Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pechvogel: Roman (German Edition)

Pechvogel: Roman (German Edition)

Titel: Pechvogel: Roman (German Edition)
Autoren: S. G. Browne
Vom Netzwerk:
verlassen, um den neuesten Lottogewinner zu finden. Oder einen Surfer, der einen Haiangriff überlebt hat. Oder einen Golfer mit einem Handicap von 19, der plötzlich ein Hole-in-one landet. Und statt auf der Suche nach Opfern von einem Ort zum anderen zu hetzen, haben wir heute feste Reviere, die andere Wilderer nicht betreten dürfen. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz, an das sich die meisten von uns halten. Auf der anderen Seite sind wir im Grunde nichts anderes als moderne Piraten. Und so ist die Sache mit den Revieren doch eher eine lose Regel als ein unumstößliches Gesetz.
    Wie das Sprichwort schon sagt: Gelegenheit macht Diebe.
    Mein Revier ist die San Francisco Bay Area, und leider finde ich im Netz für diesen Bereich keine Hinweise auf potenzielle Opfer. Also muss ich mich auf traditionellere Methoden verlassen.
    Heute ist der San Francisco Examiner voll von Artikeln über Lokalpolitik, staatliche Haushaltsprobleme und einen drohenden Streik im öffentlichen Nahverkehr. Das einzig Interessante ist eine Geschichte über einen Einheimischen namens James Saltzman, der beim Baseball offenbar die letzten Home Runs von Ken Griffey junior und Sammy Sosa gefangen hat. Nicht gerade eine Vesna Vulovic, aber besser als nichts.
    Außer James Saltzman gibt es nichts Nützliches, also speichere ich den Namen in meinem Kopf und werfe die Zeitung beiseite. Als ich schon überlege, ob ich mich durch die Promiblätter wühlen soll, klingelt eines meiner Handys.
    Ich habe zwei Handys: ein privates, das ich auch für das Detektivgeschäft nutze, und ein weiteres, das unter einem Decknamen läuft und der Wilderei vorbehalten ist.
    Es ist das Wilderer-Telefon, das klingelt.
    Das war nicht oft der Fall in den letzten drei Jahren. Deshalb auch die Notwendigkeit für mein Leben als Privatdetektiv. Wenn man keine Ware umschlagen kann, muss man seinen Lebensunterhalt eben anders verdienen – und das Letzte, was ich will, ist, in irgendeinem dieser Großraumbüros mit durch Pressspanplatten abgetrennten Arbeitsplätzen hinterm Schreibtisch zu hocken, während mir ein sozial gestörter Sklaventreiber aus dem mittleren Management im Nacken sitzt und mir vorschreibt, was ich zu tun habe.
    Befehle zu befolgen war noch nie mein Ding.
    »Restaurant Glücksdrache. Ja bitte?«, melde ich mich.
    Stille am anderen Ende der Leitung. Aber ich höre den Anrufer atmen, ich höre Verkehrslärm und in der Ferne eine Feuerwehrsirene. Die gleichen Geräusche wie vor meinem Bürofenster. Ohne das Atmen.
    Ich warte dreißig Sekunden, lausche dem Atmen, dann bricht die Verbindung ab.
    Also wende ich mich wieder der Suche nach einem Opfer zu, behalte das Handy aber im Blick und hoffe, dass es wieder klingelt. Vielleicht ein Kunde, der etwas Bedenkzeit braucht. Doch das Handy auf meinem Schreibtisch bleibt stumm.
    Ein paar Sekunden später klopft es an meiner Tür.
    Ich erwarte keinen Besuch. Oder Klienten. Oder die Spanische Inquisition. Aber mir bleibt keine Zeit, mir zu überlegen, ob ich den Besuch hereinbitten oder durch das Fenster auf die Feuerleiter klettern soll. Die Tür öffnet sich, und zwei gepflegt aussehende asiatische Verbrecher in teuren, perfekt aufeinander abgestimmten Anzügen kommen herein.
    Woher ich weiß, dass die beiden Verbrecher sind? Sie sehen eben so aus. Entweder sind sie Schläger, oder die beiden leiden an Verstopfung.
    Sie schließen die Tür hinter sich und nähern sich meinem Schreibtisch.
    »Nick Monday?«, fragt der Linke.
    Ich nicke. »Sieht so aus. Wer will das wissen?«
    »Tommy Wong möchte mit Ihnen sprechen.«
    Tommy Wong ist eine Lokalgröße in San Francisco. Ich habe den Kerl nie getroffen, aber er ist anscheinend der Kopf der chinesischen Mafia. Als »heimlicher Herrscher über Chinatown« hat er bei allem seine Finger im Spiel: von Bars über Dim-Sum-Restaurants bis zu Massagesalons.
    Warum ausgerechnet Tommy Wong mit mir reden möchte, ist mir allerdings schleierhaft.
    »Worum geht es denn?«, will ich wissen.
    »Um ein Geschäft«, antwortet Mafia-Schläger eins.
    Ich warte auf weitere Informationen, aber die beiden schweigen.
    »Was für eine Art von Geschäft?«
    »Eines, bei dem Ihre ganz besonderen Fähigkeiten gefragt sind«, sagt Schläger eins.
    »Jonglieren? Katzenflüstern? Oder dass ich einen Kirschstiel mit der Zunge verknoten kann?«
    Schläger zwei starrt mich weiterhin unbeeindruckt an.
    »Lassen Sie uns keine Spielchen spielen«, erwidert Schläger eins, der Gesprächigere der beiden.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher