »das hätten wir also geschafft.«
Ihre drei Begleiter nickten zustimmend.
»Und nun?« fragte Ibn Kuteiba.
    »Suchen wir uns ein Hotel oder ein Rasthaus oder etwas
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