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Phobia: Thriller (German Edition)

Phobia: Thriller (German Edition)

Titel: Phobia: Thriller (German Edition)
Autoren: Wulf Dorn
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hatte eine beruhigende Wirkung auf sie. Er gab ihr ein sicheres Gefühl, auch wenn sie das ihm gegenüber verschwieg, weil es sich in ihren Ohren kindisch anhörte.
    »Stephen?« Sie dämpfte ihre Stimme, da das Treppenhaus recht hellhörig war. »Warum bist du schon wieder zurück?«
    Der Lichtstreifen kam vom halb geöffneten Kühlschrank. Stephen stand hinter der Tür, sodass sie nur seine Beine sah. Wie immer inspizierte er zuerst die Lebensmittel, ehe er sich für etwas entschied.
    Und da auf einmal begann Sarahs Herz wieder zu rasen.
    Diese Beine , schoss es ihr durch den Kopf, und sie spürte etwas Eiskaltes, das ihre Wirbelsäule entlangkroch. Was ist mit Stephens Beinen los?
    Dieser scheinbar irrationale Gedanke kam ihr so plötzlich, dass sie zunächst nicht verstand, warum eine derart heftige Beunruhigung damit einherging. Doch gerade als ihr klar wurde, dass diese Beine viel zu dünn und zu lang für Stephens Anzughose waren, sodass sie seine braunen Socken zwischen Hosensaum und Schuhen erkennen konnte, trat er einen Schritt zurück, und Sarah versteinerte vor Schreck.
    Es war nicht Stephen. Der Mann hatte sich wie Stephen angehört , er hatte sich wie Stephen bewegt , er trug Stephens Anzug, hatte Stephens Koffer und Mantel bei sich und Stephens Schlüsselbund benutzt, aber er war nicht Stephen.
    Vor Entsetzen wie gelähmt starrte sie ihn an. Der Unbekannte war größer als ihr Mann, er musste ihn um mindestens einen Kopf überragen. Er war hager, als ob er lange Zeit gehungert hätte, doch das ließ ihn nicht weniger bedrohlich erscheinen. Im Gegenteil, trotz seiner krankhaft dürren Statur machte er einen auf absurde Weise kräftigen Eindruck.
    Sarah fielen drei Worte ein.
    Groß. Sehnig. Schnell .
    Am meisten jedoch erschreckte sie sein Gesicht.
    Nein, das ist kein Gesicht , dachte sie entsetzt. Es ist eine Fratze. O Gott!
    Die Züge des Eindringlings waren von zahllosen Brandnarben entstellt, die im fahlen Licht des noch immer geöffneten Kühlschranks wie eine Maske wirkten. Eine Maske, die man vielleicht zu Halloween trug und bei der man sicher sein konnte, dass man damit Leute auf der Straße erschrecken würde.
    Doch dieses entstellte Gesicht, das sie unter den dichten blonden Stoppelhaaren ansah, mit all den rötlichen Erhebungen, die einer makabren topografischen Karte glichen, war nicht aus Latex oder Plastik. Es war keine Maske. Es war aus Fleisch und Blut.
    Und dann verzog sich diese Fratze zu einem Lächeln.
    »Hallo, Liebling.«
    Seine Stimme klang tiefer als die von Stephen, und sie hörte sich irgendwie knarrend an, als sei nicht nur sein Gesicht, sondern auch seine Stimmbänder voller Narben.
    »Haben wir noch etwas von der Mortadella übrig?«
    Ihr Blick fiel auf seine Hand mit dem Teller, auf dem zwei Brotscheiben, eine kleine Portion Mixed Pickles und ein Messer lagen. Ihr schärfstes Küchenmesser, mit dem man sich leicht in den Finger schneiden konnte, wenn man nicht aufpasste. Das hatte sie selbst schon schmerzlich erfahren müssen.
    Das ist nur ein Traum. Es muss ein Traum sein! Harvey hat neulich in der Küche einen schwarzen Hund gesehen, und ich sehe jetzt in der Küche diesen Mann. Bestimmt werde ich gleich aufwachen. Ja, so wird es sein.
    »Du bist so blass. Ist alles in Ordnung mit dir?«
    Die Albtraumversion ihres Mannes musterte sie aufmerksam, und Sarah wurde klar, dass sie nicht träumte. Wem immer sie gerade auch begegnete, es gab ihn wirklich. Er stand leibhaftig vor ihr. Sie roch den Essig der Pickles tatsächlich, spürte die Kälte aus dem Eisschrank, sah den Narbenmann – und das Messer auf dem Teller.
    »Wer sind Sie?«
    Ihre Stimme war belegt, kaum mehr als ein heiseres Flüstern.
    »Schade.« Er zuckte mit den Schultern, stellte den Teller auf der Arbeitsfläche neben der Butterdose ab und nahm das Messer in die Hand. »Ich musste während der ganzen Fahrt an die Mortadella denken.«
    »Wer, zum Teufel, sind Sie?«
    Er ging nicht auf ihre Frage ein. »Hast du gesehen?«, fuhr er ungerührt fort. »Ich habe dir Blumen mitgebracht.« Er deutete mit der Klinge zum Küchentisch, wo in einer bauchigen Glasvase tatsächlich ein frischer Blumenstrauß stand. »Und sei mir nicht böse, aber ich habe Harvey nun doch die Spielkonsole gekauft. Ich weiß, du bist dagegen, aber er wünscht sie sich doch so sehr. Wir sollten sie ihm zu Weihnachten schenken.«
    Sarah spürte, dass sie kurz davor stand, in Panik zu verfallen, und es kostete sie immense Kraft, sich
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