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Performer, Styler, Egoisten

Performer, Styler, Egoisten

Titel: Performer, Styler, Egoisten
Autoren: Bernhard Heinzelmaier
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erreichen will, der muss Bilder zeigen, Events inszenieren, muss der präsentativen Logik folgende „Gesamtkunstwerke“ zur Aufführung bringen, die die Gefühle und die Körper der Zielgruppe berühren, anstatt auf sie mit guten Argumenten einzureden.
    Grundsätze der Jugendkommunikation
    Wenn wir das bisher Gesagte zusammenfassen, so zeigt sich, dass die Jugendkultur der Postmoderne auf dem Weg ist, zur allgemeinen Kultur der Gesellschaft zuwerden. Ihr radikaler Individualismus, verbunden mit Leitwerten wie Vitalität, Zukunftsorientierung, Spontanität, Pragmatismus und Aktivismus, passt sich geradezu symbiotisch in die dominante neoliberale Leitkultur unserer Gegenwart ein. „History is bunk“, meinte Henry Ford und verwies damit schon vor fast 100 Jahren auf das leitende Grundprinzip eines radikal marktwirtschaftlichen Liberalismus, dem die nachdenklich-reflexive, in historischen Zusammenhängen denkende Persönlichkeit nichts, das ohne Respekt vor Traditionen, vor allem am wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtete, unbekümmert vorwärts in die Zukunft stürmende Individuum alles ist. Im Zuge der Verallgemeinerung dieser ihrer Kultur blieb die Jugend aber bis dato als Opfer einer Enteignung auf der Strecke. Die alten Eliten in Ökonomie und Wirtschaft vereinnahmten die Kultur der Jugend, perfektionierten damit ihre politische Macht und die Wirkweise ihrer Ökonomie, den Jugendlichen selbst verbleibt bis heute nicht mehr als die Rolle der modischen Trendsetter. Die Alten haben sich den Style und die Werte der Jugendgeneration angeeignet, ohne ihnen auch nur ein Stück der politischen und ökonomischen Macht abzugeben.
    Gleichzeitig sind die Attribute der Jugendlichkeit zu mächtigen Instrumenten der Ausgrenzung geworden. Wer nicht mehr vital, erfolgshungrig und aktiv genug ist, der verschwindet vom Schirm der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Die, die den Kampf gegen das Alter verlieren, werden vor allem ästhetisch ausgeblendet, obwohl sie zwischendurch immer wieder, fast hinterhältig, als die unverzichtbaren Träger wertvoller Erfahrung angerufen werden. Dazu passt, dass über Fünfzigjährige kaum mehr einen Arbeitsplatz finden. Offensichtlich ist die Erfahrung, die sie repräsentieren, doch nicht so viel wert, wie in Feiertagsreden gerne verlautet wird.
    Vor allem die Ausbreitung der Bildmedien hat zu einer Privilegierung präsentativer Formen der Symbolverwendung geführt. Bilder, Events und musikalische Klangwelten verdrängen vor allem in der kommerziellen, aber auch in der politischen Kommunikation diskursive Formen der Kommunikation, die auf überzeugenden Argumenten fußen. Postmoderne Kommunikation richtet sich direkt auf den Körper, spricht Gefühle an und lässt den Geist weitgehend außen vor.
    Welche allgemeinen Grundsätze einer postmodernen Jugendkommunikation lassen sich nun aus dieser Zusammenschau der Argumente ableiten?
    Jugendkommunikation als totale Kommunikation
    Die Jugendkultur ist zur ästhetischen Leitkultur der Gesellschaft geworden. Wer Einfluss auf die gesamte Gesellschaft bekommen will, der muss eine juvenile Kommunikation anbieten. Die Älteren orientieren sich an den Jungen. In einer Gesellschaft, die sich zwanghaft am Ideal der Juvenilität ausrichtet, ist soziale Integration und Anerkennung an ein jugendliches Erscheinen und Verhalten gebunden. So lange die herrschenden Diskurse so gelagert sind, dass sie all jene mit der Auslöschung bedrohen, die sich nicht mit jugendkulturellen Ästhetiken und Werten inszenieren, bleibt die juvenile Selbstinszenierung ein universelles Ideal. Dies bedeutet, dass das Marketing der Postmoderne in erster Linie juvenil sein muss. Selbst bei der Generation 50+ ist es besser, sie mit einer jugendkulturellen Ästhetik zu überfordern, als sie mit einer „altersadäquaten“ Kommunikation als kulturell randständige und dem Gestern zugehörige Existenzweise zu brandmarken.
     
    Verführung durch Bilder und Events
    Nicht nur die Jugend, die gesamte Gesellschaft ist von „Augendenkern“ dominiert. Verführung durch Bilder anstatt Überzeugen durch Argumente lautet das postmoderne Grundprinzip der Kommunikation. Die Form kommt vor dem Inhalt, der Gebrauchswert von Produkten und Produktkommunikationen ist weitgehend vom Inhalt in die Form ausgewandert.
    Die neben dem Bild wesentlichste Form nicht-diskursiver Kommunikation ist das Spektakel, das Event. Das Spektakel ist eine Gefühlsangelegenheit. Es verführt, indem es alle Sinne in den Bann zieht.
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