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Paul Klee - Die Lebensgeschichte

Paul Klee - Die Lebensgeschichte

Titel: Paul Klee - Die Lebensgeschichte
Autoren: Christiane Weidemann
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Rotkehlchen und Meisen zwitschern und er ansonsten ungestört ist. Von wegen! Diese Mückenbiester! Durch mehrere Lagen Stoff haben sie ihm ins Bein gestochen! Paul flüchtet nach Hause in seine Gemächer: ein Schlafzimmer, das mit einem weiteren
kleinen Raum verbunden ist, in den viel Licht durch farbige Scheiben hineinströmt. Himmlisch, diese Ruhe – perfekt zum Zeichnen und Schreiben. Nur die Manöver der kleinen Katzen bringen hin und wieder eine sehr willkommene Abwechslung in Pauls Welt.
    Bella Italia
    Im Oktober 1901 reist Paul zusammen mit Hermann Haller nach Italien, um sich während der nächsten sechs Monate an historischen Bau- und Kunstwerken zu schulen. Das gehört quasi zum Programm der Akademieausbildung. Eine Bildungsreise, wie sie seinerzeit schon Johann Wolfgang von Goethe unternommen hat. Das Buch des verehrten Dichters, die »Italienische Reise«, trägt Paul stets bei sich.
    Paul ist bewusst, wie kostbar diese Zeit ist. Das südliche Land beeindruckt ihn zutiefst. Mailand, diese glänzende Großstadt mit den großartigen Palästen und schönen Gärten. Genua – unvergesslich! Florenz, Rom, Neapel – Paul wandert von einer Kirche zum nächsten Brunnen, vorbei an unzähligen anderen beeindruckenden Bauwerken.
    Ergriffen von den Meisterwerken der altchristlichen und byzantinischen Malerei, von der Architektur der Gotik und der Renaissance, fühlt sich Paul jedoch manchmal auch ganz klein. Erschöpft steht er vor Michelangelos Wandmalereien in der Sixtinischen Kapelle in Rom: Wie soll er jemals eine vergleichbare Leistung
erbringen?
    Ein Ausflug ans Mittelmeer zusammen mit Haller und den Malern Schmoll und Altherr bringt ihn auf andere Gedanken. Die Idee war ihnen abends gekommen, als sie zu tief in ihre Frascati-Gläser geschaut hatten. Als am nächsten Morgen um Punkt sechs Uhr der Wecker klingelt, ist der Jammer groß: Kopfschmerzen, Riesenwasserflaschendurst! Am liebsten würde Paul einfach liegen bleiben.
    Doch der Ausflug entschädigt für alles. Schon die Fahrt von Rom durch die Campagna macht den noch im Halbschlaf reisenden Paul glücklich, und erst der Anblick der Landschaft! Das Wetter ist perfekt: Sonne und Wind. Perfekt, um in den Felsen herumzukraxeln, am Ufer entlangzuwandern und sich in die Wellen zu stürzen, von wo aus sich ein herrlicher Blick auf die wild wuchernden Kakteen und prachtvollen Villen bietet.
    Im Hafen von Anzio mieten sie schließlich ein Boot, um an Haifischfängern und Riesendampfern vorbeizusegeln. Sogar fliegende Delfine sind zu entdecken! Mit der Dämmerung beginnt das Meer zu leuchten. Als Paul die im Wasser aufblitzenden Diamanten zu fangen versucht, entpuppen sie sich als phosphoreszierende Wassertierchen. Nie wird Paul die Aussicht vom Boot vergessen, diese Riesenarena aus lauter Wellen, und im Hintergrund Unendlichkeit. Der Anblick tröstet ihn und er nimmt sich insgeheim vor, auch in seinen Bildern einmal so magische Welten zu erschaffen.
    In Neapel fesselt Paul vor allem das weltweit erste Meeresaquarium. Unglaublich, was es für Lebewesen gibt, nie zuvor hat er so etwas gesehen. Muscheln und Seesterne, klar. Aber doch keine schlangenartigen Ungeheuer mit Riesenmaul und boshaftem Blick. Und wie sie sich bewegen! Paul muss lachen – ein ganz besonderes Exemplar sitzt auf seinem Maul und trägt den Körper als Kopf. Ein anderes Tier übt sich im gemütlichen Rückenschwimmen und schwenkt ein Fähnlein, überglücklich sieht es dabei aus. Paul bewundert die Farben und Formen und denkt: so eine Verschwendung göttlicher Fantasie, wenn kein Mensch diesen Reichtum unter Wasser jemals zu Gesicht bekommt, unbedingt muss er Lily davon erzählen.

    So schön es in Italien auch ist, manchmal fühlt sich Paul doch recht einsam und wünscht sich nichts mehr, als seine geliebte Lily wieder in die Arme schließen zu können. Zum Trost hat er sich eine Katze geliehen, die sich schnurrend um seine Beine schmiegt. Paul liebt das launische Schwanken zwischen Unabhängigkeit und Anhänglichkeit an diesen Tieren. Offiziell ist sie zum Mäusefangen da, und so muss Paul schließlich dabei zusehen, wie das kleine Geschöpf wieder abgeholt und in einen Sack gesteckt wird. Hundeelend ist ihm dabei zumute.
    Paul hält es kaum aus ohne das Kätzchen, flieht aus seinem gemieteten Zimmer und schlendert ziellos durch die Gegend. Der Zufall verschlägt ihn vor ein Geschäft, in dem echte kleine Käuze im Schaufenster ausgestellt sind – hinein und gekauft! Fortan thront ein
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