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Philosophische Anthropologie

Philosophische Anthropologie

Titel: Philosophische Anthropologie
Autoren: Gerald Hartung
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menschlicher Gehirnfunktionen (Neurologie) oder aber die überindividuelle Summe kultureller Leistungen des Menschen (Kulturtheorie) erfasst.
    Kultur
    Unter »Kultur« wird nicht bloß die produktive Tätigkeit (etwa das Sprechen), sondern vor allem das Produkt der kulturellen Tätigkeiten (zum Beispiel die Sprache) verstanden. Kultur ist die Summe menschlicher Tätigkeit, die – ob absichtsvoll oder nicht – auf die Schaffung einer zweiten Natur, das heißt einer spezifisch menschlichen Lebenssphäre abzielt.
    Leben
    Der Lebensbegriff umfasst die physische wie die geistige Seite menschlicher Existenz, das natürliche wie auch das geistige Leben. In einem engeren, biologischen Sinn meint »Leben« den Zusammenhang und Ablauf von Reaktionen in natürlichen Organismen. Gegen diese Vorstellung opponieren die Philosophie des Organischen, die Lebensphilosophie und die Theologie. Sie verweisen darauf, dass menschliches Leben, das sich selbst zu verstehen sucht, einen überbiologischen, also existenzial-hermeneutischen oder metaphysischen Sinn hat.
    Monismus
    In einem allgemeinen Verständnis bedeutet »Monismus« die Zurückführung einer Vielheit auf eine Einheit. Im 19. Jahrhundert ist der ältere Monismus (wie er sich etwa bei Demokrit oder bei Spinoza gefunden hatte) zu einem ethischen, soziologischen, biologischen und ontologischen Konzept aufgefächert worden und im deutschen Darwinismus zu einer populären Weltanschauung geworden. Der moderne Monismus wendet sich vor allem gegen den anthropologischen Dualismus von Geist und Körper und führt alle naturhafte und geschichtliche Entwicklung auf ein Substanz- oder Lebensgesetz zurück.
    Natur
    Das Konzept »Natur« unterliegt einem ständigen Wandel und wird vieldeutig gebraucht. Neben der Vorstellung einer von Gott geschaffenen, aber eigenwirksamen Ordnung der Dinge (natürliche Theologie) gab es lange Zeit auch die Vorstellungen einer ungeschaffenen und in ihren Grundstrukturen unveränderlichen physischen und organischen Ordnung (aristotelische Naturphilosophie) und einer pantheistischen Naturordnung (zum Beispiel bei Goethe). Seit [140] sich mit Darwin die Naturwissenschaften von der Naturphilosophie und natürlichen Theologie emanzipiert haben, wird der Begriff »Natur« zumeist in einem metaphorischen Sinn verwendet und bleibt ein Verlegenheitsbegriff zur Beschreibung einer komplexen Summe von ungerichteten, nicht beherrschbaren Bewegungsmomenten im physisch-organischen Bereich.
    Substanz/Substanzbegriff
    »Substanz« heißt das Wesen einer Sache, also dasjenige, was sich im Wandel der Erscheinungen als unveränderlich erweist. Die seit dem frühen 19. Jahrhundert voranschreitende Auflösung von Substanzbegriffen in Funktionsbegriffe, die über den Umweg der mathematisch-physikalischen Wissenschaften auch auf die Philosophie zurückwirkte, hat insbesondere im anthropologischen Denken zu weitreichenden Konsequenzen geführt. Gemeint ist die Verabschiedung des »Konzepts Mensch« als Substanzbegriff zugunsten einer unbestimmten, aber der Bestimmbarkeit zugänglichen Funktionseinheit (das »Mängelwesen«, das »animal symbolicum«, der »homo creator«).
    Teleologie/Teleologisches Denken
    Teleologie ist die aristotelische Lehre von den Naturzwecken und Zweckmäßigkeiten in der organischen Welt, die erst im 18. Jahrhundert auf den Begriff gekommen ist. Die überlieferten Vorstellungen einer transzendenten Teleologie (Schöpfungstheologie) und einer immanenten Teleologie (Entelechiekonzept) konkurrieren seit dem 19. Jahrhundert mit einer ateleologischen Naturbetrachtung. In der neueren philosophischen Anthropologie und Kulturtheorie wird daraus die Konsequenz gezogen, dass nur im Hinblick auf die kulturelle Existenz des Menschen überhaupt von zweck- und absichtsvollem Geschehen sinnvoll die Rede sein kann.

[141]
Zeittafel
    Antike
    Bei den Vorsokratikern, von Heraklit (um 500 v. Chr.) bis Demokrit (ca. 460 – 371 v. Chr.), steht die Anthropologie im Zeichen kosmologischer Hypothesen. Protagoras (ca. 485 – 410 v. Chr.) allerdings erklärt den Menschen zum Maß aller Dinge. Der platonische Sokrates löst den Blick auf den Menschen aus kosmologischen Überlegungen heraus und wendet ihn dem Leben in der Polis zu. So wird bei Platon die politische Ordnung zum Maß des Menschen. Aristoteles stellt den Menschen in die Natur, der er als tätiges Gattungswesen angehört. Die römische Stoa entwickelt eine Theorie der Lebensführung. Im Moment des Untergangs dieses
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