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Paula geht

Paula geht

Titel: Paula geht
Autoren: Martina Nohl
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befreien. Auch ihr anderer Fuß steckte fest und sie zog ihn gerade noch mit einem schmatzenden Geräusch aus dem brackigen Wasser. Vielleicht sollte sie doch mehr darauf achten, wo sie hinlief.
    Sie sah sich suchend um. Rechterhand konnte sie schemenhaft einige Bäume sehen. Da war der Boden vermutlich trockener.
    Als sie völlig nass und verdreckt bei den Bäumen ankam, lehnte sie sich schwer atmend an den Stamm einer kleinen, verkrüppelten Eiche. Eine Eiche? Suchend sah sie sich um. Ja, soweit sie sich erinnerte, war das das Wäldchen, in das Sven sie geführt hatte. Wenn sie Glück hatte, konnte sie das Baumhaus finden. Sicher gab es dort eine Decke, so dass sie sich kurz aufwärmen konnte, bevor sie ihren Weg zurück suchte.
    Aber im Nebel sah alles so anders aus. Da war nichts mehr von den freundlichen Lichtreflexen auf dem Waldboden. Sie stolperte über Wurzeln, Zweige peitschten ihr ins Gesicht. Jetzt wusste sie wirklich nicht mehr, wo sie war. Ihr Orientierungssinn war ja schon bei Sonnenschein grauenhaft. Sie hatte die Landschaft hier unterschätzt, die sonst so friedlich und harmlos wirkte.
    Da knackte es vor ihr im Wald und sie registrierte einen Lichtschein, der an den Bäumen tanzte. Stocksteif blieb sie stehen. Sollte sie um Hilfe rufen, vielleicht war der Förster hier unterwegs und konnte sie ein Stück in Richtung Dorf begleiten? Der Lichtschein kam näher, sie konnte die Silhouette eines Mannes ausmachen. Konnte das wahr sein? Ihre Hand erstickte einen Aufschrei. Aber der Mann schien doch etwas gehört zu haben und der Lichtschein glitt suchend in ihre Richtung.
    „Paula, was machst du denn hier?“
    Paula nahm ihre ganze Kraft zusammen, um dem Mann vor ihr nicht um den Hals zu fallen. Ihr Herz klopfte wie verrückt, als hätte sich ein ganzer Trupp übereifriger Bergleute in ihre Brust verirrt.
    „Hi, Sven. Wieder zurück?“, versuchte sie möglichst kühl zu antworten.
    Er trat einen Schritt auf sie zu. „Ja, vor einer Stunde.“
    „Und was machst du hier“, fragte sie leise.
    „Ich habe Bene im Baumhaus gesucht“, knurrte er. „Meine Schwester ist außer sich, er ist seit einigen Stunden verschwunden.“ Paula warf einen Blick auf sein erschöpftes Gesicht und konnte ihm einfach nicht so böse sein, wie sie sein wollte. „Er macht sich Sorgen und befürchtet, dass er zu seiner Mutter nach Frankreich muss.“
    „Und, muss er?“ Paula konnte vor lauter Anspannung nur noch flüstern.
    Sven hatte sich in Bewegung gesetzt. Paula lief neben ihm her, achtete aber darauf, dass sie ihn beim Gehen nicht berührte.
    „Ich habe mit Amélies Partner geredet, das ist der Anwalt, der den Brief geschrieben hat. Er liebt sie und es war seine Idee, ob er sie vielleicht dadurch in die Normalität zurückbringen kann.“ Er schwieg und Paula hörte nur ihre leisen Schritte auf Waldboden. Die Situation kam ihr völlig irreal vor, als wäre sie in einem Film. Doch fielen sich da nicht die Paare sobald sie sich wiedersahen erst einmal um den Hals und küssten sich? Irgendetwas lief hier falsch.
    „Wir haben viele Gemeinsamkeiten entdeckt und die ganze Nacht geredet. Amélie lag währenddessen völlig weggetreten im Nebenzimmer, sie ist gerade in einem Methadonprogramm, worauf er Hoffnungen setzt.“ Svens Schritt wurde schleppender, bis er ganz stehenblieb. Er wandte sich Paula zu. „Ich konnte ihn überzeugen, dass Bene nicht der Weg sein kann, um Amélie zu heilen. Das war er damals nicht und er hat bereits genug gelitten.“
    Paula zitterten die Knie, als sie daran dachte, was Bene andernfalls zugemutet worden wäre.
    „Ich werde das alleinige Sorgerecht beantragen und er hat mir seine Unterstützung zugesagt.“
    Paula schaute ihn unsicher an. Das waren gute Nachrichten, aber er klang gar nicht erfreut, sondern einfach nur zutiefst erschöpft. Vorsichtig strich sie ihm über den nebelfeuchten Jackenärmel. Was muss er für eine harte Zeit durchlebt haben und sie war hier auch noch auf ihn sauer gewesen, dass er sie so schändlich vernachlässigt hatte.
    Sie sah die tiefen Schatten unter seinen Augen. „Ich konnte Bene noch gar nicht beruhigen. Ich dachte, ich sage es ihm persönlich, dass er keine Angst mehr zu haben braucht und jetzt ist er weg! Erst dachte ich, er wäre bei dir, aber da war auch alles dunkel.“
    „Tja, ich hatte mich ja gerade im Wald verirrt.“
    Da musste Sven doch ein wenig schief grinsen. „Wirklich? Wie kann man sich denn hier verirren?“
    „Vielleicht wenn man
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