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Paul Klee - Die Lebensgeschichte

Paul Klee - Die Lebensgeschichte

Titel: Paul Klee - Die Lebensgeschichte
Autoren: Christiane Weidemann
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Gewissen, das ihn an das ungelöste sexuelle Mysterium erinnert.

    Bild 2
    In das satte Blau des Meeres malt Paul mit hell leuchtenden Linien sein »Abenteuerschiff«, das er wie mit einem Röntgenblick bis ins Innere durchleuchtet.

    Als er schließlich im Münchner Kindl-Keller Tini kennenlernt, wird sie prompt schwanger. Paul weiß sich nicht anders zu helfen und versucht sich freizukaufen. Ein Kind kann er nun wirklich nicht gebrauchen! Doch das Neugeborene ist schwach. Das Schicksal will es, dass der kleine Junge nicht überlebt. Paul stürzt sich daraufhin in ein neues Abenteuer mit dem Aktmodell Cenzi, das er jedoch kurze Zeit später auch schon wieder bereut.
    Im April 1900 ist es dann soweit: Paul wandert mit zwei Mappen voller Skizzen, Studien und Kompositionen und einer Empfehlung von Heinrich Knirr zu Meister Stuck und – juchhu! – wird angenommen. Zu Anfang des dritten Studienjahres wechselt er an die Akademie.
    Vorbei ist es mit der Gemütlichkeit: Nicht einen Fehler lässt der betagte Professor seinen Schülern durchgehen! Die Korrektur ist streng, aber geistreich und immer gut gemeint. Paul ist ernsthaft bei der Sache und zeichnet wie verrückt; unter seiner Staffelei sieht es aus, als wäre ein Tischler am Werk gewesen! Von Zeit zu
Zeit gönnt er sich Erholung bei Knirr, wo es ungezwungener zugeht und er ohne Tadel auch mal seine humorvollen Karikaturen zeichnen kann.
    Mit der Farbe steht Paul immer noch auf Kriegsfuß. Und so langsam ermüdet ihn das Zeichnen nach Vorbildern. Sicher, es ist eine gute Schule – aber wo bleibt da die Inspiration? Auf Empfehlung Stucks unternimmt er einen kleinen Ausflug in die Bildhauerei, aber auch das bringt ihn nicht weiter. Dabei will er doch nichts mehr, als endlich ein richtiger Künstler werden!
    Lily und wieder Lily
    Neben Malversuchen und der ganzen Zeichnerei hat Paul auch die Musik nicht vergessen, seine »verhexte Geliebte«. Manchmal fragt er sich, ob sie nicht doch seine wahre Berufung sei? Unschätzbare Stunden der Erholung und Inspiration bieten die abendlichen Kammerkonzerte zu Hause bei Eleonore Fischer. Sie beginnen in der Regel um sechs Uhr, nach zwei Stunden gibt es ein gemeinsames Abendessen, und ab neun geht es weiter mit Musik, oft bis spät in die Nacht hinein.
    Seit neuestem haben die Musikabende einen ganz besonderen Reiz: das Zusammentreffen mit der drei Jahre älteren Pianistin Lily Stumpf, eigentlich Caroline Sophie Elisabeth – eine großartige Partnerin, das gemeinsame Bach- und Mozartspielen gelingt meisterhaft! Und überhaupt fühlt sich Paul mit der temperamentvollen Lily an seiner Seite höchst behaglich.
    Lily hat am Stern’schen Konservatorium in Berlin studiert. Ihr Vater, Medizinalrat Dr. Ludwig Stumpf, lädt ebenfalls gelegentlich zu privater Hausmusik ein. Erst gestern haben sie gemeinsam musiziert, ein B-Dur-Trio von Mozart, ein c-Moll-Trio von Beethoven und ein Brahms-Quartett. Hervorragend! Hinterher
schenkte Lilys Stiefmutter Bowle aus und die Kinder bekamen Konfekt, da gab’s dann kein Halten mehr.
    Am liebsten sind Paul jedoch die Abende, an denen Lily und er zu zweit musizieren. Etwa die »Frühlingssonate« von Beethoven, eines der wunderbarsten Werke der gesamten Violinliteratur! Die beiden sind sich in ihrer Begeisterung für die Musik ganz einig – und nicht nur darin …
    Lilys Vater darf von Pauls Gefühlen für seine Tochter allerdings nichts wissen. Medizinalrat Stumpf hat ganz andere Pläne für Lily: Nicht einen Künstler und Hungerleider sieht er an ihrer Seite, sondern einen Arzt oder Offizier, der ihr eine mindestens genauso schicke Sommerwohnung am Tegernsee bieten kann wie er sie selbst besitzt.
    Paul wird jedes Mal ganz verrückt, wenn sich seiner Lily ein betuchter Verehrer nähert. Im Moment ist die Sehnsucht besonders groß, da er bei seinen Eltern in Bern weilt und Lily unendlich weit weg ist. Letzte Nacht hat er von ihr geträumt. Die Verzückung stand ihm wohl am nächsten Morgen noch ins Gesicht geschrieben, anders jedenfalls kann Paul sich die scheinheilige Frage seiner Mutter, ob er der Lily einen Abschiedskuss gegeben habe, nicht erklären. »Das isch mei Sach.« Mehr gedenkt er dazu nicht zu sagen.
    Viel lieber genießt er das glückliche Gefühl der Unzertrennlichkeit allein und schreibt Lily lange Briefe.
    »Lily, lass dich fotografieren!
    Lily, ich habe heute Bach gespielt.
    Lily, sei standhaft, duldsam und … «
    Gerade sitzt er in vollkommener Abgeschiedenheit im Wald, wo nur
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