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Paula Kussmaul laesst nicht locker

Paula Kussmaul laesst nicht locker

Titel: Paula Kussmaul laesst nicht locker
Autoren: Klaus Kordon
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Eltern besaßen auf Mallorca ein Haus. In fast allen Ferien flogen Saschas Eltern mit ihm und seinem großen Bruder dorthin und danach wusste Sascha jedes Mal tolle Sachen von seinen spanischen Freunden zu berichten. Pedro, Orlando, Arturo und Jose hießen sie. Mit denen, so hatte er erzählt, müsse er natürlich Spanisch reden, die könnten ja kein Deutsch. Wenn in Peru Spanisch gesprochen wurde, musste der Neue diese Sprache auch können. Dann war Sascha nicht mehr der einzige »Spanier« in der Klasse.
    »Kannst du denn Spanisch?«, fragte da auch schon Frau Stein.
    Enno nickte nur still und gleich schlug Hennie vor: »Sag mal was zu Sascha. Der kann auch Spanisch. Mal sehen, wie sich das anhört, wenn zwei Spanisch miteinander reden.«
    »Bist du blöd geworden?« Sascha kuckte böse. »Ich bin doch nicht dein Versuchskaninchen!«
    »Aber du hast doch etwas Spanisch gelernt«, meinte auch Frau Stein. »Ist es denn so schlimm, mal eine kleine Kostprobe davon zu geben? Dass du kein Spanier bist, wissen wir. Du brauchst dich also nicht zu genieren.« Und sie nickte Enno auffordernd zu. »Fang du an. Begrüß Sascha einfach mal. Sag: Guten Tag, ich bin noch neu in Bakenburg. Lebst du hier in einer schönen Stadt?«
    Und tatsächlich, Enno schob sich seinen Kaugummi in die Backentasche und machte zum ersten Mal den Mund auf. Es klang lustig, was er sagte, aber niemand in der Klasse verstand auch nur ein einziges Wort. Außer »Bakenburg« natürlich.
    Neugierig blickten alle zu Sascha hin. Der aber verschränkte nur die Arme hinter dem Kopf. »Ich mach doch bei solchen Kindergarten-Spielchen nicht mit.«
    Konnte er vielleicht gar kein Spanisch? Auf jeden Fall war er sehr verlegen, der Mister Klassenkönig, der sonst immer in allem der Beste und Erste sein wollte, im Sportunterricht, beim Spielen auf dem Schulhof und ganz besonders auf Ausflügen.
    Paula geriet sofort ins Nachdenken. Sascha flog ja wirklich dauernd nach Spanien. Sein Vater verkaufte in der Gustavstraße superteure Autos, seine Mutter arbeitete in der Verwaltung einer großen Bank. Die Wohnung, in der sie zu viert lebten, das waren früher mal zwei Wohnungen gewesen. Als sie mal bei Sascha zu Besuch war, hatte sie gesehen, dass es darin wie in einem Schloss aussah. Und dann auch noch diese »Finca« auf Mallorca, wie Sascha ihr Haus und das Grundstück drum herum immer nannte. Eine tolle Sache! Er hatte der Klasse mal Fotos davon gezeigt: Er und sein großer Bruder vor einem strahlend weißen Haus, dahinter jede Menge Spanien. Er und sein großer Bruder auf Maultieren reitend, im Hintergrund wieder grüngelbe, karg bewachsene Hügel und noch viele andere weiße Häuser. Er und sein Bruder im Mittelmeer schwimmend, im Hintergrund ein weißes Motorboot, das auch seinen Eltern gehörte. Fotos, die alle neidisch gemacht hatten; vor allem natürlich Paula. Wer nie in die Ferien fuhr, den trafen solche Bilder ganz besonders tief.
    Wieder blickten alle zu Enno hin. »Sag noch mal was.«
    Und da plapperte der dunkelhaarige Junge plötzlich los, hielt eine richtig lange Rede, von der wiederum niemand auch nur ein einziges Wort verstand. Danach strahlte er alle an, als wäre er zum ersten Mal nicht traurig, dass er in ihre Klasse gekommen war.
    Frau Stein lachte und wollte etwas sagen, Hennie jedoch war schneller. »Hast du das jetzt verstanden?«, fragte sie und lächelte Sascha dabei so spöttisch zu, dass er ganz dunkelrot wurde und ihr wütend einen Vogel zeigte.
    »So gut, wie du Spanisch sprichst, bist du sicher in Peru aufgewachsen«, sagte Frau Stein nun zu Enno. »Erzähl uns mehr darüber. Was haben deine Eltern dort gearbeitet, wie lange habt ihr dort gelebt?«
    Enno stand auf, und es war ihm deutlich anzusehen, dass er eigentlich nicht erzählen wollte. Jetzt sollte er ja Deutsch reden und das machte ihm längst nicht so viel Spaß wie Spanisch. Die ersten Worte brachte er nur stockend, fast widerwillig heraus. Aber dann geriet er in Fahrt, sein Gesicht rötete sich und er schwärmte nur noch so von der Stadt Lima und dem Land Peru. Als er drei Jahre alt war, so erfuhren Frau Stein und die Klasse, waren seine Eltern mit ihm dort hingezogen. Sein Vater, ein Ingenieur, arbeitete bei einer deutschen Firma, die auch in Peru eine Fabrik besaß. Ennos Mutter war bei der deutschen Botschaft beschäftigt. Sechs Jahre waren sie dort geblieben. Sie hatten am Stadtrand gewohnt, in einem Viertel, in dem viele Europäer lebten, und Enno war erst in einen
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