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Paula Kussmaul laesst nicht locker

Paula Kussmaul laesst nicht locker

Titel: Paula Kussmaul laesst nicht locker
Autoren: Klaus Kordon
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internationalen Kindergarten und dann in die Deutsche Schule gegangen. Sie hatten ein Haus für sich gehabt und dazu noch eine Haushälterin namens Esmeralda, die sehr nett war und von der Enno das meiste Spanisch gelernt hatte. Und sie hatten viele Ausflüge unternommen, an den endlos langen Strand vor Lima, an ganz einsame, felsige Meeresbuchten und in die Berge. Dort hätten sie in heißen Quellen gebadet, die ganz tief aus dem Gebirge kamen.
    Aber auch die Nachbarländer hätten sie besucht: Brasilien, Chile, Bolivien, Kolumbien. Auf dem Amazonas seien sie entlanggefahren, einen hochhaushohen Wasserfall hätten sie besichtigt, Urwälder hätten sie durchquert, bei den Indios seien sie gewesen.
    Das »Steinchen« erklärte, dass »Indio« der spanische Ausdruck für Indianer sei, und die Klasse kam aus dem Staunen nicht mehr raus.
    Südamerika, so sagte Enno am Schluss, sei sehr schön, viel schöner als Deutschland. Und er wollte noch etwas hinzufügen, brachte es aber nicht heraus, weil er auf einmal weinen musste.
    Da war es sofort ganz still in der Klasse, und Hennie, die immer gleich rührselig wurde, hätte beinahe mitgeweint. Nur Dennis wollte dem immer noch beleidigten Sascha einen Gefallen tun. »Ich hab's im Fernsehen gesehen«, sagte er, »in Südamerika sind alle ganz arm. Da hungern die Leute und beklauen sich gegenseitig. Und manchmal bringen sie einander sogar um.«
    Sofort versiegten Ennos Tränen. »Natürlich gibt's da viele Arme«, widersprach er. »Aber nicht alle sind Verbrecher. Außerdem sind die Leute dort viel freundlicher als in Deutschland. Da wird viel mehr gelacht und nicht so viel geschimpft. Ich wäre gern für immer dort geblieben.«
    »Und warum bist du's nicht? Denkst wohl, wir haben hier auf dich gewartet?« Kevin rief das, Saschas zweitdickster Freund.
    »Weil ... weil ... weil ja mein Vater zurückmusste. Seine Firma braucht ihn jetzt hier.«
    »Ach, du Armer!« Endlich meldete sich Sascha selbst zu Wort. »Kannst einem richtig Leid tun. Aber lass nur, morgen gehen wir mit dir in den Zoo, da gibt's noch mehr solcher Plapperpapageien, wie du einer bist. Dann bist du wenigstens nicht mehr so allein.«
    »Er hat ja wirklich 'n Papagei!«, rief Hennie da und schaute Paula an. »Ma ...Manolio oder so heißt er und mit den Augen soll er zwinkern.«
    Paula wollte etwas sagen. Es passte ihr nicht, dass Hennie verraten hatte, was sie über Enno wusste. Doch da fing sie Ennos Blick auf. Ganz finster blickte er sie an und da zuckte sie nur noch die Achseln und schwieg.
    Das »Steinchen« aber kuckte gleich noch neugieriger. »Du besitzt einen Papagei? Hast du den mitgebracht?« Enno nickte nur düster.
    »Und wie heißt er?«
    Erst schwieg Enno, als ginge Manolitos Name hier niemanden was an. Aber dann verriet er ihn doch und Frau Stein klatschte in die Hände und rief: »Ein schöner Name! Kannst du uns deinen Manolito nicht mal vorstellen?«
    »Nein!« Dieses Nein schoss nur so aus Enno heraus, und es klang so böse, hart und feindselig, dass Frau Stein lieber nichts mehr fragte. In der Klasse aber setzte Getuschel ein. Dieser Neue sollte bloß nicht so angeben. Erst zwei Tage hier und wusste schon, dass es ihm in Bakenburg nicht gefiel. So einer hatte ihnen gerade noch gefehlt! Paula hatte es schon kommen sehen: Kaum war die letzte Stunde vorüber, liefen Sascha, Dennis und Kevin los, um Enno auf dem Schulhof abzufangen.
    Enno hatte langsam gemacht und sich erst mal einen neuen Kaugummi in den Mund gesteckt. Jetzt wollte er einfach an Sascha, Kevin und Dennis vorübergehen. Zu dritt traten sie ihm in den Weg.
    »Hast du etwa Angst vor uns?«, rief Kevin.
    »Vielleicht hat er sich vor Angst sogar schon eingeschissen«, spottete Dennis.
    »Lass die Hose runter, wir wechseln dir die Windel«, johlte Sascha.
    Die ganze Klasse stand um die vier herum und beobachtete, was weiter geschah.
    Wieder wollte Enno die drei einfach stehen lassen, wieder traten sie vor ihn hin. »Sag mal auf Spanisch: Ich bin ein ganz blöder Plapperpapagei«, verlangte Kevin.
    Enno hob den Blick, schaute Kevin, der nicht viel größer war als er, aber viel runder und kräftiger, direkt in die Augen und sagte tatsächlich etwas auf Spanisch.
    Misstrauisch zog Kevin die Augenbrauen hoch. »Was heißt'n das?«
    »Frag doch deinen Freund.« Enno wies mit dem Kopf auf Sascha. »Der kann doch so gut Spanisch.«
    Da rückte Sascha ganz dicht an ihn heran. Er war fast einen Kopf größer als Enno. »In Spanien spricht man
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