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Pechvogel

Pechvogel

Titel: Pechvogel
Autoren: Alexander Fuchs
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überzeugt wäre, würde er kein Foto reinstellen. Da schreiben einem dann doch fast nur die Schwanzgesteuerten. Am Ende dieses Durchgangs klickte Richard mit Foto und ohne Foto an.
    Dann wurde er fast erschlagen. Von einer Zahl. 29800 Frauen aus München und Umgebung hatten sich angemeldet. Wenn er jedes Profil las, würde er, bei seiner langsamen Leseweise, in zehn Jahren immer noch hier sitzen. Mit den ersten grauen Haaren und Rückenschmerzen.
    Trotzdem machte Richard einfach mal einen Anfang. Er las sich einige Profile durch. Jedes Profil bestand aus den Grunddaten, Alter, Größe, Gewicht und, was er sehr interessant fand, dreißig vorgefertigten Fragen von liebeloveamore, die man beantworten konnte. Eine Vielzahl von Frauen hielt das nicht für nötig. Die klickte er gleich weg, auch wenn 26, 180 cm, 58 kg vielversprechend klang. Aber wenn eine Frau nicht fähig war, einfache Fragen zu beantworten, wie sollte das dann erst im Zusammenleben funktionieren, dachte Richard. Rede ich dann mit 180 cm und 58 kg und bekomme keine oder nur dumme Antworten. Da kann ich mir dann auch eine Katze anschaffen, die bringt mir mehr Konversation entgegen. Somit fielen alle diese Frauen weg.
    Die 29800 Frauen schmolzen zusammen.
    Einige Frauen suchten einen Fitness- und Sportjunkie. Das war Richard nicht. Andere einen, mit dem sie die Welt abreisen konnten. Da waren sie bei ihm an genau den Richtigen geraten. Aber erschreckender als die Vorlieben waren dann doch oft die Ausmaße der Frauen. Eine spielte mit der Realität Fiktion. Sie gab an, dass sie 160 cm groß sei und ein paar Pfunde zu viel mit sich herumtrüge. Leider hatte sie ein Foto eingestellt. Sie sah tatsächlich aus wie ein Luftballon, der gleich platzen würde. Richard war so frei und stellte sich marienkäfer78 (was für ein Pseudonym; nilpferd78 hätte besser gepasst) beim Sex vor. Grässlich. Schnell zum nächsten Profil.
    Ein weiteres Streichkriterium war, wenn eine Frau länger als vierzehn Tage nicht mehr online war. Diese Frauen hatten entweder schon jemanden gefunden oder einfach nur aus Spaß ein Profil eingestellt, oder, was bedenklich wäre, sie waren von den Männern genervt (oder schon an Arschloch geraten), die ihnen bisher geschrieben hatten und hatten das Internet als Liebeskuppler ad acta gelegt. Was zu verstehen war. Aber man sollte nie zu früh den Kopf in den Sand stecken.
    Die 29800 Frauen hatten sich nun schon mehr als halbiert.
    Für heute machte er Schluss.
     
    Richard kam schneller voran als gedacht. In einer Woche intensiver Abendbeschäftigung beliefen sich die von ihm gespeicherten Profile, die nicht durch das Raster geflogen waren, auf 156.
    Er konnte nicht 156 Frauen schreiben. Auch wenn er die Zeit gehabt hätte. So krass es auch war, er musste eine Vorauswahl treffen. Er, Richard Römer, musste Frauen schon einen Korb geben, bevor er sie überhaupt kennen gelernt hatte. Gesagt getan.
    Richard hatte sich nochmals eine Checkliste bereitgelegt, die er abhaken konnte. Wenn Frauen gewisse Dinge nicht erfüllten, löschte er sie aus seinem Profilspeicher. Für ihn war zuerst mal wichtig, wie sie die dreißig Fragen beantwortet hatten. Diejenigen, bei denen am meisten Geist und Witz zu erkennen war, kamen durch, der Rest flog. Ein weiteres Kriterium war, dass die Frau nicht unter 165 cm groß war und nicht über 70 kg wog. Das erfüllten sehr viele Frauen. Und natürlich auch sehr wichtig, dass ihn mit den Frauen einige überschneidende Hobbys und Freizeitinteressen verbanden.
    Nach einer weiteren Woche blieben 14 Profile übrig.
    Jeder dieser 14 Frauen würde er nun nach und nach schreiben.
    Er war schon sehr gespannt, welche geistreichen, intelligenten und hübschen Frauen sich hinter den Profilen verbargen.
     

Susanne
     
    Oktober, vor zwei Jahren
     
    Richards Stammrestaurant in München war das von seinem Lieblingsitaliener Gianfranco in der Schellingstraße. Ihm gefiel schon die unbändige Kreativität, die Gianfranco in der Namensfindung für sein Restaurant hatte spielen lassen. Es hieß Gianfrancos.
    Dort wollte Richard sein Datelager aufschlagen. Drei Dates hatte er ausgemacht, drei standen noch in der Warteschleife. Nun wartete er in einer warmen, schwarzen Daunenjacke vor dem Gianfrancos auf sein erstes Date.
    Bis es allerdings dazu kam, hatte es eine Zeit lang gedauert und Richard hatte einige herbe Rückschläge erleiden müssen.
    Richard überlegte sich intensive Zeilen, die auf das Profil der jeweiligen Frau ausgerichtet
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