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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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sagen: Der Mörder hat sie durch den halben Wald gezogen!«
    »Was?«
    »Ja, darauf deuten auch die abgeschliffenen Fersenknochen und die tief eingeriebenen Sandkörner hin«, erläuterte der Gerichtsmediziner und forderte Tannenberg mit eindeutigen Gesten dazu auf, sich die Angelegenheit aus der Nähe zu betrachten – was der Kriminalist aber dankend ablehnte.
    »Das heißt, der Täter oder die Täterin, wie du richtig bemerkt hast, ist nicht, wie wir bisher angenommen haben, zum Fuß des Pfaffenbrunnens gefahren und hat die Leiche dann die letzten zwanzig Meter zum obersten Felsen hochgeschleppt, sondern hat sie längere Zeit über Waldboden und Sandsteine geschleift. Warum macht man denn so was?«
    »Keine Ahnung, Wolfram, das ist dein Job!«
    »Da muss die Spurensicherung sofort nochmal raus! Das haben diese Blindgänger vorhin garantiert nicht bemerkt. Die müssen die Schleifspuren zurückverfolgen bis zu dem Platz, wo der Täter geparkt hat, und dort alle Reifenabdrücke sicherstellen«, rief Tannenberg aufgebracht und instruierte umgehend via Handy die Kriminaltechniker.
    Dann wandte er sich wieder dem Pathologen zu. »Kannst du schon was Genaueres zur Tatwaffe sagen?«
    »Also, ich denke, dass der Gegenstand, mit dem die Frau tödlich verletzt wurde, rund, sehr spitz und ziemlich lang gewesen sein muss. Es kann sich weder um etwas Kantiges gehandelt haben, noch um ein Messer, denn es sind keine Einrisse oder Schnittstellen in der Wunde zu finden. Der Stichkanal ist ganz waagrecht. Es war also kein Zustoßen von oben oder unten, denn dann hätte ich mehr Blutungen und Einrisse in der Wunde in eine bestimmte Richtung finden müssen. Das muss so was wie eine überdimensionale Akupunkturnadel gewesen sein – allerdings mit wenig heilsamer Wirkung«, scherzte der Gerichtsmediziner und lauschte für einige Sekunden andächtig dem Nachhall dieser nach seiner Meinung sehr gelungenen Formulierung.
    Obwohl Tannenberg mit dem Gerichtsmediziner seit vielen Jahren befreundet war, vermochte er manchmal dessen makaberen Humor einfach nicht nachzuvollziehen.
    »Schau dir das hier mal etwas genauer an«, forderte Dr. Schönthaler den Hauptkommissar zur eingehenderen Begutachtung der Wunde auf, nachdem er sich ausgiebig an seinen letzten Worten gelabt hatte.
    »Es reicht völlig, wenn du mir das in deinen Bericht schreibst. Hast du sonst noch was Außergewöhnliches entdeckt?«, fragte der Kriminalbeamte, der sich inzwischen demonstrativ ein paar Meter von der aufgebahrten Toten entfernt hatte.
    »Ja gut, meine Hypothese hinsichtlich der Fesselung der Frau wird noch untermauert durch Schürfwunden an der Kinnunterseite, die darauf hindeuten, dass der Täter wahrscheinlich mit einer breiten Binde oder einem Gürtel den Kopf fixiert hat. Bevor er …«
    »Bevor er was?« fragte Tannenberg ungeduldig dazwischen.
    »Bevor er … – das ist wirklich unglaublich!«
    »Los, mach’s nicht so spannend!«
    »Bevor er genau platziert zwischen dem 6. und 7. Rippenbogen diesen spitzen Gegenstand langsam eingeführt hat.«
    »Wie langsam eingeführt?«, fragte der Ermittler stirnrunzelnd.
    »Na ja, der Täter hat nicht fest zugestoßen, so wie zum Beispiel bei einem Messerstich, den man mit voller Kraft ausführt, sondern er hat geradezu in Zeitlupe dieses Ding bis zum Herzen reingedrückt. Dieser Mensch – ist das eigentlich noch ein Mensch, so eine abartige Kreatur?«
    »Mach weiter, Rainer, los!«, drängte Tannenberg.
    »Der muss mit diesem Ding den rasenden Herzschlag seines Opfers gespürt haben. Und weißt du, was er dann gemacht hat?«
    »Was?«
    »Dann hat er fest zugedrückt und das pulsierende Herz der Frau durchstoßen. So wie man ein Hähnchen auf einen Grillspieß steckt.«
    »Unglaublich!«
    »Komm mal näher!«, forderte der Pathologe und wartete, bis der Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission direkt neben ihm stand. Dann zeigte er mit der Pinzette, die er immer noch in der Hand hielt, auf den Oberkörper der Toten. »Siehst du hier vorne das kleine Loch unter der Brust?«
    »Ja.«
    »Da ist die Spitze dieses Gegenstandes ausgetreten, nachdem sie gewaltsam durch das Rippenfell zwischen der 6. und 7. Rippe gestoßen wurde.«
    Für einige Sekunden herrschte völlige Stille in dem weiß gefliesten Obduktionsraum.
    »Woher weißt du denn, dass dieser perverse Mistkerl nicht langsam das Ding vorangetrieben hat, sondern plötzlich fest zugestoßen hat?«, fragte Tannenberg immer noch sichtlich schockiert.
    »Ganz einfach,
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