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Pfefferbeißer - Harz Krimi

Pfefferbeißer - Harz Krimi

Titel: Pfefferbeißer - Harz Krimi
Autoren: emons Verlag
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finden, dort, wo Fleisch
abgenagt oder herausgerissen und wo fest zugebissen wurde. Das sind eher
gröbere Beschädigungen, von besagten Waldbewohnern vermutlich. Bei genauerem
Hinsehen fand sich an einer Rippe in der Herzgegend allerdings eine glatte,
schnittartige Verletzung, die mit den Bissverletzungen nicht kompatibel ist.
Wir können nicht ausschließen, dass diese Verletzung von einer Messerklinge
stammt, die durch die Brust ins Herz gestoßen wurde und so den Tod des jungen
Mannes verursachte. Aber mit Sicherheit kann ich das nicht sagen, die
Interpretation liegt bei Ihnen.«
    »Das passt zum Bericht der Techniker«, sagte Keilberth.
    Offenbar stand das in dem Hefter, der unter seinem Arm klemmte und
den er ihnen noch nicht weitergereicht hatte. So konnte er vor dem Staatsanwalt
den Überlegenen mimen. Typisch Keilberth, dachte Sina.
    »Die Kollegen von der Spurensicherung haben Blut auf den Überresten
des blauen Poloshirts gefunden, das der Tote trug«, führte er an. »Nachdem sie
wussten, an welche Stelle der blutbefleckte Fetzen gehört, stellte sich heraus,
dass er direkt über der Herzgegend liegt.«
    »Und das Blut stammt zweifelsfrei von dem Toten?«, fragte Sina den
Gerichtsmediziner.
    »Ja. Alle Blutproben, die wir erhalten haben, sind von dem Toten.«
    »Das heißt noch nicht, dass es sich um einen Mord handelt«, folgerte
Sina. »Er kann sich genauso gut an anderer Stelle verletzt haben und damit in
Kontakt mit seinem Shirt gekommen sein.«
    »Dann müsste die Verletzung sehr groß gewesen sein. Der Stofffetzen
war blutdurchtränkt, sie haben ihn mir gezeigt, Sina«, gab Keilberth in
rechthaberischem Ton zurück. Ohne sich weiter mit ihrem Einwand zu
beschäftigen, wandte er sich an den Staatsanwalt. Mörtenkötter nickte.
    »Wir gehen von Mord aus«, verkündete Keilberth darauf. »Ab jetzt ist
es unsere Sache. Die Ermittlungen werden eingeleitet.« Er drückte Sina wortlos
den Bericht der Kriminaltechnik in die Hand, sandte ein knappes Lächeln an die
Adresse des Gerichtsmediziners und zog mit dem Staatsanwalt ab.
    Das Spiel der Sonnenstrahlen in den Blättern des
Ahornbaumes, der den Hof des Präsidiums beschirmte, lenkte Sina ab. Sie saß an ihrem
Schreibtisch und versuchte, sich ein Bild von dem Toten zu machen, immer den
elendigen Haufen Überreste vor Augen. Laut den Berichten der Kriminaltechnik
und der Spurensicherung hatte er zur Tatzeit Sneakers, eine abgewetzte blaue
Jeans, darunter einen weißen Slip und ein blaues Poloshirt getragen. Offenbar
keine Strümpfe und kein Unterhemd. Sämtliche Kleider stellten sich als
Billigware heraus, die es in jedem Bekleidungsdiscounter zu kaufen gab.
Geldbörse und Schlüssel fehlten. Darüber war also auch keine Identifizierung
möglich. Alles, was sie von dem Ermordeten wussten, war, dass er vermutlich
nicht viel Geld hatte, Europäer war und jung.
    Niebuhr kam herein. »Niemand vermisst ihn. Ich hab den Computer
deutschlandweit angesetzt. Einfach nichts, was passt.«
    Er lümmelte seine lange Gestalt auf einen der herumstehenden Schalenstühle.
Sina schob den Bericht, in den sie sich eben noch vertieft hatte, von sich weg,
legte die Arme in den Nacken und seufzte.
    »Vielleicht vermisst ihn ja niemand, auch wenn er sich vier Wochen
nicht gemeldet hat«, ließ sie ihren Gedanken freien Lauf. »Er lebt vielleicht
allein, und die Angehörigen sind es gewöhnt, dass er länger nichts von sich
hören lässt.«
    »Könnte ein Fremdarbeiter sein, der seine Familie im Ausland hat«,
sagte Niebuhr.
    »Oder jemand vermisst ihn, meldet sich aber nicht aus wichtigem
Grund …«
    »Und der wäre?«
    »Wenn ich das wüsste.«
    Sie schwiegen, starrten jetzt beide ratlos in das flimmernde Blätterdach
des Ahornbaumes.
    »Ich finde es echt gut, dass du jetzt hier unten arbeitest, Jens«, sagte
Sina nach einer Weile und lächelte ihm zu. Nachdem sie und Niebuhr fast zur
gleichen Zeit eine Stufe auf dem Beförderungstreppchen hochgefallen waren,
hatte sich Niebuhr aus dem Oberharz nach Goslar versetzen lassen. Das hatte
Sina geschmeichelt, denn sie hatte Grund zu der Annahme, dass Jens es auch ein
bisschen wegen ihr getan hatte. Sie waren eben ein unschlagbares Team.
    »Wenn mir Keilberth auf dem Gang begegnet und ein Gesicht zieht,
frage ich mich, ob die Entscheidung wirklich richtig war. Mit Rosenberg im
Oberharz lief es besser.« Niebuhr klang, als würde er den Schritt ernsthaft
bedauern.
    »Immerhin hat Keilberth deine Versetzung nicht torpediert,
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