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Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Titel: Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers
Autoren: Thomas Lötz , Peter Neururer
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Hellmich zeigt ihm das Trainingsgelände. Dabei kommt die Sprache auf den üppigen Kader.
    »Sag, mal, Präses, was soll ich denn eigentlich mit 32 Spielern anfangen?«, fragt Neururer.
    »Wir haben leider so viele unter Vertrag«, antwortet Hellmich. 
    »Aber wie soll ich denn mit denen aufsteigen? Da sind ja Leute dabei, die können nicht mal geradeaus laufen.«
    »Deine erste Aufgabe bis zur Winterpause ist es, neun Mann wegzukriegen«, sagt Hellmich.
    Neururer wundert sich und denkt, weshalb eigentlich Sportdirektor Hübner sich dieses Themas nicht schon längst angenommen hat, und fragt:
    »Aber es kann doch nicht meine Aufgabe als neuer Trainer sein, erst mal neun Leute wegzukriegen?«
    »Ich weiß«, murmelt Hellmich, »aber das geht leider nicht anders, sonst kriegen wir Ärger mit dem DFB wegen der Lizenzierungsauflagen.«
    Unter den Spielern, die der Verein loswerden will, ist auch Christian Tiffert. Neururer meutert.
    »Habt ihr eine Meise? Das ist euer bester Fußballer!«
    »Ja«, erklärt Hellmich, »aber er hat leider auch den am höchsten dotierten Vertrag.«
    »Der bleibt hier«, entscheidet Neururer. Tiffertwird unter ihm zum Stammspieler und Leistungsträger in der Mannschaft.
    Auf der Bank sitzt mit Tom Starke ein bärenstarker Torwart, der den Verantwortlichen im Club augenscheinlich auch zu teuer ist und der deshalb ausgemustert worden ist. Ins Tor ist derweil der »günstigere« Schweizer Marcel Herzog gerückt, der in Duisburg in kurzer Zeit zum Publikumsliebling avanciert. Neururer kennt Starke, Herzog kennt er nicht. Im Training bieten sich beide durch gute Leistungen an, sind in etwa gleich stark. Neururer geht zu Herzog, um ihm seine Entscheidung für Starke zu erklären: »Ich versuche, objektiv zu bleiben«, sagt er dem Schweizer, »und ich hab eigentlich keine Meinung zu dir, weil ich dich nie hab spielen sehen. Aber Tom kenne ich, und er ist für mich ab sofort wieder die Nummer eins.« Herzog, sicher unzufrieden mit der Entscheidung, rückt ohne großes Murren ins zweite Glied. Neururer ist beeindruckt vom guten sozialen Verhalten des Torwarts, Starke ist die neue Nummer eins.
    Der MSV spielt gut und rauscht an die Aufstiegsplätze heran. In der Zwischenzeit hat sich das Verhältnis zwischen Präsident Hellmich und Manager Hübner merklich verändert, es ist angespannt. Nicht zuletzt, weil Hellmich ein Mann ist, der am liebsten alles selbst erledigt. Mitten in der sportlichen Erfolgsphase tritt er an Neururer heran und sagt, dass er schon wieder jemanden loswerden will: Manager Hübner. Hellmich erklärt seinem Trainer, dass es am besten wäre, wenn er und Neururer im Duett die Geschicke beim MSV lenken. So, macht Hellmich weiter, habe er das früher auch schon mit dem Norbert Meier gehandhabt - und da sei man ja schließlich auch aufgestiegen.
    Neururerwird deutlich: »Nein, Präses, mit mir nicht. Der Bruno Hübner hat mich hier verpflichtet, zu dem stehe ich. Mit dem ziehe ich das hier gemeinsam durch, der bleibt.« Hellmich unternimmt zwei weitere Versuche, Neururer für die Zweierlösung ohne Hübner zu gewinnen. Doch der Trainer fällt nicht um.
    Um das Auswärtsspiel Anfang März bei Alemannia Aachen herum - Duisburg ist Tabellensechster, in Tuchfühlung zu den Aufstiegsplätzen - beginnt eine öffentliche Diskussion darüber, was im Fall des Scheiterns der Mission Wiederaufstieg mit dem Trainer geschieht. Neururer hat angekündigt, dass er nur im Fall der Rückkehr in die Erste Liga seinen Vertrag verlängern werde. Nach dem glücklichen Sieg bei seinem Ex-Club in Aachen geht Neururer zur Pressekonferenz, da kommen Duisburger Journalisten auf den Trainer zu und beglückwünschen ihn -nicht nur zum Sieg und Tabellenplatz vier, sondern ganz konkret zu seiner vorzeitigen Vertragsverlängerung. Die ist den Journalisten kurz zuvor von Hellmich bekannt gegeben worden. Neururer geht zu Hellmich:
    »Verträge verlängern, Präses, ist ja gut und schön. Aber ich entscheide, ob ich bleibe oder nicht. Und ich hab dazu noch nichts gesagt.« Neururer ist mächtig sauer über den Alleingang des MSV-Chefs, und er steigert sich noch weiter in die Sache hinein, bis er irgendwann bereit ist, alles sofort hinzuwerfen. Manager Bruno Hübner ist es schließlich, der ihn zum Weitermachen überredet.
    Am Ende verdaddelt der MSV Duisburg den Aufstieg in einem unglücklich verlaufenen Heimspiel gegen Mitbewerber Mainz 05 etwa einen Monat nach dem Aachen-Spiel. Zwar stehen noch acht Partien aus,
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