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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition)
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Behutsam griff er nach seinem Schwert, zog es aus der Scheide und reichte Danelli die kostbare Waffe mit dem Griff voraus. Dann ließ er es zu, dass einer der Soldaten hinter ihn trat und ihm die Hände mit einem Lederriemen grob auf dem Rücken zusammenband. Die entsprechenden Geräusche verrieten ihm, dass mit Abu Dun genauso verfahren wurde. Immerhin brach kein Lärm hinter ihm aus, und er hörte auch keine Schreie. Aber kurz darauf sagte eine Stimme: »Was ist denn das? Kapitän, der Sarazene hat eine Hand aus Eisen!«
    »Sie sieht komisch aus«, fügte eine andere Stimme hinzu.
    »Dann sollten wir ihn vielleicht doch besser mit einer Fessel aus Eisen binden«, sagte der Kapitän. »Legt ihn in Ketten!«
    Metall klirrte und bewies, dass die Männer offensichtlich auch darauf vorbereitet gewesen waren. Zu Andrejs Erleichterung leistete Abu Dun noch immer keinen Widerstand – was auch mit den inzwischen gut acht oder zehn Musketen zu tun haben mochte, die auf sie zielten. Es war eine Falle gewesen.
    »So ist es gut«, sagte Danelli. »Ich hätte euch wirklich ungern erschießen lassen. Man hat mich nicht hierher geschickt, um noch mehr Blut zu vergießen.«
    Seltsamerweise glaubte Andrej ihm, auch wenn das ihre Ausgangsposition nicht gerade verbesserte: Sie würden wohl oder übel improvisieren müssen, um Ayla zu befreien und dieses ganze Possenspiel zu beenden.
    Jemand – der scharfe Geruch seines Angstschweißes verriet ihm, dass es derselbe Mann war, der ihm gerade den Musketenkolben in die Nieren gerammt hatte – versetzte ihm einen derben Stoß zwischen die Schulterblätter, der ihn nach vorne stolpern ließ. Andrej behielt mit einiger Mühe sein Gleichgewicht, was mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen gar nicht so einfach war, und wandte sich an den Kapitän. »Wohin bringt ihr uns? Venedig?«
    Danelli sah zunächst überrascht aus, doch dann blickte er demonstrativ an sich und seiner Uniform hinab und wirkte jetzt eher beeindruckt. »Ihr scheint euch ja gut auszukennen, Signore Delãny.«
    »Andrej«, erwiderte Andrej. »Unter guten Freunden sind solche Förmlichkeiten doch nicht notwendig, oder?«
    Danelli reagierte mit dem humorlosesten Lächeln, das Andrej seit langer Zeit gesehen hatte, und befahl ihm mit einer stummen Geste, weiterzugehen. Schon um dem Kerl hinter sich keinen Grund für weitere Grobheiten zu geben, gehorchte Andrej, ging aber sehr langsam und blieb nach nur wenigen Schritten erneut stehen, um nach Lucio Ausschau zu halten. Er erwartete, dass der Geistliche seinem Blick schuldbewusst ausweichen würde, aber Lucio bemerkte ihn nicht einmal. Noch immer im harten Griff der Soldaten gehalten, redete er unübersehbar aufgeregt auf Don Corleanis ein. Der Schmuggler versuchte ein paarmal, ihn zu unterbrechen und selbst zu Wort zu kommen, bekam aber keine Chance dazu.
    »Nehmt es ihm nicht übel, Signore Delãny«, sagte Danelli, dem weder sein Blick noch der dazu passende Gesichtsausdruck entgangen sein konnte. »Letzten Endes gehört seine Loyalität seinen eigenen Leuten und nicht zwei Fremden, die aus einem anderen Land hierhergekommen sind, um den Stellvertreter Gottes auf Erden zu ermorden.«
    Andrej starrte ihn fassungslos an. Danelli konnte ein triumphierendes Funkeln in seinen Augen nicht verhindern, obwohl sein Gesicht weiter unbewegt blieb. »Dein Auftraggeber mag geglaubt haben, dass niemand von seinen Plänen weiß, aber das ist ein Irrtum, mein Freund. Venedig ist nicht unbedingt ein Freund Roms, aber jeder von uns würde bereitwillig sein eigenes Leben opfern, um das unseres Heiligen Vaters zu beschützen.«
    »Wenn das Eure Befehle waren, dann könnt Ihr uns die Fesseln wieder abnehmen lassen«, sagte Abu Dun. »Der Papst ist tot. Nicht einmal Ihr könnt ihn jetzt noch beschützen.«
    Danelli stutzte, riss die Augen auf und machte dann ein fast schon übertrieben betroffenes Gesicht. »Ist das wahr?«, wandte er sich an Andrej. »Aber dann war ja alles umsonst! All dieser Aufwand! Und die ganze lange Reise! Und Euch und Eurem Freund habe ich auch noch bitter Unrecht getan! Wie kann ich das nur wiedergutmachen?« Sein betroffener Gesichtsausdruck verschwand so schnell wieder, wie er gekommen war, und machte purem Hass Platz. »Bringt sie in die Boote! Jeden in ein anderes, und seid vorsichtig! Sie sind gefährlich.«
    Der Bursche hinter ihm nahm das natürlich zum Anlass, Andrej schon wieder den Kolben seiner Muskete in den Rücken zu dreschen. Diesmal gelang es ihm
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