Pilze für Madeleine
meinen Kognaten. «
Sie hob die Augenbrauen.
»Eine Verwandte mütterlicherseits«, sagte ich und fügte hinzu: »Ich habe es gerade gelernt.«
Ich zeigte ihr die Seite mit »Erweitern Sie Ihren Wortschatz«.
»Diese Seite schaue ich mir immer an. Ich versuche, so viele Wörter wie möglich zu lernen«, sagte ich.
Sie beugte sich über meine Knie und griff nach dem Heft, das neben mir auf der Bank lag.
»Okay«, sagte sie und blätterte. »Da wollen wir mal sehen, was du schon kannst.«
Und dann hörte sie mich Wörter ab. Nach einer Weile sprang sie zurück in das Boot und schöpfte weiter. Ich saß am Rand des Bootsstegs und hörte sie ab. Dann sprang ich ins Boot, und sie ruderte ein Stück aufs Meer hinaus. Beim Rudern summte sie vor sich hin.
»Was singst du denn da?«
»Samborombon ist ein kleines Dorf ohne Straße«, sagte sie. »Kannst du es singen?«
»Nein, aber ich habe es schon mal gehört.«
»Es geht so.«
Sie sang fast übertrieben deutlich. Sie hatte eine richtig hübsche Stimme. Nach einer Weile sang ich mit.
So hat es angefangen. Wir ruderten und sangen und erweiterten unseren Wortschatz.
»Ich erkenne dich kaum wieder«, sagte Agneta. »Zu Hause warst du ein ganz anderer Mensch.«
»Gehört das Boot euch?«
Wir waren zum Bootssteg zurückgerudert und vertäuten gemeinsam das Boot.
»Nein«, sagte sie und kämpfte mit dem rostigen Karabinerhaken. »Es gehört unseren Vermietern, aber wir können es benutzen.«
Sie beugte sich über den Rand des Boots und zeigte ihren hübschen kleinen Po, den sie in die Höhe streckte wie eine tauchende Ente.
Ich kletterte über die Sitzbänke, um ihr mit dem Karabiner zu helfen. Sie wollte ihn nicht loslassen, schob mich mit dem Ellenbogen beiseite und mühte sich mit ihren starken kleinen Händen weiter ab. Ich sog den Duft ihres frischen Schweißes ein.
»Dann können wir vielleicht noch einmal zusammen hinausrudern?« fragte ich vorsichtig.
Sie schwieg eine Weile, war ganz auf ihre Tätigkeit konzentriert. Ich wartete und sah, wie die Muskeln in ihrem Oberarm sich bewegten. Es klickte, als der Haken endlich in den Metallring des Boots einschnappte. Sie drehte sich zufrieden zu mir um.
»Ja«, sagte sie.
»Wohin möchtest du rudern?« fragte ich.
»Ich weiß nicht. Ich bin nicht von hier. Wohin könnte man rudern?«
»Ich bin auch nicht von hier.«, sagte ich, »Nur irgendwie.«
Sie schaute mich fragend an.
»Das erkläre ich dir ein anderes Mal«, sagte ich und freute mich über die Neugier in ihren Augen.
Dann hatte ich eine Idee.
»Wir können Netze auslegen.«
»Hast du denn ein Netz?« fragte sie zaghaft.
»Meine Verwandten haben bestimmt eines, das sie uns leihen können.«
»Hast du schon mal Netze ausgelegt?«
»Nein«, sagte ich ehrlich. »Du?«
»Noch nie.«
»Wollen wir uns heute abend hier treffen?« fragte ich.
Sie nickte und schaute mich ernst an.
»Du bist wirklich anders, Gunnar.«
»Du bist auch anders«, sagte ich.
»Ich? Ich bin so, wie ich immer war«, sagte sie erstaunt.
»Nein, du bist anders. Ich habe dich fast nicht erkannt.«
»Das ist die Umgebung«, sagte sie »Man sieht in einer anderen Umgebung anders aus.«
Vielleicht war es so. Wir waren aus dem Wald herausgekommen. Wir hatten einander erkannt.
»Bis heute abend«, sagte sie.
25
Onkel Börje lieh mir ein Netz – er nannte es Garn.
Wir schafften es tatsächlich, das Netz ins Wasser zu bekommen.
Und wir schafften es, das Netz am nächsten Morgen wieder herauszuholen. Und zu meiner großen Überraschung war es voller Fische: Dorsche, Weißfische und kleine zappelnde Schollen. Es war unglaublich, daß uns Anfängern ein so reicher Fang vergönnt war. Daß die Fische sich während der Nacht hier eingefunden hatten, während wir in unseren Betten schliefen.
Agneta befreite die Fische wie selbstverständlich aus den Maschen und warf sie in einen Eimer.
Als wir die Fische auf dem Bootssteg ausnahmen, fühlte ich mich so glücklich und reich beschenkt wie nie zuvor. Ich erfreute mich sogar an den Quallen, die so zauberhaft durchsichtig blau waren. Und die Seesterne!
Ein älteres Paar kam vorbei, sie trugen Bademäntel und wollten ihr Morgenbad nehmen. Sie grüßten nickend.
»Guten Morgen«, rief ich glücklich. »Wie wäre es mit Fisch zum Mittagessen? Hier, nehmt einen Dorsch. Oder auch zwei.«
In einem Anfall von Großzügigkeit drückte ich ihnen die Fische in die Hand. Sie dankten erschrocken und gingen schnell weiter.
Wir teilten
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