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Pferdekuss

Pferdekuss

Titel: Pferdekuss
Autoren: Christine Lehmann
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gewandt, »dass du noch einmal an die Bremsen meines Autos gegangen bist. Dabei hättest du nur bis morgen warten müssen. Dann wäre ich wieder weg gewesen. Für immer. Aber so ist mir klar geworden, dass Todt ermordet wur de. Und es kam nur jemand in Frage, der damals schon auf dem Hof war. Also Hajo nicht.
    Außerdem hätte er ein S nicht von einem RT auf dem Nummernschild unterscheiden können. Es war pure Dummheit von dir, darauf zu setzen, dass ein Bremsversagen immer den Tod der Insassen zur Folge hat. Das klappt nur einmal. Außerdem hat meine Mutter einen Schutzengel.«
    »Wollen Sie damit sagen«, sagte Feil, »dass Ihr Unfall gestern kein Unfall war? Wieso steht davon nichts in Weckeries Protokoll?«
    »Weil es nicht beweisbar ist.«
    »Du kannst überhaupt nichts beweisen«, sagte Siglin de. Es klang so kindlich und so unschuldig, dass es mir kalt den Rücken hinunterlief. Als ob sie wirklich nicht gewusst hätte, dass sie ihre Taten längst zugegeben hatte.
    Auch Feil hätte gern einen Beweis gehabt. Schmuck des Opfers in der Wäsche eines Hauptverdächtigen war in jedem Fall erfolgversprechender als die Rekonstrukti on dessen, wer zu welchem Zeitpunkt etwas von einem Ei benzweig in Bongarts Fach gewusst haben könnte. Der dringende Tatverdacht gegen Siglinde ließ sich einem Ermittlungsrichter nur schwer vermitteln.
    »Hajo war’s«, sagte Siglinde schon fast wieder siegessicher.
    »Aber«, sagte ich, »auch der dümmste Verteidiger würde das Hauptindiz der Anklage, nämlich Heides Schmuck zwischen seiner Wäsche, entkräften, wenn er deine Schlüsselsammlung für die Gesindezimmer und Schließfächer auf den Tisch des Richters legt. Oder hast du etwa daran gedacht, Heides Blut an Hajos Reithosen zu schmieren, die er Donnerstag anhatte und wahrscheinlich jetzt noch trägt?«
    Man musterte Hajos speckige Hosen. Feil schluckte insgeheim. Sie hatte eben doch noch nicht so viel Erfahrung mit Mordfällen, um auch die Strategie der Verteidigung zu bedenken.
    »Aber«, fuhr ich fort, »an deinen Klamotten wird man Blut finden.« Mir fiel ein, dass Mimi freitags die Waschmaschine füllte. »Und wenn dort nicht, dann unter deinen Fingernägeln oder an deiner Armbanduhr. Es reicht eine mikroskopische Menge. Du musstest dem Kadaver den ganzen Schmuck abnehmen, Ohrringe, Ketten …«
    Mir entfiel plötzlich, worauf ich hinauswollte. Feil zog die Brauen zusammen. Falko seufzte. Der kleine Lapsus wurde zu einem Riesentrichter in meinem Hirn, in dem alles verschwand. Blackout. Allgemeine Verwunderung schwappte mich an. Hajo hob den Kopf, so als beginne er erst jetzt, da mir die Logik abhandenkam, zu hoffen, dass man ihm die Handschellen noch auf diesem Hof wieder abnehmen würde. Der trotzige Zug um seinen Mund nahm die Ruhe der Abendsonne in sich auf. Sein Blick ging über meinen Scheitel hinweg zum Dachfürst des alten Stalls, hinter dem sich die Scheune erhob. Aggi und die Scheune!
    Ich fasste wieder Tritt. »Darum hast du Aggi fast totgeschlagen, als du sahst, dass er einen Eibenzweig hatte. Er hat dein Versteck in der Scheune entdeckt, in dem du Eibenzweige von der Hecke in Neu-Vingen aufbewahrt hast. Dort hast du auch erst mal Heides Schmuck untergebracht. Du konntest ihn ja nicht gleich Hajo in die Wäsche schieben. Es war Nacht und Hajo schlief in seinem Bett. Also musstest du das Zeug zwischenlagern. Erinnerst du dich: Nur kleine Mädchen haben ihr Versteck unter Kopfkissen. Du hast deines in der Scheune, links vom Eingang. Aggi hat es gesehen. Er folgte dir. Der Teufel Alkohol ist schlau. Du hast ihm Schnapsflaschen zugesteckt. Also folgte er dir. Also suchte er auch in deinem Versteck in der Scheune. Er fand aber nur Eibengrün und einen Ohrstecker, den du übersehen hast. Ein einziger Blutfleck dort und irgendwo an deinen Stiefeln, deinem Uhrarmband, und du bist überführt.«
    Der General wandte sich ab, bahnte sich die Gasse durch die Umstehenden und schwankte aufs Haus zu.
    Siglinde nutzte die geteilte Aufmerksamkeit. Mit einem unglaublichen Satz sprang sie Falko in den Sattel. Das Pferd knuckste erschreckt, hatte aber schon die Fersen im Bauch und preschte los. Die Leute schrien und spritzten zur Seite. Die Polizisten griffen reflexhaft an die Pistolentaschen. Hajo riss an seinen Handfesseln.
    Vom Parkplatz her betraten drei junge Leute den Hof, Petra, ein Mädchen mit dunklen Haaren und glatter Stirn und ein Junge mit geschecktem Haar. Sie versperrten Pferd und Reiterin den Ausgang zur Landstraße.
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