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Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Titel: Perfect Copy - Die zweite Schöfung
Autoren: Andreas Eschbach
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schweren Aktenschrank vor die Tür des Labors geschoben. Wolfgang und Svenja stemmten sich dagegen. Während sie das Möbel, das bis zum Rand mit Papier voll gestapelt und unglaublich schwer war, Stück um Stück beiseite wuchteten, kamen eine Hand voll Polizisten vom Fahrstuhl her angerannt, beeindruckende Gestalten mit schwarzen Helmvisieren und klobigen Schutzwesten, bis an die Zähne bewaffnet. Sie halfen beim letzten Zentimeter und stellten sich, als die Tür zum Labor endlich aufging, so breitschultrig nebeneinander, dass Wolfgang und Svenja hinter ihnen verschwanden.
    »Wurde auch Zeit«, knurrte der Kommissar bloß, als er in den Flur herauskam. Er sah sich suchend um. Wolfgang brauchte einen Moment, bis er begriff, dass der Kriminalbeamte nach dem Karton mit den Waffen und Funkgeräten Ausschau hielt.
    Doch der war nicht mehr da.
    »War ja klar«, lautete der Kommentar des Kommissars. Er wandte sich den Männern zu und deutete den Gang hinab, in Richtung der Aufzüge. »Alles runter ins Erdgeschoss!«, befahl er. »Versuchen Sie, den Hausmeister oder so jemanden ausfindig zu machen. Wedeberg ist hoffentlich noch im Gebäude. Wir müssen dafür sorgen, dass das erst mal so bleibt.«
    Alles verfiel in lockeren Laufschritt, bis auf einen Beamten, der vorauseilte und auf die Rufknöpfe drückte. Wolfgang und Svenja folgten ihnen, hauptsächlich, weil sie nicht wussten, was sie sonst machen sollten. Natürlich reichte der Platz im Aufzug nicht für alle, nicht einmal für alle Polizisten. Die silbern schimmernden Türen schlossen sich zischend vor eng gefüllten Aufzugskabinen. Die Übrigen nahmen die Treppe.
     
    Im Treppenschacht kam ein Wissenschaftler, der noch bei der Arbeit war, den hinabstürmenden Polizisten in die Quere. »Um Himmels willen, was ist denn los?«, fragte er, einen zur Hälfte verschütteten Becher Automatenkaffee in der Hand und völlig entgeistert, als Wolfgang und Svenja an ihm vo r beikamen. Er sah die Treppe hinab und schüttelte den Kopf. »Du lieber Himmel, die haben vielleicht ausgesehen. Zum Fürchten.« Damit machte er, dass er durch die schwere, feue r feste Ausgangstür in den Flur hinauskam. Schmale weiße Schilder an der kahlen Betonwand daneben erklärten, welche Abteilungen und Einrichtungen sich in diesem Stock befa n den: Lehrstuhl für Molekulargenetik stand da und Theoretische Biophysik I I.
    Und darunter, in dunkelblauer statt schwarzer Schrift und etwas kleiner: Durchgang zu den Kühlräumen.
     
    Wolfgang blieb stehen. In seinem Kopf jagten sich die Gedanken.
    »Was ist?«, wollte Svenja wissen, die schon die nächste Treppe halb unten war.
    Er deutete auf das Schild. »Die Kühlräume. Dort gibt es auch einen Ausgang. Den hat der Kommissar vergessen.«
    Sie kam ein paar Schritte hoch. »Na und? Es wird ihm schon wieder einfallen. Oder jemand wird es ihm sagen.«
    »Ich weiß nicht.« Wolfgang kaute auf seiner Unterlippe herum, wusste nicht, was tun. »Ich würde gern… ich weiß nicht. Einfach mal nachschauen. Was dort ist.«
    »Was? Du kannst hier doch nicht einfach so rumlaufen.«
    »Wieso nicht?« Er öffnete die Tür, die so schwer ging, als sei sie Bestandteil eines heimlichen Muskeltrainingsprogramms für die in diesem Haus Arbeitenden. Svenja trat neben ihn. Gemeinsam spähten sie den Flur hinab, der verlassen im Halbdunkel der Nachtbeleuchtung lag. Ein dunkler Quergang ging ab, zweifellos der Durchgang zum Anbau mit den Kühlräumen. »Du weißt nicht, ob das nicht gefährlich ist«, meinte sie.
    »Weiß ich nicht. Stimmt.«
    »Worauf warten wir dann?«
    Irgendwo im Haus knallte etwas, aber es klang nicht wie ein Schuss. Das Blaulicht der Polizeiwagen zuckte durch die Fenster, den Gang entlang. Draußen erteilte jemand lautstark Befehle.
    »Bestimmt ist da sowieso nichts«, meinte Wolfgang mit dem seltsamen Gefühl, zu lügen.
    Svenja nickte. »Wahrscheinlich ist einfach abgeschlossen.«
    Sie traten durch die Tür, die mit dumpfem Scheppern hinter ihnen ins Schloss fiel, folgten dem Flur, vorbei an Schautafeln, die grellbunte Darstellungen höchst komplizierter Moleküle zeigten, bis zu der Stelle, an der der Quergang abbog. Kurz davor hielten sie unwillkürlich an und spähten erst einmal vorsichtig um die Ecke. Nichts. Ein kahler, schlecht beleuchteter Gang mit gerippten Metallwänden und einem Teppichboden, der uralt sein musste und in der Mitte deutlich abgetreten war. Am anderen Ende war eine einfache weiß lackierte Metalltür, neben der unübersehbar
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