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Performer, Styler, Egoisten

Performer, Styler, Egoisten

Titel: Performer, Styler, Egoisten
Autoren: Bernhard Heinzelmaier
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dominieren die Medien- und Lebenswelten der Menschen. Alle, ob jung oder alt, sind gefordert, hungrig auf Neues, auf Abenteuer, auf Erfolg zu sein. Die Lust auf die Zukunft wird zur Pflicht. Nicht reminiszent in die Vergangenheit zu blicken ist angesagt, im Gegenteil, es geht um die Offenheit für das Unerwartete, für dass, was die Zukunft, bringen wird. Alle, ob alt oder jung, müssen demonstrativ die Werte der Jugend leben, den Erlebnishunger, die Abenteuerlust, die Spontanität. Leben in der Postmoderne ist verpflichtend hyperaktiv. Ständig auf dem Sprung und niemals passiv, das ist der Kern der dominierenden Lebensphilosophie unserer Zeit.
    Dennoch, der Jugend sind biologische Grenzen gesetzt. Rund um das vierzigste Lebensjahr wird die Unmöglichkeit, die Jugend auf Dauer stellen zu können, evident. Vor allem durch die unabweisbare Erkenntnis, dass die zukünftige Lebenszeit eines über Vierzigjährigen wohl kürzer sein wird als seine bereits verlebte Vergangenheit. Zudem wird jetzt auch offensichtlich, dass der Alterungsprozess das Aufrechterhalten eines juvenilen Körperbildes mehr und mehr erschwert. Dennoch geben die meisten von uns ihre Versuche, ein jugendliches Erscheinungsbild aufrecht zu erhalten, nicht auf und versuchen, ihre Bemühungen um Verjugendlichung bis an die Grenzen des Möglichen auszureizen.
    Körperkult und Selbstinszenierung als Kriterien des Erfolges
    Mit dem Körper zeigt man, wer man ist und wodurch man sich von den anderen unterscheidet. In einer Massengesellschaft ist der Körper der Garant für Individualität. Er hebt den Einzelnen aus der Masse heraus und macht ihn zu etwas Besonderem und Einzigartigen. Und es ist der jugendliche Körper, der als zukunftsfähiger Körper wahrgenommen wird, der Eigenschaften wie Vitalität, Durchhaltevermögen, Durchsetzungsfähigkeit, Selbstkontrolle und Leistungsfähigkeit symbolisiert. Die Ästhetik des vitalen jugendlichen Körpers steht für die Werte einer liberalen Konkurrenzgesellschaft, in der der Einzelne täglich seine Fitness unter Beweis stellen muss. Das jugendlich-vitale Körperbild ist der Ausweis dafür, dass sein Träger die Werte der Erfolgsgesellschaft anerkennt und nach ihnen zu leben versucht.
    Gemeinschaftsverlust und egozentrischer Individualismus
    WennUlrich Beck davon spricht, dass das Individuum zum zentralen Bezugspunkt für sich selbst und für die Gesellschaft geworden ist, so müssen wir zugleich aber auch sehen, dass die Gesellschaft, in der das egozentrische Individuum agiert, von diesem in erster Linie als Zweck- oder Interessengemeinschaften wahr- und in Anspruch genommen wird. Ganz in einem radikal-liberalen Sinn sehen sich diese „egozentrischen Individualisten“, wenn sie an ihre Rolle in Staat und Gesellschaft denken, „lediglich als Mitglied einer politischen Zweckgemeinschaft, durch die Freiheits- und Eigentumsrechte des Individuums geschützt werden“ (Baringhorst 2007: 12). Aber auch der Bezug zu Gemeinschaften im mikrosozialen Bereich wird instrumentell. Wie die Gesellschaft werden auch die kleinen Lebenswelten wie Freundeskreise, Sportgemeinschaften und selbst Familien immer mehr zur Ansammlung von Individuen, die durch ihr gemeinsames Handeln Vorteile erhalten wollen, die sie sich individuell nicht sichern können (vgl. Tietz 2002: 130). „Das Handeln ist kollektiv, doch sein Sinn bleibt ein individueller.“ (Sandel, zitiert nach ebd.: 130f.) Die betriebswirtschaftliche Logik, die vom Prinzip „mit wenig Input zu möglichst großem Output“ geprägt ist, befindet sich im Vormarsch. Das soziale Gegenüber erscheint den Menschen, die die Betriebswirtschaft als Lebensprinzip internalisiert haben, in erster Linie als Geschäftspartner, der Mitmensch wird ihnen zum Geschäftsfall. Die „commercio“ tritt an die Stelle der „communio“.
    Vor allem unter den Eliten, den hochgebildeten Führungskräften, breitet sich eine Grundhaltung aus, die Heitmeyer als „verrohte Bürgerlichkeit“ bezeichnet (Heitmeyer 2010). Große Teile der Eliten sind nicht mehr zum Mitleid mit sozial Schwachen und Benachteiligten fähig oder bereit. Das gesellschaftliche Ganze aus den Augen verloren, geht es ihnen nur mehr um den eigenen Vorteil, den sie zu realisieren trachten, völlig ungerührt vom Elend des Prekariats, deren miserables Leben sie durch ihr Handeln möglicherweise mit hervorgerufen haben.
    Ästhetisierung der Jugendkultur und Verabschiedung des Authentizitätsprinzips
    „Zweifellos erleben wir
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