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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber
Autoren: China Miéville
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Schwerkraft eine Vorstellung wäre, die für mich keine Gültigkeit hat.
    Lin zeigt. Klebrig angstvoll, flüstert Isaac tränenerstickt, den Blick auf ihre Hände gerichtet. Pisse und Mutter, Essen Flügel fröhlich. Angst. Angst.

 
     
     
Teil 4
     
     
Gericht

 
KAPITEL 19
     
     
    »Wir können nicht länger bleiben.«
    Derkhan sprach schnell. Isaac hob den trüben Blick zu ihrem Gesicht. Er war dabei, Lin zu füttern, die sich unwillig in seinen Armen wand, weil sie nicht wusste, was sie Lust haben könnte zu tun. Sie zeigte, ihre Hände bildeten Worte, verloren sich dann in Formen ohne jede Bedeutung. Er schnippte Obstreste von ihrem Hemd.
    Er nickte und schaute wieder nach unten. Derkhan redete weiter, als hätte er ihr widersprochen, als müsste sie ihn überzeugen.
    »Sobald wir uns draußen blicken lassen, haben wir Angst.« Ihre Stimme und ihre Züge waren hart. Grauen, Reue, Euphorie und Trauer hatten sie ausgeglüht. Sie war erschöpft. »Jedes Mal, wenn ein Konstrukt an uns vorbeigeht, denken wir, es ist ein Zuträger des Konzils. Jeder Passant, der uns entgegenkommt, Mann, Frau oder Xenianer, lässt uns zusammenzucken. Ist es die Miliz? Ist es einer von Vielgestalts Schlägern?« Sie kniete sich zu ihm auf den Boden. »Ich kann so nicht leben, Isaac.« Sie schaute Lin an, und ein Lächeln zog langsam über ihre Züge. »Wir bringen sie weg«, flüsterte sie. »Wir sorgen für sie. Für uns gibt es hier nichts mehr zu tun. Über kurz oder lang wird einer von denen uns finden. Ich bleibe nicht hier und warte, bis es so weit ist.«
    Isaac nickte wieder.
    »Ich …« Er überlegte angestrengt. Bemühte sich, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. »Ich habe – einen Auftrag«, sagte er.
    Er kratzte sein Doppelkinn. Der nachwachsende Bart bohrte sich durch seine höckerige Haut und juckte. Vom Fenster her zog es. Das Haus in Pincod war hoch und vom Schwamm befallen und voller Junkies. Isaac und Derkhan und Yagharek hatten sich in den beiden obersten Etagen niedergelassen. Auf jeder Seite gab es ein Fenster, das auf die Straße beziehungsweise den tristen, kleinen Hinterhof schaute. Unkrautbüschel saßen dort auf dem von Rissen durchzogenen Beton wie borstige Warzen.
    Isaac und auch die anderen verbarrikadierten die Türen, wenn sie zu Hause waren, schlüpften nur unter größter Vorsicht hinaus, verkleidet, meistens erst nach Dunkelwerden. Manchmal wagten sie sich auch tags hinaus, wie Yagharek gerade jetzt. Es gab immer einen Vorwand, einen zwingenden Grund, weshalb diese oder jene Besorgung nicht warten konnte. Der wahre Grund war Klaustrophobie. Sie hatten die Stadt befreit, wie sollte es sein können, dass sie sich nicht frei im Licht der Sonne bewegen durften!
    »Ich weiß Bescheid über den Auftrag.« Derkhan schaute hinüber zu den flüchtig verkabelten Komponenten der Krisismaschine. Isaac hatte sie am vorhergehenden Abend gesäubert und in der richtigen Ordnung aufgebaut.
    »Yagharek«, sagte er. »Ich stehe in seiner Schuld. Ich habe ihm mein Wort gegeben.«
    Derkhan senkte den Blick und schluckte. Nach einem tiefen Atemzug nickte sie dann. »Wie lange?«
    Isaac schaute zu ihr auf und gleich wieder zur Seite. Er zuckte die Schultern.
    »Ein paar Drähte sind durchgeschmort«, sagte er und zog Lin, deren Kopf und Oberkörper an seiner Brust ruhten, höher herauf, sodass er bequemer sitzen konnte. »Es hat eine hammerharte Rückkopplung gegeben, dabei sind ein paar von den Schaltkreisen glatt durchgebrannt. Hm … Ich muss heute Abend in die Stadt gehen und zusehen, wo ich ein paar Adapter auftreiben kann – und einen Dynamo. Den Rest kann ich selbst zusammenbasteln, aber Werkzeug muss ich besorgen. Das Dumme ist nur, jedes Mal, wenn wir draußen was mitgehen heißen, vergrößert sich die Gefahr des Entdecktwerdens um ein Vielfaches.« Er hob die Schultern, ließ sie fallen. Es war nicht zu ändern, sie hatten kein Geld. »Dann brauche ich auch noch eine Zellenbatterie oder so was. Aber das größte Problem ist die Mathematisierung. Den ganzen Schrott zum Funktionieren bringen, ist in erster Linie – Handwerk. Aber die Zahlen, du weißt schon, die ganzen Abläufe in Gleichungen ausdrücken, das ist eine verdammt harte Nuss. Letztes Mal hat der Konzil das für mich erledigt.« Er schloss die Augen und lehnte den Hinterkopf an die Wand.
    »Ich muss die Befehle formulieren«, erklärte er müde. »Fliegen. Das muss ich der Maschine klarmachen. Man lasse Yagharek von irgendwo hoch oben
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