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Pfad der Angst

Pfad der Angst

Titel: Pfad der Angst
Autoren: Astrid Vollenbruch
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denn, es gestohlen zu haben?«, fragte Peter.
    »Wen ich verdächtige? Himmel, woher soll ich das wissen? Ich habe so viele Feinde – allesamt Neider und Spione!«
    Justus wappnete sich mit Geduld. »Mr Granville, wir können Ihnen nur helfen, wenn Sie uns ein paar Anhaltspunkte geben. Wann und wo wurde das Oculus Audiens gestohlen?«
    »Wann? Letzten Dienstag. Wo? Hier aus diesem Zimmer. Ich war zu dem Zeitpunkt in der Stadt, auf einer Sitzung des Stadtrates. Das sind alles phantasielose Hohlköpfe. Keiner von denen ist ein Visionär! Aber Amerika braucht Visionäre – Männer wie Benjamin Franklin! Wie Thomas Alva Edison! Wie mich! Aber nein, es wird von Spießern und Bürokraten regiert!«
    »Äh – ja«, sagte Justus. »Wo hielt sich denn Ihr Bruder zum Zeitpunkt der Tat auf? War er hier im Haus?«
    »Natürlich war er hier!«, sagte Mr Granville. »Mein Bruder ist immer hier. Er geht nicht gern aus. Er hält nichts von Feiern. Er hält nicht einmal etwas davon, ein Feuerwerk zum Unabhängigkeitstag zu zünden. Aber dafür kocht er einen ausgezeichneten Kaffee, wenn es mir schlecht geht. Ich wüsste nicht, was ich ohne ihn tun sollte. Wir hängen sehr aneinander, wisst ihr.« Seine Augen wurden plötzlich ganz schmal. »Oder willst du etwa sagen, dass du meinen Bruder verdächtigst, etwas mit der Sache zu tun zu haben?«
    »Ich kann noch gar nichts sagen, Sir«, erwiderte Justus höflich. »Wir müssen zuerst alle Eventualitäten ausschließen. Wo stand das Gerät denn?«
    »Da drüben, auf dem Tisch neben dem Fenster.«
    »Es ist offen, wie ich sehe.«
    »Natürlich ist es das! Ich brauche Luft beim Arbeiten! Oder erwartest du, dass ich mir hier bei fest geschlossenen Fenstern Kopfschmerzen und Vergiftungen hole?«
    »Nein, Sir. Ist das Fenster immer offen? Auch wenn Sie wegfahren? Auch nachts?«
    »Ja, natürlich. Wie du vielleicht gesehen hast, wohnen wir hier nicht gerade mitten in einem Ballungsgebiet. Gelegenheitseinbrecher sind hier eher selten!«
    »Wer sind denn Ihre – hm – nächsten Nachbarn?«
    »Kojoten, Klapperschlangen, Leguane und Brestow.«
    »Und gibt es regelmäßige Besucher? Den Postboten oder eine Putzfrau oder –«
    »Das ist mir alles viel zu lästig«, sagte Mr Granville ungeduldig. »Über solche Dinge kann euch mein Bruder Auskunft geben. Ich befasse mich nicht damit. Und jetzt schlage ich vor, dass ihr erst einmal euer Zimmer bezieht. Danach könnt ihr in der Küche essen oder dergleichen. Ich habe viel zu tun. Ich muss arbeiten!«
    Damit schob er Justus zur Tür hinaus, und Peter und Bob folgten eilig. Hinter ihnen knallte die Tür zu.
    Matthew Granville schien schon auf sie gewartet zu haben, denn er stand tatenlos in der Halle herum. Noch während sie einander verdutzt anschauten, sagte er: »Hier entlang«, und stieg die dunkle Holztreppe hinauf in den zweiten Stock. Also folgten sie ihm. Oben führte er sie zu einem großen Raum, in dem sich außer einem abgenutzten grauen Teppichboden, drei sauber bezogenen Matratzen, Kopfkissen und Decken überhaupt nichts befand.
    »Ihr müsst entschuldigen«, sagte er steif, »ich war auf euren Besuch nicht vorbereitet. Die Gästebetten stehen zusammengeklappt und verstaubt auf dem Dachboden.«
    »Ihr Bruder hat Ihnen überhaupt nichts von uns gesagt?«, fragte Bob ungläubig.
    »So etwas kommt vor«, antwortete Matthew. »Ihr könnt eure Sachen hier heraufbringen. In einer halben Stunde könnt ihr zum Essen in die Küche kommen. Die Treppe hinunter und durch die Tür mit dem Glasfenster.«
    »Hm«, sagte Justus, »ja – danke, Mr Granville.«
    »Nichts zu danken«, sagte der staubige graue Mann gänzlich ausdruckslos, nicht einmal sein trauriger Hundeblick veränderte sich. »Wenn es nach mir ginge, würdet ihr draußen in der Wüste übernachten. Glaubt mir, das wäre besser für euch. Noch besser wäre es allerdings, wenn ihr gar nicht hergekommen wärt.«
    Er drehte sich um und ging hinaus.
    Entgeistert schauten die drei Detektive einander an.
    Endlich sagte Peter: »Justus?«
    »Ich weiß schon, was du sagen willst.« Justus seufzte. »Ich bin bereit, meine erste Vermutung von ›sonderbar‹ zu ›sehr sonderbar‹ zu korrigieren.«
    Bob schüttelte nur den Kopf.
    »Wollt ihr meine Meinung hören?«, fragte Peter. »Wir sollten nach Hause fahren. Kann sein, dass Mr Winston Granville ein Universalgenie ist und sein Bruder bloß ein besserer Dienstbote. Aber universalverrückt sind sie auf jeden Fall beide!«
     
    Da eine halbe
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