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Pferdekuss

Pferdekuss

Titel: Pferdekuss
Autoren: Christine Lehmann
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dest. Dann sagst du Dinge, die du besser nicht sagen solltest. D as weißt du doch. Du schadest dir selbst damit am meisten. Erinnerst du dich nicht mehr, wie Todt dich immer reingelegt hat? Er hat es mir erzählt und wir haben darüber gelacht. Sogar dein Versteck in der Scheune hast du ihm verraten. Er sagte: ›Kleine Mädchen verstecken ihr Schät ze unterm Kopfkissen.‹ Und du hast gesagt: ›Gar nicht wahr, mein Versteck ist unter einer Latte in der Scheune. Da fin det’s niemand.‹ Also halt besser deinen Mund.«
    Ohne Vorwarnung sprang sie mich an, knallte mir fast den Kiefer aus dem Gesicht und prügelte mich unter Fal ko. Die Umstehenden waren viel zu perplex, um zu reagieren. Nur Falko fuhr auf, legte die Ohren an und feindete in die Runde. Siglinde war Amazone genug, den Faktor Pferd nicht außer Acht zu lassen. Falko sah durchaus kampfbereit aus. Sie wich zurück.
    »Ja«, sagte ich und trat aus dem Schutz des Wallachs hinaus. »Dir fällt nie was anderes ein, wenn du Argumenten nicht mehr gewachsen bist. Schlimm, wenn man für seine Wut keine Worte hat, wenn man immer gleich zuschlagen muss, wenn man die nächstbeste Mistgabel ergreifen muss und zustechen, bis das Blut spritzt.«
    »Gar nicht wahr!«, schrie Siglinde.
    Der General machte Anstalten, sich abzuwenden.
    »Bleib hier, Schwiegervater! Bleib einmal hier und übernimm die Verantwortung für deine Fehler! Sag uns, was für ein Verhältnis du mit Heide Bongart hattest!«
    Friedrich Gallion hob das Kinn.
    »Heide hat für euch beide Flugtickets gekauft. Was sollte aus eurer Reise nach Teneriffa werden?«
    »Schnapsidee«, bellte Gallion widerwillig. »Ich bin zu alt für solche Geburtstagsüberraschungen. Ich habe ihr gleich gesagt, als sie abends damit ankam, daraus wird nichts. Ich mache mich doch nicht in einem Hotel lächerlich mit einem jungen Weib. Such dir jemand anderen, wenn du schon einen Kerl dabeihaben willst, habe ich gesagt. Frag Hajo. Frag Siglinde, ob sie Hajo Urlaub gibt.«
    »Heide war schwanger. Wusstest du das?«
    Gallion presste die Lippen zusammen und wandte sich ab.
    »Bleib hier!«, schrie ich. Noch nie hatte ich so geschrien. Es gellte über den Hof und hallte in den Hauswänden wider. Noch nie hatte einer den Alten so angeschrien. Er drehte sich um.
    »Schrei nicht so. Ich weiß, dass Heide schwanger war. Sie behauptete, es sei von mir.«
    »Und?«
    »Gott, ich bin ein alter Mann. Man probiert es zwar, wenn sich eine Stute so anbietet, aber …«
    Einer der umstehenden Reiter lachte.
    »Und dann musste Heide nun deine Tochter fragen gehen, ob sie Hajo Urlaub für eine Reise mit ihr gibt«, sagte ich. »Ging es nicht noch ein bisschen gemeiner? Du schickst deine trächtige Gelegenheitsgeliebte zu dei ner eigenen Tochter. Was glaubtest du denn, was da passiert? Hast du das gewollt? Heide trumpft mit ihrem Balg im Bauch auf. Erst erklärt sie, es sei von Hajo, damit Siglin de ihn gehen lässt. Aber Siglinde sagt, nein, Hajo kriegt keinen Urlaub. Daraufhin legt Heide nach und be hauptet, das Kind sei sowieso von dir. Notfalls werde sie die Vaterschaft auch nach deinem Tod mit einem Gentest beweisen. Uneheliche Abkömmlinge erben, das weißt du, und Siglinde wusste es auch. Da musste sie doch den Kopf verlieren. Du hast Heides Todesurteil gesprochen. Du bist schuld.«
    Gallion wandte den Blick ab.
    »Aber du willst doch selber alles haben!«, schrie Siglinde auf. »Und weil du nichts kriegst, soll ich jetzt auch nichts kriegen. Darum sagst du, dass ich Heide umgebracht habe. Aber warum sollst du denn was erben? Was hast du schon groß getan für den Hof? Nicht mal unseren Namen wolltest du tragen. Nur Geld und schicke Klamotten und mit dem Porsche nach Stuttgart ins Ballett. Wer hat denn die ganze Arbeit gemacht, als Papa mit seinem Rheuma nicht mehr konnte? Wer war denn immer im Stall, wenn die Stute fohlte? Aber wenn die Leute aus Marbach kamen, dann du immer vorneweg mit Arschwackeln und Todt hinterher und groß auf Gestütsleitung machen. Dazu war ich ja zu dumm. Das kann nur der große Bruder, weil er ja studiert hat. Aber die Saftfabrik hat er runtergewirtschaftet, und das Gestüt hätte er auch versiebt. Aber ich nicht. Schau dich um. In fünf Jahren habe ich die bedeutendste Schagyazucht Europas aufgebaut.«
    »Ja, dank Hajo. Er hat dir den Hengst Palas besorgt. Und wenn dein Vater nicht die Buchhaltung machen würde, sähest du alt aus. Leider hast du ja dafür gesorgt, dass es Todt nicht mehr machen kann. Du hast
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