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Paul Klee - Die Lebensgeschichte

Paul Klee - Die Lebensgeschichte

Titel: Paul Klee - Die Lebensgeschichte
Autoren: Christiane Weidemann
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Opernglas dabei, um Modelle zu überlisten, die sich freiwillig nicht zur Verfügung stellen würden. Das gefällt Felix ganz ungemein, und so manches Mal begibt er sich auf die Pirsch, um seinen Vater mit kleinen Geschichten seiner Abenteuer zu beglücken.
    Anschließend werden die gesammelten Werke vom Meister sorgsam auf Karton gezogen und mit oft humorvollen Titeln versehen, wie »Mädchen, sich bückend, von einem schlangenartigen Dackel gefolgt« oder »Kleine Experimentiermaschine Miau Zwitsch« oder »Hilf! Schlange ist da! Kann nicht!« Jedes einzelne Bild seines Sohnes bewahrt Paul auf. Ganz stolz zeigt er sie allen Besuchern, erklärt sie zu wahren Inspirationsquellen und besseren Bildern als den seinen, die allzu oft »durch das Gehirn hindurchgetropft sind«.
    Puppentanz
    Hat Felix mal keine Lust zum Malen, spielt er mit den Handpuppen, die Papa ihm zum neunten Geburtstag geschenkt hat. Toll sehen die aus! Mit Köpfen aus Gips, Holz und Pappmaché – selbst Rindsknochen und Elektrokabel hat Paul verwendet. Die ersten Puppenkleider lässt Paul noch von einer Freundin anfertigen. Die
anderen näht er selbst, mit der Hand oder der heimischen, handbetriebenen Nähmaschine.
    Das Puppentheater findet auf einer improvisierten Bühne in Form eines Bilderrahmens statt. Natürlich kein gewöhnlicher Rahmen, sondern mit unzähligen bunten Stoffresten aus Lilys Nähkästchen beklebt. Sobald er zwischen dem Türrahmen hängt, geht der Vorhang auf – für Paul die herrlichsten Mußestunden, wenn er Felix beim leidenschaftlichen Theaterspielen zuschauen kann. Pfeife schmauchend amüsiert er sich köstlich über das komödiantische Talent seines Sohnes, der mit Kasperl und Freund Sepperl, dem Teufel und seiner Großmutter dramatische Abenteuer zur Aufführung bringt.

    Bild 6
    Gruppenbild mit Puppen oder: Wo ist Paul Klee?

    Der gewitzte Kasperl bleibt natürlich stets der Sieger des ganzen Schlamassels. Er schlägt den Polizisten in die Flucht, jagt den Teufel zur Hölle und hängt den Tod am Galgen auf. Wenn dann noch das gefräßige Krokodil auftritt, verkriecht sich Tigerkater Fritzi lieber unter dem Wohnzimmersofa, obwohl das Krokodil »die Guten« selbstverständlich unbeschadet wieder ausspuckt und nur »die Bösen« verspeist.
    In den nächsten Jahren kommen viele neue Puppen hinzu, und immer fantastischer werden Pauls Erfindungen. Ein »weißhaariger Eskimo«, ein »Zündholzschachtelgeist«, ein »gekrönter Dichter«, ein »buddhistischer Mönch«, ein »bärtiger Franzose« und ein »Deutschnationaler«. Nicht wenige Figuren haben dabei auffällige Ähnlichkeit mit dem einen oder anderen aus Pauls Bekanntenkreis …
    Wenn Felix krank ist, kommt Paul mit seinem Erzähltalent zum Zuge: Märchen werden auswendig vorgetragen. Außerdem erneuert der besorgte Vater Wadenwickel, tupft die Stirn ab, kocht
eine kräftigende Suppe, tupft die Stirn wieder ab. Die Temperatur wird gemessen und Pauls Sorgen steigen parallel zur Fieberkurve. Ganz so harmlos ist es eben doch nicht, Kinder großzuziehen!
    Hat Paul Felix ins Bett gebracht, genießt er die ruhigen Abendstunden, verbringt sie musikalisch oder mit einem guten Buch in der Hand. Gerade liest er die Briefe Vincent van Goghs, dieses zu Lebzeiten verkannten Genies, der einsam seinem Stern gefolgt war und tief aus seinem Inneren geschöpft hatte. Paul fühlt sich seelenverwandt – auch wenn er erschrocken ist von van Goghs innerer Zerrissenheit, die er in dessen Bildern gespiegelt sieht: »Hier leidet ein Gehirn unter dem Brand eines Gestirns. Es befreit sich im Werk kurz vor seiner Katastrophe. Schwerste Tragik spielt sich hier ab, echte Tragik, Natur-Tragik, vorbildliche Tragik. Man erlaube mir, zu erschrecken«, notiert Paul in sein Tagebuch.
    Paul selbst bevorzugt für sein Leben eine »gemäßigte Zone« mit nicht allzu leidenschaftlichen Auf und Abs, die er als höchst ungesund empfindet. Allzu lebhaft erinnert er sich noch an seine Liebschaften in den wilden Studienjahren! Paul ist froh, dass er jetzt eine Familie hat, für ihn eine solide Basis und ein emotionaler Schutzraum, um sich frei entfalten zu können.

Auf dem Weg zur Farbe
    Unter der heißen Sonne Afrikas: Paul und die Farbe sind eins.
    I 1 911 reist Paul mit Felix nach Bern, um dort wie so oft die Sommerferien im Haus seiner Eltern zu verbringen. Ein kleiner Abstecher an den Thuner See führt ihn an einem schönen Sonntagnachmittag zu seinem alten Schulfreund, dem Maler Louis Moilliet.
    Louis hat
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