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Pilger des Zorns

Pilger des Zorns

Titel: Pilger des Zorns
Autoren: Uwe Klausner
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Alles andere hat dahinter zurückzustehen. Husine č ist zu wichtig, als dass wir sein Leben aufs Spiel hätten setzen können. Noch so ein Schlag wie die Aburteilung von Hus, und unsere Bewegung wäre am Ende. Die Papisten folglich obenauf. Das muss ich dir wohl nicht extra erklären. Und damit, Bruder, wäre wohl niemandem gedient. Am allerwenigsten uns, die wir uns seine Befreiung vom römischen Joch auf die Fahnen geschrieben haben.«
    Der mit Helm, Kettenhemd und wattiertem Wams bekleidete Haudegen nickte. »Und was jetzt?«, brummte er, während sein Wallach ungeduldig mit den Hufen scharrte.
    »Jetzt werden wir tun, was getan werden muss«, erwiderte der Finsterling, rückte seinen Schwertgurt zurecht und gab seinem Rappen die Sporen.
    »Staniž se! [29] «, bekräftigte der Bewaffnete und sprengte ihm mit wehendem Umhang hinterher.

     
    H

     
    »Wie ich meine Sprache wiedergefunden habe, wollt Ihr wissen?«, ahnte Caelina Bruder Hilperts Frage voraus. »Jedenfalls nicht durch ein Wunder.«
    »Wodurch dann?«
    »Nun, ich denke, es gibt da jemanden, der großen Anteil daran hat«, flüsterte Caelina und schlug die Augen nieder, nachdem sie mit dem Schiffsjungen einen flüchtigen Blick ausgetauscht hatte. Pavel errötete bis in die Haarspitzen und trat nervös von einem Bein aufs andere.
    Trotz der bedrückenden Stille in der Kajüte konnte sich Bruder Hilpert ein Lächeln nicht verkneifen. »Und wodurch noch?«
    »Durch den Anblick von Malachias«, antwortete Caelina und schluckte. »So etwas habe ich nicht gewollt.«
    Bruder Hilpert, vor dessen innerem Auge ihre Messerattacke auf Malachias aufblitzte, wischte derlei Gedanken beiseite und fragte: »Und das, obwohl er dir so viel Leid zugefügt hat?«
    Caelina nickte. »Ich hätte ihn umbringen können, Bruder. So wahr Gott mein Zeuge ist. Das ging so weit, dass ich nicht einmal mehr gewusst habe, was ich tat. Wärt Ihr nicht gewesen – wer weiß, was ich mit dem Dolch angestellt hätte.« Die junge Frau pausierte, sah zuerst ihren Bruder, dann ihre Mutter mit tränenfeuchten Augen an. »Und dennoch –«, schluchzte sie, »was heute Nacht passiert ich, habe ich nicht gewollt. Schlimm genug, dass ich das alles habe mit ansehen müssen.«
    »Hauptsache, es ist vorbei.« Es waren die ersten Worte, die der Schiffsjunge seit längerer Zeit von sich gegeben hatte, und die Art, wie er dies tat, nötigte Bruder Hilpert ein erneutes Schmunzeln ab. Caelina lächelte ihn dankbar an, woraufhin sich Pavel ein Herz fasste, die Kajüte durchquerte und sich schützend vor sie stellte. »Dir wird nichts geschehen«, bekräftigte er in einem Ton, der Zweifel an seiner Entschlossenheit erst gar nicht aufkommen ließ.
    »Finger weg von meiner Tochter!«, polterte die Matrone, bislang vor Schreck wie gelähmt, urplötzlich los. »Sonst kannst du dreckiger tschechischer Tunichtgut was …«
    »Lasst gut sein, Frau Mutter«, erstickte Coelestinus ihren Wutanfall im Keim. »Jeglicher Widerstand ist sinnlos.«
    »Sinnlos?«, schrie die Tuchhändlerwitwe, außer sich vor Zorn. »Wohl plötzlich kalte Füße bekommen, was? Aber so etwas sieht dir Jammerlappen ja ähnlich. Anstatt deiner Mutter zur Seite zu stehen, drehst du dein Fähnchen nach dem Wind. Ist ja auch bequemer so.« Krebsrot im Gesicht, walzte die Matrone auf Coelestinus zu. »Soll ich dir mal was sagen?«, schäumte sie, während sie eine Reihe giftgelber Zähne entblößte. »Du bist der jämmerlichste Feigling, der mir je über den Weg gelaufen ist!«
    »Findet Ihr?« Mit stoischer Gelassenheit, die angesichts der Situation grotesk anmutete, öffnete Coelestinus das Lederetui, das er an seinem Gürtel trug, entnahm ihm eine Phiole und leerte ihren Inhalt in einem Zug. Dann gab er sie an die Matrone weiter. »Schade, dass nichts mehr für Euch drin ist, Mutter«, fügte er mir samtweicher Stimme hinzu, wobei er das letzte Wort ganz besonders betonte. Dann wich er zurück, verlor das Gleichgewicht und prallte gegen die Kajütenwand. Dort verharrte er regungslos, die Augen weit offen und die Arme von sich gestreckt. Nur um dann, mit einem Seufzer, der wie ein unterdrückter Schrei anmutete, tot zusammenzubrechen.
    Caelina schlug die Hände vors Gesicht, und wäre Pavel nicht in ihrer Nähe gewesen, wäre sie zusammengebrochen. So aber konnte sie sich gerade noch auf den Beinen halten und brach in hemmungsloses Schluchzen aus.
    »Und was kommt als Nächstes?«, fragte von Henneberg, der als Erster die Sprache
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