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Pelte, Reinhard

Pelte, Reinhard

Titel: Pelte, Reinhard
Autoren: Inselbeichte
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oder an ihrer Feigheit? Ihm wurde schlecht, und er hätte sich übergeben mögen. Stattdessen sagte er: »Ich muss dir noch etwas sagen, Udo.«
    Udo reagierte darauf nicht. Er sah Jung mit einer trostlosen Ergebenheit an, die nichts mehr befürchtete. Er war fertig. Es reichte. Und wenn die Welt über ihm zusammengebrochen wäre, er hätte sich nicht gerührt. Jung sagte vernehmlich: »Udo, ich arbeite bei der Kripo.«
    Udo reagierte immer noch nicht. Jung hätte auch sagen können, er sei der Kaiser von China.
    »Ich muss jetzt gehen, Udo«, sagte Jung schließlich.
    »Was willst du tun?«, erwiderte dieser tonlos.
    »Ich weiß es nicht. Wenn ich soweit bin, werde ich es dich wissen lassen. Ich fahre zurück aufs Festland.«
    »Danke, Pingo«, sagte Udo leise.
    Jung hätte schreien können. Stattdessen sagte er: »Das Mädchen war übrigens krank, Udo.«
    »Was hatte sie?«
    »Asthma.«
     
    *
     
    Als Jung aus der Tür trat, empfing ihn ein nahezu wolkenloser Himmel. Die untergehende Wintersonne tauchte die Schneereste an den Straßenseiten in ein rosa Licht. Jung atmete tief durch. Mit jedem Schritt fühlte er sich leichter. Als er sein Auto auf der Fähre abgestellt hatte, freute er sich auf sein Zuhause. Er ging an Oberdeck und streckte die Nase in die salzige Seeluft. Der Wind wehte jetzt von achtern. An Oberdeck schien er eingeschlafen zu sein. Die Flut hatte die Seehundbänke an Backbordseite in Richtung Sylt überspült. Die Robben hatten ausgeschlafen und waren im Meer untergetaucht.

Jungs Bauchschmerzen
    »Müsli oder Brötchen, Kaffee oder Tee, Tomi? Wonach ist dir?«, rief Svenja aus der Küche.
    »Ich bin für Brötchen und Tee. Heute darfst du mich verwöhnen, Svenja«, erwiderte Jung in freudiger Erwartung.
    »Was sagst du, Tomi?« Svenja untersuchte die Äpfel in der Obstschale auf Druckstellen. Sie sah über die Schulter zu ihrem Mann hinüber, der den Frühstückstisch deckte. »Ich weiß gar nicht, wo das Haushaltsgeld geblieben ist. Kannst du mal den Betrag auslegen? Ich möchte gerne die backfrischen mit Haferflocken oben drauf. Du weißt schon, wo du die bekommst.«
    Jung wusste, wo er die Brötchen bekam, und es ärgerte ihn. Er hätte es lieber nicht gewusst und sich dumm gestellt.
    »Bringst du bitte auch noch Butter und Katzenfutter mit? Ich setze inzwischen den Tee auf. Möchtest du ein weichgekochtes Ei?«
    »Ja gerne«, antwortete Jung.
    Verdrießlich verließ er das Haus. Der Supermarkt mit der Bäckerei war nur fünf Minuten entfernt. Er überlegte, ob er mit dem Fahrrad fahren solle. Das hätte der ganzen Aktion noch eine sportlich positive Note abgerungen. Er entschloss sich für das Auto. Er wollte es hinter sich bringen.
     
    *
     
    »Wie war dein Ausflug auf die Insel? Ich bin schon ganz gespannt«, begann Svenja das Gespräch, nachdem sie Platz genommen hatten. Brötchen. Butter, Eier, Tee und der Rest standen auf dem Frühstückstisch. Das Katzenfutter hatte Jung vergessen zu besorgen.
    »Du hattest recht, Svenja«, erwiderte er unterkühlt.
    »Was ist los? Du sagst das so lustlos. Nun erzähl doch mal.« Sie klang ungehalten und neugierig.
    Jung hätte lieber nicht erzählt. Ihm war nicht danach. Er fühlte sich nicht gut. Auf der anderen Seite konnte er Svenja die Geschichte nicht wirklich vorenthalten. Schließlich hatte sie einen guten Anteil an seinem Erfolg. Es fiel ihm nur schwer, sich darüber zu freuen. Er zweifelte. Er hatte Mühe, die Blickwinkel auseinanderzuhalten, aus denen so unterschiedliches Licht auf die Ereignisse und die Ergebnisse seiner Ermittlungen fiel.
    »Also gut«, entschloss er sich. »Ich erzähle dir die nackten Tatsachen, okay?«
    »Warum so spärlich? Es interessiert mich wahnsinnig, wie du ihn zum Reden gebracht hast«, drängte sie ihn.
    »Das glaube ich dir gerne. Aber es bereitet mir Bauchschmerzen.«
    »Deine Sensibilität finde ich putzig. Sonst bist du doch auch nicht so zimperlich.«
    »Ich sagte ja schon, dass du mit deinen Vermutungen recht behalten hast. Udo, der Inselpastor, ist schwul. Das Mädchen ist in seinen Armen gestorben. Ich vermute, sie hatte einen Asthmaanfall mit tödlichem Ende. Die beiden haben das Mädchen anschließend verschwinden lassen, weil sie befürchteten, geoutet zu werden. Sie konnten das nicht zulassen, weil sie ihre bürgerliche Existenz bedroht fühlten.«
    »Wegen des feschen Bruders des Mädchens? Was ist mit dem?«
    »Das weiß ich noch nicht genau. Er ist sehr wahrscheinlich auch schwul. Anders ergibt
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