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Paula geht

Paula geht

Titel: Paula geht
Autoren: Martina Nohl
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nicht groß. Da stand ein großer Schuppen. Vielleicht war das früher mal eine Werkstatt? Bei dem Wort Werkstatt klingelte es irgendwo in ihrem Hinterkopf. Sie konnte nicht anders und schlich näher. Es war leider schon so dämmrig, dass sie im Inneren des Schuppens nichts erkennen konnte. Aber sie sah, dass das Gebäude tatsächlich mal eine Werkstatt gewesen sein musste, vielleicht sogar eine Schreinerwerkstatt, denn es lagen viele Holzreste unter dem Dach.
    „Hallo, was suchen sie hier?“, hörte sie eine unfreundliche Stimme.
    Ertappt drehte sie sich um. Ach, Frau Hedwig, die war doch heute auch bei dem Vortrag gewesen. „Guten Abend, Frau Hedwig, ich schaue mir nur dieses Gebäude an. Ist das etwas eine alte Schreinerwerkstatt?“
    „Sie sind’s, Frau Sommer.“ Die Stimme wurde freundlicher. „Das war ein spannender Vortrag vorhin, ich habe gleich mal geschaut, was so eine Hausapotheke im Internet kostet.“
    Paula nickte ungeduldig, ein aufgeregtes Kribbeln hatte ihren ganzen Körper erfasst. „Können Sie mir sagen, ob das eine alte Schreinerwerkstatt ist und wem sie gehört?“
    „Suchen Sie noch einen Praxisraum? Ich glaube nicht, dass das hier das Richtige für sie ist“, sagte Frau Hedwig kopfschüttelnd.
    Konnte diese Frau nicht einfach mal ihre Frage beantworten? „Nein, mein Praxisraum ist bei mir zuhause. Aber das hier interessiert mich aus anderen Gründen.“
    „Also, das ist tatsächlich eine Werkstatt. Mein Großvater war Drechslermeister“, sagte sie stolz, „und meine Großmutter hat alles so gelassen, nachdem er gestorben war. Jetzt ist sie auch von uns gegangen im Februar. Wir haben noch nicht die Zeit gehabt, hier aufzuräumen.“
    „Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich mal einen Blick in die Werkstatt werfe?“
    Frau Hedwig sah auf die Uhr. „Wir essen gleich, wenn die Kinder kommen. Aber warten Sie, ich gebe Ihnen einfach den Schlüssel, dann können Sie mal reinschauen. Ich denke, das Licht müsste gehen.“
    Paula musste sich zurückhalten, dass sie nicht wie ein Gummiball auf der Stelle sprang, bis ihr Frau Hedwig den Schlüssel brachte.
    „Werfen Sie ihn dann einfach in den Briefkasten, wenn sie fertig sind, ja?“
    Paula nickte ungeduldig, und als Frau Hedwig über den Hof verschwunden war, schloss sie das antike Vorhängeschloss auf, das sich erstaunlich leicht öffnen ließ.
    Neben der Tür fand sie einen alten Lichtschalter zum Drehen. Der warme Schein der nackten Glühbirne erhellte die Werkstatt notdürftig. Paula nieste. Über allem lag eine Staubschicht, die sicher schon einige Jahre alt war. Ansonsten sah alles so aus, als wäre der Meister nur mal kurz weg. Sie sah eine ordentlich aufgeräumte Werkbank, ein Holzlager im hinteren Bereich, einige Säcke Sägespäne, und es standen sogar noch einige Schüsseln und Vasen auf der Werkbank, die er wohl nicht mehr ganz fertigstellen konnte. Es schien so, als hätte der alte Mann bis zu seinem letzten Stündlein gearbeitet. Aber warum auch nicht? Die Arbeit schien ihm Freude gemacht zu haben, jedenfalls strahlte die Werkstatt eine Art liebevolle Geborgenheit aus, so als wäre das hier ein kleiner Kosmos für sich.
    Mensch, das würde ihm gefallen, dachte sie. Das muss ich ihm zeigen. Vielleicht ist das der Kick, den er braucht, um von diesem ätzenden Chef loszukommen. Aber nein, der Herr hat ja gerade anderes zu tun, dachte sie bitter.
    Und wenn er sie sieht, diese Amélie, und immer noch was für sie empfindet? Vielleicht ist sie ja inzwischen auch ganz solide geworden?
    Paula schüttelte den Kopf und spürte schon wieder diese Schwere. Aber jetzt würde sie sich diese Entdeckung nicht von vielleicht völlig unnötigen Sorgen verderben lassen. Noch einmal schaute sie sich um und nahm die friedliche Atmosphäre der alten Werkstatt in sich auf, bevor sie sorgfältig wieder abschloss, den Schlüssel in den Briefkasten warf und langsam nach Hause ging.
     

Kapitel 29
     
    Paula wischte ungeduldig ihre verschwitzen Hände an der Jeans ab, während sie wartete. Sie schaute sich in der Straße um. Das schien das Neubaugebiet des Dorfes zu sein. Baugrund war hier vermutlich noch günstig, also standen die gepflegten Häuser nicht so dicht, wie man das normalerweise bei Neubaugebieten gewohnt war. Der Vorgarten lag voll mit Fahrzeugen aller Art, vor der Tür stapelten sich jede Menge Schuhe.
    Ein Mädchen, das vielleicht zwölf Jahre alt war, öffnete die Tür.
    Paula holte tief Luft. „Hallo, ich bin Paula, ist deine
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