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Paul Klee - Die Lebensgeschichte

Paul Klee - Die Lebensgeschichte

Titel: Paul Klee - Die Lebensgeschichte
Autoren: Christiane Weidemann
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große, stattliche Erscheinung mit
üppigem Bart, hat ihn genau beobachtet – und mal wieder durchschaut. »Nun, dann wollen wir ihn mal nicht länger auf die Folter spannen.« Er greift nach einem großen Umschlag und übergibt ihn seinem Sohn, den Mund zu einem leicht spöttischen Grinsen verzogen.
    Paul ist ganz verunsichert durch den Blick des Vaters. Und dann der Umschlag – was soll das bedeuten?! Er hatte sich doch so sehr … und nichts anderes gewünscht! Paul versucht, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Tapfer öffnet er den Umschlag, zieht eine Karte hervor, liest:
    GUTSCHEIN FÜR PÄULI
    Er klappt die Karte auf, und unzählige bunte Papiernoten rieseln wie Konfetti auf den Boden. Paul liest weiter. Schließlich strahlt er über das ganze Gesicht – Geigenunterricht! Bei Konzertmeister Jahn! Der Tag ist gerettet.
    Musiker oder Maler?
    Viele Geburtstage sind seither vergangen. Paul hatte nicht einmal drei Jahre Geigenunterricht, da wurde er bereits außerordentliches Orchestermitglied der Bernischen Musikgesellschaft. Bach und Mozart sind längst kein Problem mehr, in öffentlichen Konzerten spielt er auch Brahms. Virtuos führt Paul den Bogen und blickt melancholisch in die Ferne. »Ein Wunderkind«, hört man es im Publikum raunen. Hans Klee streckt seine Brust heraus und wird in seinem Sitz noch ein Stückchen größer, während Ida stolz ihr Kleid glatt streicht.

    Inzwischen geht Paul aufs Literaturgymnasium. Die Schulstunden bieten nach wie vor den schönsten Anlass zu allerlei zeichnerischen Abschweifungen. Davon zeugen auch seine Schulhefte: eine Seite mathematische Lösungen, zwei Seiten Zeichnungen von der Berner Umgebung und dem heiteren Lauf der Aare; eine Seite deutsche Grammatik, zwei Doppelseiten mit schrägen Porträts seiner Lehrerin; zwei Seiten griechische Vokabeln, gefolgt von zahlreichen Fantasiebildern mit Madonnen, Magdalenen und Räubern.
    Standen in seinem ersten Zeugnis noch lauter Einser – von Paul eigenhändig mit Ausrufezeichen versehen – geht es nun rapide bergab. Im Sommer 1898 haben seine Schulleistungen den absoluten Tiefpunkt erreicht. Die Klassenfahrt ist daraufhin natürlich gestrichen. Paul findet das gar nicht so schlimm. Einzelgänger, der er ist, macht Paul seine eigene kleine Reise, ohne Schulbücher, sondern mit Skizzenbuch und Lupus, Chrüttli, Nero, Robert dem Teufel und wie seine Zeichenstifte alle heißen im Gepäck.
    Beim Zeichnen kann Paul wahre Leidenschaft entwickeln, jegliches Zeitgefühl geht ihm dabei abhanden! Vor allem in der Natur. Stundenlang dreht, wendet und betrachtet er die gefundene Muschel von allen Seiten, um sie dann mit größter Sorgfalt aufs Papier zu bringen. Nicht schlecht, das Ergebnis. Das findet auch Ida, die jedes einzelne Werk ihres Sohnes aufhebt und ihn überhaupt in all seinen Interessen und Neigungen bestärkt. Vielleicht auch deshalb, weil ihr selbst eine Karriere als Sängerin versagt
geblieben ist? Schließlich hat sie sich für Familie und Kinder entschieden. Und aus denen soll einmal etwas werden.
    Die Matura schafft Paul trotz seines, nun ja, mäßigen schulischen Fleißes. Mit sagenhaften vier Punkten über dem Minimum. Paul sieht das mit Humor. Das absolute Minimum zu treffen ist ja auch ein nicht ganz ungefährliches Kunststück.
    Viel schwerer wiegt eine andere Frage: Was nun? Das Geigenspiel erfüllt ihn, er liebt die Musik, aber daraus einen Beruf machen? Ob das zum Erfolg führt? Was auf diesem Gebiet schon alles geleistet wurde! Das ist wohl kaum zu überbieten. Und so herausragend ist sein Spiel nun auch wieder nicht, findet Paul.
    Soll es also doch die bildende Kunst sein? Bilder erfinden wie Mozart Musikstücke? Auch die Aussicht auf ein Studium in der Ferne lässt Pauls Augen glänzen. Schließlich geht ihm seine schweizerische Heimatstadt, dieses verschlafene Nest, schon lange auf die Nerven. Ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München – das klingt schon sehr verlockend.

Sturm und Drang
    Hinaus in die weite Welt zum Studieren! Paul zeichnet, was das Zeug hält.
    N un also München: eine Weltstadt im Gegensatz zu Bern! In der pulsierenden Kunstmetropole blüht derzeit der Jugendstil, diese neue Kunstströmung mit ihren dekorativ geschwungenen Linien und blumigen Ornamenten. Zu den Malerfürsten gehört Franz von Stuck, der mit der Begründung der Künstlervereinigung »Münchner Secession« dem neuen Jugendstil den Weg gebahnt hatte.
    Paul wohnt vorübergehend bei
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