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Pippi Langstrumpf

Pippi Langstrumpf

Titel: Pippi Langstrumpf
Autoren: Astrid Lindgren
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so aus:
    Ihr Haar hatte dieselbe Farbe wie eine Möhre und war in zwei feste Zöpfe geflochten, die vom Kopf abstanden. Ihre Nase hatte dieselbe Form wie eine ganz kleine Kartoffel und war völlig mit Sommersprossen übersät. Unter der Nase saß ein wirklich riesig breiter Mund mit gesunden weißen Zähnen. Ihr Kleid war sehr komisch. Pippi hatte es selbst genäht. Es war wunderschön gelb; aber weil der Stoff nicht gereicht hatte, war es zu kurz, und so guckte eine blaue Hose mit weißen Punkten darunter hervor. An ihren langen dünnen Beinen hatte sie ein Paar lange Strümpfe, einen geringelten und einen schwarzen.
    Und dann hatte sie ein Paar schwarze Schuhe, die genau doppelt so groß waren wie ihre Füße. Die Schuhe hatte ihr Vater in Südamerika gekauft, damit sie etwas hätte, in das sie hineinwachsen könnte, und Pippi wollte niemals andere haben.
    Worüber Thomas und Annika besonders die Augen
    aufsperrten, das war der Affe, der auf der Schulter des fremden Mädchens saß. Es war eine kleine Meerkatze mit blauen Hosen, gelber Jacke und einem Strohhut.
    Pippi ging die Straße entlang. Sie ging mit dem einen Bein auf dem Bürgersteig und mit dem anderen im Rinnstein.
    Thomas und Annika sahen ihr nach, solange sie sie sehen konnten. Nach einer Weile kam sie zurück. Aber jetzt ging sie rückwärts. Das tat sie, damit sie sich nicht umzudrehen brauchte, wenn sie nach Hause ging. Als sie vor Thomas’ und Annikas Gartentür angekommen war, blieb sie stehen. Die Kinder sahen sich schweigend an. Schließlich sagte Thomas:
    „Warum bist du rückwärts gegangen?“
    „Warum ich rückwärts gegangen bin?“ sagte Pippi. „Leben wir etwa nicht in einem freien Land? Darf man nicht gehen, wie man will? Übrigens will ich dir sagen, daß in Ägypten alle 12

    Menschen so gehen, und niemand findet das auch nur im geringsten merkwürdig.“
    „Woher weißt du das?“ fragte Thomas. „Du warst doch wohl nicht in Ägypten?“
    „Ob ich in Ägypten war? Ja, da kannst du Gift drauf nehmen!
    Ich war überall auf dem ganzen Erdball und habe noch viel komischere Sachen gesehen als Leute, die rückwärts gehen. Ich möchte wissen, was du gesagt hättest, wenn ich auf den Händen gegangen wäre wie die Leute in Hinterindien.“
    „Jetzt lügst du“, sagte Thomas.
    Pippi überlegte einen Augenblick.
    „Ja, du hast recht, ich lüge“, sagte sie traurig.
    „Es ist häßlich, zu lügen“, sagte Annika, die jetzt endlich wagte, den Mund aufzumachen.
    „Ja, es ist sehr häßlich, zu lügen“, sagte Pippi noch trauriger.
    „Aber ich vergesse es hin und wieder, weißt du. Und wie kannst du überhaupt verlangen, daß ein kleines Kind, das eine Mutter hat, die ein Engel ist, und einen Vater, der Negerkönig ist, und das sein ganzes Leben lang auf dem Meer gesegelt ist, immer die Wahrheit sagen soll? Und übrigens“, fuhr sie fort, und sie strahlte über ihr ganzes sommersprossiges Gesicht,
    „will ich euch sagen, daß es in Nicaragua keinen einzigen Menschen gibt, der die Wahrheit sagt. Sie lügen den ganzen Tag, Sie fangen früh um sieben an und hören nicht eher auf, als bis die Sonne untergegangen ist. Wenn es also passieren sollte, daß ich mal lüge, so müßt ihr versuchen, mir zu verzeihen und daran zu denken, daß es nur daran liegt, daß ich etwas zu lange in Nicaragua war. Wir können wohl trotzdem Freunde sein, nicht wahr?“
    „Ja, gewiß“, sagte Thomas und wußte plötzlich, daß der Tag heute sicher keiner der langweiligen werden würde.
    „Warum könnt ihr übrigens nicht bei mir frühstücken?“
    fragte Pippi.
    „Ja, ganz richtig“, sagte Thomas, „warum können wir das 13

    nicht? Kommt, wir gehen!“
    „Ja“, sagte Annika, „jetzt sofort.“
    „Aber erst muß ich euch Herrn Nilsson vorstellen“, sagte Pippi.
    Und da nahm der kleine Affe den Hut ab und grüßte höflich.
    Und nun gingen sie durch die verfallene Gartentür der Villa Kunterbunt den Kiesweg entlang, an dessen Rändern moosbewachsene Bäume standen, richtig feine Kletterbäume, und hinauf zur Villa und auf die Veranda.
    Da stand das Pferd und fraß Hafer aus einer Suppenschüssel.
    „Warum in aller Welt hast du ein Pferd auf der Veranda?“
    fragte Thomas.
    Alle Pferde, die er kannte, wohnten in einem Stall.
    „Tja“, sagte Pippi nachdenklich, „in der Küche würde es nur im Wege stehen. Und im Wohnzimmer gefällt es ihm nicht.“
    Thomas und Annika streichelten das Pferd, und dann gingen sie ins Haus. Da war eine Küche und
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