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Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall

Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall

Titel: Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall
Autoren: Friederike Schmöe
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blieb irgendwo in den Schatten zurück. Katinka wimmerte vor Schmerz, als ihr Kopf gegen Steine und Wurzeln stieß. Jacke und Pulli rutschten hoch. Der Waldboden riss ihre Haut auf. Fast war sie erleichtert, als die traurigen Reste des Bauwagens in Sicht kamen, den Wertinger und vielleicht auch Hagen als Büro benutzt hatten. Sie überschritt eine Grenze. Konnte und wollte sich nicht mehr wehren. Wünschte nur, dass es vorbei wäre. Ohne mit der Wimper zu zucken warf Georg sie auf den aufgeschichteten Hügel aus Autoreifen. Der Benzingestank brannte in ihrer Lunge. Dann hörte sie Schreie und Schüsse. Cuno, dachte sie, Mensch, Cuno, stell dich bloß nicht wieder so blöd an.
    »Mach schon!«, stieß Georg hervor. »Gib mir das Feuerzeug.«
    »Ich hab keines«, sagte Karl lahm und klopfte seine Hosen ab.
    Das gibt’s nicht, dachte Katinka, während sie zitternd in den Nachthimmel schaute. Galgenfrist, weil die Feuerteufelchen kein Feuerzeug dabeihaben. Sie keuchte auf. Beinahe hätte sie gelacht. Feine Atemwölkchen kamen aus ihrem Mund. Sie schloss die Augen ganz fest. Mach, dass es endlich vorbei ist. Vielleicht könnte sie einschlafen. Vielleicht würde Karl ihr das Curare spritzen. Besser so als in den Flammen zu sterben.
    »Es hat ohnehin keinen Zweck mehr«, fuhr Karl fort und ließ die Arme hängen. Plötzlich hatten die Brüder die Rollen getauscht. Karl teilnahmslos, Georg tatkräftig.
    »Bist du bescheuert?«, kam es von Georg. »Wir haben’s fast.«
    »Das hier ist keine Läuterung«, sagte Karl müde. »Lass das.«
    »Hast du es mir nicht beigebracht?«, fragte Georg. »Die ersten Streichhölzer, das erste Feuerzeug. Geht ganz leicht, hast du gesagt.«
    Triumphierend hielt Georg eine Schachtel Streichhölzer hoch. Im Wald raschelte das Laub.
    »Nein!«, schrie Katinka. Mit einem Mal begriff sie. Schrei, so laut du kannst. »Hilfe!«, schrie sie. »Helft mir!«
    Georg ritzte das Streichholz an. Warm leuchtete es in seiner Hand. Sie sah sein Gesicht im Widerschein. »Und du hattest recht«, sagte er zu seinem Bruder. »Es ist ganz leicht. Tut nicht weh.«
    Er war doch noch da, der Wille zu leben. Katinka gab ihrem Körper einen Stoß, rollte ein Stück, weg, nur weg von dem benzingetränkten Hügel aus Gummi. Rasender Schmerz fuhr ihr durch die Wirbelsäule. Karl machte einen Schritt auf seinen Bruder zu und blies das Streichholz aus. Ein Schuss dröhnte. Karl brüllte auf und fiel auf die Knie.
    »Er hat Streichhölzer. Der andere!«, schrie Katinka.
    Viele Füße rannten über den Waldboden.
    »Hände hoch! Polizei!« Das war Hardos Stimme.
    »Hardo! Vorsicht! Hier ist überall Benzin!«
    Lichter flammten auf. Als erstes sah Katinka Karl Süßholz auf dem Boden liegen. Er hielt sich die Schulter. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor. Cuno trat aus dem Dunkel.
    »Mensch, Katinka«, sagte er. Ein paar Uniformierte tauchten neben ihm auf und kümmerten sich um Georg. Dann war Hardo bei ihr.
    »Hilf mir!«, keuchte Katinka hysterisch. »Hier ist überall Benzin. Ich bin voll mit Benzin…« Ihre Stimme brach weg. Aus den Augenwinkeln sah sie Cuno, der seinen Revolver ins Holster schob. Aber auch Karl. Karls Hand, die die blutende Schulter losließ und nach der Spritze griff. In Zeitlupe reckte sich sein Arm und nahm Schwung, als wolle er einen Dartpfeil abschießen. Er erreichte Cunos Arm.
    »Cuno!« Katinka keuchte. »Hardo, Notarzt, schnell. Er hat ihm Curare injiziert.«
     
    Das folgende Chaos nahm sie kaum wahr. Hardo zerschnitt ihr die Fesseln. Jemand brachte eine Decke. Alle möglichen Leute stellten Fragen, aber Katinka sagte nur:
    »Habt ihr Norbert?«
    Ja, sie hatten ihn. Aus. Vorbei. Ich lebe.
    »Er war es nicht. Es war Karl Süßholz. Er wollte seinen Bruder schützen«, sprudelte es aus Katinka heraus.
    Hardo legte den Arm um sie.
    »Das kannst du uns später erzählen.«
    Aber Katinka musste immer weitersprechen. Reden, reden. Nur reden. Wer spricht, lebt.
    »Ich weiß, wie alles zusammenhängt. Hagen hat rausgekriegt, dass Georg der Brandstifter ist. Warum auch immer Georg die Scheunen anzündet, Hagen hat es mitbekommen. Karl Süßholz hat ihn umgebracht, weil er nicht wollte, dass Georg wieder in die geschlossene Psychiatrie kommt oder in den Knast. Wir haben drei Verbrechen. Die Brandstiftungen, den Mord an Hagen, und den Handel mit giftigen Substanzen. Wo ist der Notarzt? Und Cuno?«
    »Der Rettungswagen ist mitgekommen. Sie beatmen ihn«, beruhigte Hardo. »Und du…«
    »Ich gehe
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