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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition)
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht aufhalten würde, und stürmte dann davon. Abu Dun folgte ihm und Andrej nach kleinem Zögern ebenfalls.
    Obwohl sie nur wenige Augenblicke fort gewesen waren, hatte sich die Situation vollkommen geändert, als sie den Steg wieder erreichten. Danellis Soldaten hatten endgültig kapituliert und saßen mit erhobenen Händen und fassungslosen Gesichtern in ihren Booten, nicht nur von Corleanis’ Schmugglerarmee mit Musketen und Armbrüsten in Schach gehalten. Ein Kanonenrohr zielte vom Achterdeck der Pestmond aus zusätzlich auf die Boote, und auch wenn Andrej nicht glaubte, dass es auf diese kurze Distanz und aus dem ungünstigen Winkel heraus überhaupt irgendetwas anderes treffen würde als Wasser, war die Botschaft doch unmissverständlich.
    Danelli selbst und zwei seiner Offiziere hatte man als Einzigen erlaubt, wieder aus dem Boot zu steigen. Die beiden Soldaten hatten die Arme erhoben, während Danelli vollkommen reglos dastand und noch immer so erschüttert und fassungslos aussah, als hätte er noch gar nicht begriffen, was eigentlich los war.
    Ein letztes Boot legte gerade in diesem Moment am Ende des Steges an, und zwei Soldaten halfen einer weißhaarigen Gestalt in einem schwarzen Mantel auf den Pier hinauf, bevor sie von Corleanis’ Männern wieder zurückgescheucht wurden. Andrej tauschte einen raschen Blick mit Hasan und bekam ein angedeutetes Nicken als Antwort.
    »Das habt Ihr nicht umsonst getan, Corleanis«, sagte Danelli gepresst. »Das verspreche ich!«
    »Natürlich habe ich es nicht umsonst getan«, antwortete der Don fröhlich. »Schließlich habt Ihr mich gut genug dafür bezahlt, und noch dazu im Voraus. Aber keine Sorge, ich verlange nichts zusätzlich … obwohl wir eine Menge Schießpulver und Kugeln verbraucht haben, und Ihr wisst, wie teuer Munition kommt.« Er tat so, als müsste er einen Moment angestrengt nachdenken, und nickte dann heftig. »Ich schlage vor, wir behalten die Munition und die Waffen Eurer Männer als Entschädigung, und dann sind wir quitt. Das ist doch ein faires Angebot, oder?«
    »Dir wird das Lachen bald genug vergehen«, sagte Danelli grimmig. »Wir sind nicht allein.«
    »Also, ich sehe hier sonst niemanden«, feixte Corleanis. Er unterließ es auch nicht, sich demonstrativ in dem kleinen Hafen umzusehen.
    »Er meint das zweite Schiff, das mit ihnen losgesegelt ist«, erklärte Andrej.
    »Das, das wir eine Tagesreise südlich von hier versenkt haben«, fügte Abu Dun hinzu.
    Danelli riss die Augen auf und starrte ihn an. »Das ist gelogen! Dazu wärt ihr nie und nimmer …«
    »Es hat wirklich ganz hervorragend gebrannt«, spottete Abu Dun. »Und ziemlich lange. Eigentlich hättet ihr den Feuerschein sehen müssen. Es war eine sternenklare Nacht.«
    Danellis Augen wurden noch einmal größer. Ganz automatisch wollte er erneut widersprechen, brachte aber nur noch ein sonderbares, halb ersticktes Geräusch hervor und schüttelte ein paarmal abgehackt den Kopf.
    »Das wird sich alles aufklären, Kapitän«, sagte Corleanis fast fröhlich, bevor er auf dem Absatz herumfuhr und mit seiner misstönenden Stimme schrie: »Bringt den Pfaffen!«
    Die Reihe seiner Leute hinter ihm teilte sich, und zwei Männer führten Vater Lucio heran.
    »Aber bitte!«, empörte sich Don Corleanis, hoffnungslos übertrieben. »Das ist ein Mann Gottes! Er hat die Hälfte eurer Kinder getauft … Also zumindest die, von denen ihr wisst.« An Lucio gewandt und mit noch falscherer Freundlichkeit fügte er hinzu: »Bitte verzeiht meinen Männern, Vater! Sie wissen einfach nicht, was sich gehört.«
    Er schloss Lucio in die Arme, und während er es tat, sagte er noch etwas, das nur für Andrejs und Abu Duns scharfe Ohren hörbar war – und für Vater Lucio natürlich. »Wenn Ihr Euch geirrt oder Euch einen schlechten Scherz erlaubt habt, Vater, nagele ich Euch höchstpersönlich ans Kreuz und schneide Euch das Herz heraus. In dieser Reihenfolge.«
    Vater Lucio zeigte sich von dieser Drohung wenig beeindruckt – wahrscheinlich hörte er sie nicht einmal –, sondern befreite sich unbeholfen aus Corleanis’ wenig freundschaftlicher Umarmung und stürmte weiter. Andrej nahm, wie wohl alle anderen auch, an, dass sein Ziel der venezianische Kapitän wäre, doch er lief einfach an ihm vorbei und auf Hasan zu …
    … und fiel vor ihm auf die Knie. Der Geistliche ergriff die Hand des Alten vom Berge und versuchte sie sich hektisch auf den Kopf zu legen, während er das Haupt so weit beugte,
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