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Perlentöchter

Perlentöchter

Titel: Perlentöchter
Autoren: J Corry
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sprach, weigerte sich ihr Gehirn, sie zu glauben.
    Simon hatte in ihrem schönen Wohnzimmer im ersten Stock mit Blick auf Clapham Common ihr gegenüber auf dem passenden Gegenstück zu der blassgrünen Couch Platz genommen. Er hatte sich nach vorn gebeugt und ihre Handgelenke umfasst. Sie versuchte die Hände wegzuziehen, aber er hatte es nicht zugelassen.
    »Bitte, Caroline, hör mir zu. Als Erstes möchte ich dir sagen, dass ich keine Affäre habe.«
    Eine Welle der Erleichterung durchströmte sie. Sie fühlte sich benebelt, schwindelig, befreit und so dankbar, dass sie am liebsten auf seinen Schoß gehüpft wäre. Simon war schon immer zu attraktiv für sie. Zu selbstsicher. Zu unerreichbar. Als er vor all den Jahren – sie war gerade mal zwanzig gewesen – zum ersten Mal Interesse an ihr gezeigt hatte, war sie derart fest davon überzeugt gewesen, dass sie nicht seinem Typ entsprach, dass sie ihn wie einen normalen Freund behandelt hatte, ohne die harmlosen Flirtkünste anzuwenden wie ihre Single-Freundinnen, wenn sie für jemanden schwärmten. Genau das, meinte er später, habe er an ihr so anziehend gefunden: ihre Natürlichkeit.
    Sein Heiratsantrag kam völlig unerwartet nach nur wenigen Monaten. »Bist du dir sicher, dass du nicht nur ein Trostpflaster bist?«, hatte ihre Mutter gefragt, als sie ihr die Neuigkeiten eröffnete. Damals hatte Caroline diese Vorstellung abgetan, geschmeichelt davon, dass dieser attraktive junge Reporter sie auserwählt hatte statt einer der vielen Schönheiten, die in dieser geheimnisvollen Redaktionswelt zu verkehren schienen. »Ich fühle mich wohl mit dir«, hatte er zu ihr gesagt. »Ich muss nicht jemanden spielen, der ich nicht bin. Außerdem finde ich es ganz erstaunlich, wie du mit dem Pinsel umgehst. Das ist eine echte Begabung.«
    Caroline hatte sich dadurch bestätigt gefühlt, und nach und nach, während sie in das behagliche Muster aus Eigenheim und Kindern fielen und sie sich um den Haushalt kümmerte und malte, so oft sie konnte, und er wie ein Wahnsinniger Überstunden machte, hatte sie aufgehört, an dem zu zweifeln, was andere sicher als eine unpassende Partie betrachteten. Ein leicht pummeliges Mädchen vom Land mit leuchtend präraffaelitischen Haaren, das die Kunsthochschule besucht hatte statt der Universität, und ein äußerst attraktiver Cambridge-Absolvent und Redakteur einer überregionalen Zeitung, der jede Frau hätte haben können. Im Laufe der Jahre veränderte sich Caroline. Sie nahm ab, lernte, ihre hohen Wangenknochen zu schattieren und ihre kastanienrote Mähne, die ihr früher auf dem Schulhof so viel Spott eingetragen hatte, zu ihrem Markenzeichen zu machen. Paradoxerweise fand sie zu ihrer Überraschung, wie viele Frauen, wenn sie die vierzig erreichen, dass sie nun strahlender aussah und selbstsicherer war als damals mit zwanzig. Schon erstaunlich, was Selbstbewusstsein und eine gute Grundierungscreme bewirken konnten!
    Aber vielleicht, dachte sie, während sie ihrem Mann gegenübersaß und darauf wartete, dass er diesen merkwürdigen Anruf erklärte, vielleicht waren all die alten Ängste und Unsicherheiten doch begründet. Sie wickelte die Perlenkette um den Zeigefinger, etwas, was sie sich bereits angewöhnt hatte, fast wie eine Art Trost.
    »Und warum ruft sie hier an? Warum soll ich dir ausrichten, dass sie angerufen hat?«
    Simon umklammerte ihre Handgelenke fester. »Sie ist von der Zeitarbeitsfirma, als Ersatz für Maureen.«
    Maureen, seine Sekretärin mit der beruhigenden Kleidergröße 48, mit der Caroline immer plauderte, wenn sie in der Redaktion anrief, die zu Weihnachten von Caroline beschenkt wurde, die sich wegen einer Totaloperation freigenommen hatte und der Caroline Blumen ins Krankenhaus geschickt hatte, ohne darüber nachzudenken, wer während ihrer Abwesenheit ihre Arbeit erledigte.
    »Ich verstehe das immer noch nicht«, sagte sie.
    Simons Griff war nun so fest, dass es wehtat, aber dieses Mal wollte sie ihn nicht wegschieben. Ihr Mund war trocken. Möglich, dass er keine Affäre hatte, aber trotzdem war irgendetwas im Busch.
    »Sie ist ein wenig besessen von mir.« Simons Stimme klang brüchig. »Ich habe dir nichts davon gesagt, weil ich dich nicht beunruhigen oder den Anschein erwecken wollte, dass ich dich belüge.«
    »Nein.« Sie umklammerte jetzt seine Hände. »Ich würde nie auf die Idee kommen, dass du mich belügst.«
    Nun war Simon derjenige, der erleichtert wirkte.
    »Aber ich verstehe es trotzdem nicht.
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