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Paul Klee - Die Lebensgeschichte

Paul Klee - Die Lebensgeschichte

Titel: Paul Klee - Die Lebensgeschichte
Autoren: Christiane Weidemann
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langen Wanderungen erkundet. Dessau selbst ist eine Industriestadt, doch die Umgebung hat einige Naturschönheiten zu bieten. Vor allem in den Landschaftspark Wörlitz hat er sich sofort verliebt.
    Paul ist glücklich über die neue alte Gemeinschaft, die nun wie auf einer Insel beisammen lebt und sich gegenseitig zu großen Werken der Kunst und Architektur anspornt. Besonders freut ihn die Nachbarschaft zu Kandinsky, der gemeinsam mit ihm von Weimar nach Dessau gezogen ist. Wie lange hatte er seit dem Ausbruch des Krieges nach ihm geforscht! Und wie froh war er, als Kandinsky plötzlich mit seiner neuen Frau Nina aus Moskau und nichts weiter als einem Koffer in der Hand in Weimar auftauchte. Immer enger und intensiver wird der Kontakt. Man feiert Weihnachten und Silvester zusammen und grüßt tagtäglich freundlich über den Gartenzaun, ohne sich je zu stören.
    So wohl sich Paul in der Gesellschaft der Bauhäusler auch fühlt, das Fernweh hat ihn nach seiner Tunesienreise nicht wieder losgelassen. Alljährlich zieht es ihn nach Frankreich und Italien, meistens mit Lily, manchmal auch mit Felix – Urlaube mit viel Sonne am Meer, die ihn regelrecht aufblühen und den Alltag vergessen lassen.
    Fast fünfzehn Jahre nach Tunesien verwirklicht Paul dann endlich
einen langgehegten Traum: Er reist erneut in den Orient. Diesmal heißt das Ziel Ägypten, wo er sich neue Impulse für seine Arbeit erhofft. Paul schlendert durch das Labyrinth der Straßen von Kairo, bewundert die Sphinx und die Pyramiden von Gizeh, besucht die Basare und Tempelanlagen von Luxor und Assuan: »Was ist diese ganze Zivilisation, ob gut oder schlecht, gegen dies Wasser, diesen Himmel, dieses Licht!«
    Wieder zu Hause denkt Paul an die grenzenlose Weite der Wüste, die beeindruckenden steinernen Monumente und die geometrischen Formen der Architektur. In seinem Kopf beginnt es zu arbeiten: Blau für das Wasser des Nils, Erdfarben für seinen Schlamm, Gelb- und Orangetöne für die ägyptische Sonne … Eilig durchquert er sein Atelier und sucht die richtigen Tuben zusammen. Leuchtende Farben hat er vor Augen, ja, bunte Streifen wie die Felderparzellen am Nil sind sein neues Thema!
    Während Paul ein farbiges Rechteck über das andere schichtet, machen sich seine Gedanken selbstständig. Viel zu wenig Zeit bleibt ihm im Moment für seine eigenen Bilder, so scheint es ihm jedenfalls bei der ganzen Unterrichtsvorbereitung. Und überhaupt ist die Situation am Weimarer Bauhaus gerade alles andere als erfreulich. »Man weiß nicht mehr, wozu man unterrichten soll, und auch das Malen will nicht mehr recht gehen«, gesteht Paul einem Freund.
    Walter Gropius hat ganz überraschend gekündigt, um seine Energie in sein eigenes Architekturbüro zu stecken. Paul kann ihn gut verstehen, er hat schließlich selbst genug von dem ständigen Kampf um das Weiterbestehen der Schule. Auch in Dessau gewinnen die Nazis immer mehr an Einfluss.
    Von den Ideen des neuen Direktors Hannes Meyer ist Paul wenig begeistert. Wie auch, wenn der nur von »Funktionalität« und »Rationalisierung« redet und die Kunst allen Ernstes als entbehrlichen Luxus bezeichnet! Nutzlos fühlt sich Paul bei diesen Worten und sieht seine Aufgabe am Bauhaus grundsätzlich in Frage gestellt. Wo bitte bleibt da der Glaube an die großen Visionen?

    Bild 20
    Erinnerung an ferne Reisen: Unter der Farbe des Hauptwegs und der vielen verschlungenen Nebenwege scheinen Zeichen und Symbole hindurch, wie sie Paul in Ägypten gesehen hatte.

    Paul konzentriert sich wieder auf seine Leinwand. Das Bild ist fertig. Ein Hauptweg und viele verschlungene Nebenwege. Er ist gespannt, wie das Leben weitergeht.
    Nächste Station: Düsseldorf
    Wenn Paul auch mit seiner eigenen Situation hadert –, die Entwicklung seines Sohnes beobachtet er mit Stolz und Freude. Nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung am Bauhaus hat Felix ein privates Musikstudium begonnen. Zwar ist auch sein malerisches Talent nach wie vor beachtlich, doch soll er wirklich als Sohn eines großen Künstlers mit eigenen Bildern an die Öffentlichkeit treten? Klar wird man da Vergleiche ziehen. Und bestimmt nicht immer zu seinem Vorteil.
    Felix will nun also Opernregisseur werden – und mehr als nur Pauls Puppen tanzen lassen. Sein Vater ist einverstanden: »Gehscht du zum Theater!«
    Auch Paul schlägt neue Wege ein. Man ernennt ihn, der inzwischen nicht nur in Fachkreisen ein bekannter Künstler ist, zum Professor an der Staatlichen
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